equal pay: Gleiches Arbeitsentgelt in der Leiharbeit – und die Pseudo-Tarifverträge

Der Arbeitnehmer hat nach § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit der Überlassung Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt.

equal pay: Gleiches Arbeitsentgelt in der Leiharbeit – und die Pseudo-Tarifverträge

Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien durch die abgeschlossenen Tarifverträge nicht getroffen. § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge1. Die vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) mit der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge sind nicht wirksam in Bezug genommen worden, denn es fehlt bereits die für eine Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag unverzichtbare Kollisionsregel. Die AGB-Klausel ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam2.

Ein etwaiges Vertrauen der Arbeitgeberin in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

Der aus Art.20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen3.

Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen4.

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Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP wurde bereits nach deren erstem Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert5. Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat6.

Der Arbeitnehmer war auch nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen einzuhalten. Solche sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden. Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen. Das ist hier der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Arbeitgeberin als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme – das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG – erreichen7.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Mai 2014 – 5 AZR 422/12

  1. vgl. BAG 13.03.2013 – 5 AZR 954/11, Rn. 12 ff.[]
  2. vgl. BAG 13.03.2013 – 5 AZR 954/11, Rn. 26 ff.[]
  3. BVerfG 15.01.2009 – 2 BvR 2044/07, Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19.06.2012 – 9 AZR 652/10, Rn. 27 mwN, BAGE 142, 64[]
  4. Koch SR 2012, 159, 161 mwN[]
  5. vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375[]
  6. BAG 13.03.2013 – 5 AZR 954/11, Rn. 25[]
  7. vgl. BAG 13.03.2013 – 5 AZR 954/11, Rn. 35[]
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