Eine Überraschungsentscheidung (Verstoß gegen die Hinweispflicht aus § 76 Abs. 2 FGO) setzt voraus, dass das Gericht dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste.
Auf rechtliche Umstände, die ein Beteiligter selbst hätte sehen können und müssen, muss er nicht hingewiesen werden1.
Dasselbe gilt hinsichtlich bloßer Hilfserwägungen, mit denen das Finanzgericht -wie hier- das Ergebnis seiner erkennbar bereits auf anderer Grundlage abschließend gebildeten tatrichterlichen Überzeugung in den Entscheidungsgründen zu untermauern sucht. Denn auch dadurch wird dem Rechtsstreit keine unerwartete Wendung im vorgenannten Sinne gegeben, sondern die bisherige Sach- bzw. Rechtsaufassung des Tatsachengerichts lediglich zusätzlich bestätigt.
Der fachkundig durch einen prozessbevollmächtigten Steuerberater vertretene Kläger musste im vorliegenden Fall aber bei besonnener Betrachtung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Situation spätestens aufgrund des Gerichtsbescheids mit einem solchen Urteil als einem von mehreren denkbaren Verfahrensausgängen rechnen.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20. Juni 2016 – X B 167/15
- vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 10.03.2016 – X B 198/15, BFH/NV 2016, 1042, unter II. 2.; Gräber/Ratschow, a.a.O., § 119 Rz 16; jeweils m.w.N.[↩]