Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Steuerberatern

Die im Einspruchsverfahren nach § 40 StBGebV entstandene Geschäftsgebühr ist nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechen (§ 45 StBGebV i.V.m. der Vorbemerkung 3 Absatz 4 zur Nr. 3200 VV RVG). Auch wenn Steuerberater im Vorverfahren nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, sondern nach der Steuerberatergebührenverordnung abrechnen, führt dies nicht dazu, dass eine Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr nach § 40 StBGebV auf die Verfahrensgebühr entfällt.

Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Steuerberatern

Denn nach § 45 StBGebV sind auf die Vergütung des Steuerberaters im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Vorschriften des RVG sinngemäß anzuwenden. Die Geschäftsgebühr eines Rechtsanwalts entspricht der eines Steuerberaters. Rechtsanwälte und Steuerberater sind daher hinsichtlich der Gebühren im finanzgerichtlichen Verfahren gleichzubehandeln.

Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zur Nr. 3200 des VV RVG wird eine Geschäftsgebühr, die wegen desselben Verfahrensgegenstandes nach den Nummern 2300 bis 2303 VV RVG entstanden ist, zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Dem Erinnerungsführer ist zwar insoweit zuzustimmen, dass sein Prozessvertreter als Steuerberater nicht nach den Nummern 2300 bis 2303 VV RVG abrechnet. Die Gebühren der Steuerberater richten sich für das Vorverfahren nach § 40 StBGebV. Dies führt aber nicht dazu, dass eine Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr nach § 40 StBGebV auf die Verfahrensgebühr entfällt. Denn nach § 45 StBGebV sind auf die Vergütung des Steuerberaters im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Vorschriften des RVG sinngemäß anzuwenden. Sinngemäße Anwendung bedeutet, dass vergleichbare Gebühren vergleichbar zu behandeln sind. Die Geschäftsgebühr eines Rechtsanwalts nach der Nummer 2300 entspricht der Geschäftsgebühr eines Steuerberaters nach § 40 StBGebV1. Aus der sinngemäßen Anwendung der Vorschriften des RVG und des VV, die in § 45 StBGebV angeordnet ist, ergibt sich, dass Rechtsanwälte und Steuerberater hinsichtlich der im finanzgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigenden Gebühren gleichbehandelt werden sollen. Ebenso wie der Rechtsanwalt eine verminderte Verfahrensgebühr erhalten soll, wenn er bereits außergerichtlich mit der Sache befasst war, erhält auch der mit der Sache vorbefasste Steuerberater im finanzgerichtlichen Verfahren eine verminderte Verfahrensgebühr. Die Minderung beträgt für beide Berufsgruppen 0,5, maximal 0,75 der Geschäftsgebühr.

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Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschriften. Zweck der Anrechnungsvorschriften ist es, zu verhindern, dass die gleiche oder annähernd gleiche Tätigkeit zweimal honoriert wird, wenn die Angelegenheit zunächst als außergerichtliche und später als gerichtliche betrieben wird, während sie nur einmal honoriert worden wäre, wenn die Angelegenheit sofort vor das Gericht gebracht worden wäre2. Die Anrechnung mindert deshalb auch nicht die bereits entstandene außergerichtliche Geschäftsgebühr, sondern die im späteren gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr.

Die Minderung der Verfahrensgebühr betrifft in gleicher Höhe sowohl die Berufsgruppe der Steuerberater als auch die Berufsgruppe der Rechtsanwälte. Dies gilt – entgegen der Darstellung des Erinnerungsführers – ungeachtet der zeitlichen Reihenfolge, in der die Geschäfts- und Verfahrensgebühr entsteht. Die Geschäftsgebühr wird auch bei Rechtsanwälten auf die Verfahrensgebühr angerechnet, wenn die Geschäftsgebühr zeitlich nach der Entstehung der Verfahrensgebühr angefallen ist. Vorbemerkung 3 Abs. 4 zur Nr. 3200 des VV RVG stellt ihrem eindeutigen Wortlaut alleine darauf ab, dass eine Geschäftsgebühr entsteht und bringt damit zum Ausdruck, dass auch eine nachträglich angefallene Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 anzurechnen ist3.

Ebenso vermindern sich die außergerichtlichen Geschäftsgebühren des Rechtsanwaltes im Falle einer Vorbefassung (siehe VV Nr. 2301 RVG).

Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 11. Mai 2012 – 11 Ko 3244/11 KF

  1. vgl. FG Düsseldorf, Beschluss vom 21.11.2011 – 11 Ko 3342/11 KF, n.v.; FG Köln, Beschlüsse vom 26.02.2007 – 10 Ko 1308/06, EFG 2007, 953; und vom 06.05.2010 – 10 Ko 3486/09, EFG 2010, 1641[]
  2. vgl. Mülller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage, Vorb. 3 Rdnr. 179[]
  3. vgl. Mülller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage, Vorb. 3 Rdnr.195, BT-Drucksache 16/3038, S. 56, zu Buchstabe b).[]
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