Fremdvergabe der Klinikpforte – und die Mitbestimmung des Betriebsrats

Die im Bereich der Pforte eines Krankenhauses anfallenden Aufgaben sind hinreichend abgrenzbar und können im Rahmen eines Dienstvertrages auf ein Drittunternehmen übertragen werden. Auch wenn eine Verzahnung der Tätigkeit in der Pforte mit anderen Tätigkeitsbereichen in der Klinik vorhanden ist und vorhanden sein muss, folgt daraus nicht, dass die Arbeitgeberin bezüglich der in der Pforte eingesetzten Mitarbeiter das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidungen über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft.

Fremdvergabe der Klinikpforte – und die Mitbestimmung des Betriebsrats

Nach den Grundsätzen, die das Bundesarbeitsgericht für den Einsatz von Fremdarbeitnehmern aufgestellt hat, kommt es für die Mitbestimmung bei Einstellungen nach § 99 Abs. 1 BetrVG auf die Eingliederung der Beschäftigten in den Betrieb und nicht auf die Natur des Rechtsverhältnisses an, in dem die Personen zum Betriebsinhaber stehen. Dabei setzt eine Einstellung nicht notwendig die Begründung eines Arbeitsverhältnisses voraus. Das Rechtsverhältnis zum Betriebsinhaber kann auch ein Dienst- oder Werkvertrag sein oder wie bei einem Leiharbeitnehmer ganz fehlen1.

Eingegliedert in diesem Sinne ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert2. Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft. Dabei kann es ausreichend sein, dass der Betriebsinhaber zumindest teilweise die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals trifft. Entscheidend ist, ob ihm Weisungsbefugnisse zustehen und deshalb eine betriebsverfassungsrechtlich relevante, zumindest partielle Arbeitgeberstellung zukommt1.

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Nicht ausreichend ist, dass bei einem Einsatz von Fremdarbeitnehmern aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages die zu erbringende Dienst- oder Werkleistung hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant ist. Denn der Auftraggeber kann, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführungen des Werkes erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge3. Vielmehr müssen die Fremdarbeitnehmer so in den Betrieb eingegliedert sein, dass der Betriebsinhaber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals trifft4.

Die in der Pforte eingesetzten Mitarbeiter der O. GmbH sind nicht so in den Klinikbetrieb der Arbeitgeberin eingegliedert, dass die Arbeitgeberin typische Entscheidungen über deren Arbeitseinsatz trifft. Die m Bereich der Pforte bei der Arbeitgeberin anfallenden Aufgaben sind hinreichend abgrenzbar und können im Rahmen eines Dienstvertrages auf ein Drittunternehmen übertragen werden. In der dem Vertrag mit der O. GmbH beigefügten Leistungsbeschreibung ist im vorliegenden Fall im Einzelnen ausgeführt, welche Aufgaben die Mitarbeiter der Pforte auszuführen haben. Anhand der dort beschriebenen Leistungen ist durchaus feststellbar, dass eine Verzahnung der die Tätigkeit der Pforte mit anderen Tätigkeitsbereichen in der Klinik vorhanden ist und vorhanden sein muss, um einen ordnungsgemäßen Klinikbetrieb gewährleisten zu können. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Arbeitgeberin auch betriebsverfassungsrechtlich relevante Entscheidungen über den Arbeitseinsatz trifft.

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Unschädlich ist, wenn den betroffenen Mitarbeitern zur Erfüllung ihrer Arbeit regelmäßig ablauf- und personenbezogene Weisungen von Mitarbeitern der Klinik wie Ärzten, Pflegepersonal oder Verantwortlichen des Servicebereiches und leitenden Verwaltungsmitarbeitern erteilt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Weisungen über das hinausgehen, was der Werkbesteller dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen für die Ausführungen der geschuldeten Leistung erteilen darf. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Direktionsrecht gemäß § 106 GewO bei der Arbeitgeberin liegt. Nach der getroffenen Vertragsgestaltung wird dieses vielmehr allein von der Teamleiterin M. ausgeübt, die ihrerseits ebenfalls bei der O. GmbH beschäftigt ist.

Überschneidungen mit Aufgaben der Mitarbeiter in der Poststelle oder der Patientenverwaltung liegen ebenfalls nicht vor. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Arbeitgeberin ist die Pforte lediglich dafür zuständig, die dort aufgelaufene Post an die Postzentrale weiterzuleiten. Es handelt sich mithin um eine Tätigkeit, die mit dem Transportdienst einer Klinik vergleichbar ist. Auch die Bearbeitung der Ausgangspost, insbesondere das Frankieren der Post, ist in diesem Sinne eindeutig abgrenzbar und spricht nicht für eine Eingliederung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn.

Entsprechendes gilt für die von den Mitarbeitern der Pforte wahrzunehmende Patientenaufnahme. Hier liegt eine Zuständigkeit der Mitarbeiter der Pforte nur außerhalb der Dienstzeit in der zentralen Patientenaufnahme vor, so dass Überschneidungen nicht vorliegen. Insbesondere ist eine Disposition des Einsatzes der Arbeitskräfte durch die Arbeitgeberin nicht erforderlich.

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In der Natur der Sache liegt, dass sich die Tätigkeit in der Pforte als solche durch die Ausgliederung nicht verändert hat. Darauf kommt es aber nach den dargestellten Grundsätzen nicht an, da eine Eingliederung noch nicht vorliegt, wenn die zu erbringende Leistung hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant ist5.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, auch soweit sie vorstehend nicht ausdrücklich erwähnt wurden, musste deshalb festgestellt werden, dass die Arbeitgeberin bezüglich der in der Pforte eingesetzten Mitarbeiter nicht das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft. Vielmehr obliegen die Gestaltung des Dienstplans, die Urlaubsplanung, die Ausübung des Weisungsrechts nach § 106 GewO und alle anderen Maßnahmen, für die ein Mitbestimmungsrecht eines Betriebsrats bestehen kann, ausschließlich der O. GmbH.

Der Betriebsrat hat deshalb keinen Anspruch auf Aufhebung der im Streit stehenden Personalmaßnahmen gemäß § 101 Satz 1 BetrVG. Die Arbeitgeberin musste den Betriebsrat auch nicht vor einem Einsatz von Mitarbeitern der O. GmbH in der Pforte unterrichten und ihn gemäß § 99 BetrVG beteiligen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nicht.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 28. August 2014 – 7 TaBV 83/13

  1. BAG vom 13.05.2014, 1 ABR 50/12, Rn. 18[][]
  2. BAG vom 23.06.2010, 7 ABR 1/09, Rn. 13[]
  3. BAG vom 18.01.2012, 7 AZR 723/10, Rn. 27 AP Nr. 10 zu § 9 AÜG[]
  4. BAG vom 13.05.2014, 1 ABR 50/12, Rn. 21[]
  5. BAG vom 13.05.2014, 1 ABR 50/12 Rn. 21[]
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