Fristenkontrolle – und die Kanzleiorganisation

Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe müssen für eine zuverlässige Fristenkontrolle sorgen und, soweit sie die Fristenkontrolle dem Büropersonal überlassen, die Organisation des Bürobetriebs so gestalten, dass Fristversäumnisse vermieden werden1.

Fristenkontrolle – und die Kanzleiorganisation

Wird Wiedereinsetzung wegen eines entschuldbaren Büroversehens begehrt, muss substantiiert und schlüssig vorgetragen werden, dass kein Organisationsfehler vorliegt, d.h. dass der Prozessbevollmächtigte alle Vorkehrungen getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind2.

Zur Überwachung der Fristen bedarf es der Einrichtung eines Fristenkontrollbuchs oder einer gleichwertigen Einrichtung. Zudem ist im Rahmen einer abendlichen Erledigungskontrolle sicherzustellen, dass die Fristsachen ordnungsgemäß erledigt worden sind3. Bei einer elektronischen Fristenkontrolle gelten keine geringeren Anforderungen4.

Danach hat in dem hier vom Bundesfinanzhof die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Frist zur Begründung der Revision nicht ohne Verschulden versäumt. Sie hat nicht dargelegt, dass die Organisation des Bürobetriebs dergestalt beschaffen war, Fristversäumnisse grundsätzlich auszuschließen. Es kann dahinstehen, ob das von der Prozessbevollmächtigten geführte elektronische Fristenkontrollbuch überhaupt geeignet war, die Einhaltung und Überwachung der Fristen sicherzustellen. Jedenfalls fehlte es an der Durchführung einer erforderlichen abendlichen Kontrolle der in dem elektronischen Fristenkontrollbuch erfassten Fristen. Dass die Büroorganisation ersichtlich nicht ausreichend beschaffen war, wird nicht zuletzt durch das Vorbringen der Prozessbevollmächtigten belegt, dass die Fristversäumnis nicht von ihr entdeckt, sie vielmehr erst aufgrund der telefonischen Nachfrage der Klägerin auf die Versäumung der Klagefrist aufmerksam geworden sei. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist der Klägerin zuzurechnen.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Juni 2015 – IV R 18/13

  1. u.a. BFH, Beschlüsse vom 27.07.2011 – IV B 131/10, BFH/NV 2011, 1909, und in BFH/NV 2013, 1117, m.w.N.[]
  2. u.a. BFH, Beschluss in BFH/NV 2013, 1117[]
  3. BGH, Beschlüsse vom 12.10.1998 – II ZB 11/98, HFR 1999, 670; und vom 06.11.2001 – XI ZB 11/01, BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 17[]
  4. vgl. BFH, Beschluss in BFH/NV 2013, 1117[]