Schuldzinsen als Sonderbetriebsausgaben bei der doppelstöckigen Personengesellschaft

Das Feststellungsverfahren bei doppelstöckigen Personengesellschaften ist zweistufig, es sind zwei einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungen durchzuführen. Über Sonderbetriebsvermögen ist im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung bei der Gesellschaft zu entscheiden, bei der dieses Sonderbetriebsvermögen zu führen ist1.

Schuldzinsen als Sonderbetriebsausgaben bei der doppelstöckigen Personengesellschaft

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in der seit dem Steueränderungsgesetz 1992 geltenden Fassung ist der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind (sog. Kette von Mitunternehmerschaften2).

Der Gesetzgeber ist mit dieser Gesetzesänderung einer Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs3 entgegengetreten, wonach bei Beteiligung einer Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer Personengesellschaft (Untergesellschaft) nur die Obergesellschaft, nicht aber die Gesellschafter der Obergesellschaft Mitunternehmer bei der Untergesellschaft sind. Die hierdurch begründete sog. Abschirmwirkung der Obergesellschaft hatte zur Folge, dass die Mitunternehmer der Obergesellschaft für Leistungen an die Untergesellschaft keine Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft / Hingabe von Darlehen / Überlassung von Wirtschaftsgütern) bezogen haben und die der Untergesellschaft überlassenen Wirtschaftsgüter kein Sonderbetriebsvermögen waren4.

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Bei einer geschlossenen Mitunternehmerkette ist der Gesellschafter der Obergesellschaft nicht nur Mitunternehmer bei der Obergesellschaft, sondern auch sog. Mitunternehmer der Untergesellschaft. Diese Gleichstellung gilt nach zutreffender herrschender Meinung, der der Senat folgt, lediglich hinsichtlich der Sondervergütungen und des Sonderbetriebsvermögen, obwohl dies dem Wortlaut des Gesetzes nicht direkt zu entnehmen ist5. Der Obergesellschafter ist demzufolge „nur“ Sonder-Mitunternehmer (Mitunternehmer für den Sonderbetriebsvermögensvergleich) und nicht „normaler“ Mitunternehmer6.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Darlehen und die dazugehörigen Refinanzierungsaufwendungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG dem Sonderbetriebsvermögen des Obergesellschafters als Sonder-Mitunternehmerin zuzuordnen.

Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG. Danach steht der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist.

Das Gesetz bezeichnet den mittelbar Beteiligten ausdrücklich als Mitunternehmer des Betriebes der Untergesellschaft. Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bezieht sich auch mangels begrenzter Formulierung in vollem Umfang auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Demzufolge gelten nach zutreffender Auffassung, der der erkennende Senat folgt, für das Sonderbetriebsvermögen des Sonder-Mitunternehmers bei der Untergesellschaft die gleichen Kriterien, wie bei einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter7.

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Bei einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter wird nach ständiger Rechtsprechung unterschieden zwischen Sonderbetriebsvermögen I und Sonderbetriebsvermögen II. Zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen I gehören alle WG oder Anteile an WG eines Mitunternehmers, die dem Betrieb der Gesellschaft unmittelbar dienen. WG sind Bestandteil des notwendigen Sonderbetriebsvermögens II, wenn sie unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft eingesetzt werden. Aus dieser Unterscheidung ergeben sich indes keine rechtlich relevanten Unterschiede8. Dem gewillkürten Betriebsvermögen können WG zugeordnet werden, die weder notwendiges Privatvermögen oder Betriebsvermögen sind, aber objektiv und subjektiv dazu bestimmt sind, den Betrieb der Gesellschaft oder die Beteiligung des Mitunternehmers zu fördern.

Im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Sonderbetriebsvermögen I und II beim unmittelbar beteiligten Gesellschafter muss eine Gleichstellung des Sonder-Mitunternehmers auch beide Arten des Sonderbetriebsvermögens umfassen9. Die Rechtfertigung des Sonderbetriebsvermögens II liegt in der Sondermitunternehmerstellung des Obergesellschafters bei der Untergesellschaft gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, die den Obergesellschafter als Mitunternehmer der Untergesellschaft und damit als Beteiligten qualifiziert10. Als Sondermitunternehmer können ihm zuzurechnende Wirtschaftsgüter seiner Beteiligung an der Untergesellschaft dienen und Sonderbetriebsvermögen dieser Gesellschaft sein11.

Dieser Auslegung des Gesetzes nach dem Wortlaut stehen die Entstehungsgeschichte der Norm und die Gesetzesmaterialien nicht entgegen. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass diese Vorschrift nur Tätigkeitsvergütungen und Sonderbetriebsvermögen I erfasst.

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Zwar sah der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 25. Februar 199112 „Missbrauchspotential“ im Hinblick auf Tätigkeits- und Nutzungsvergütungen sowie Sonderbetriebsvermögen aus der Überlassung von WG. Gegen eine hiermit begründete einschränkende Auslegung spricht indes, dass der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien „den steuerlichen Durchgriff auch bei der mehrstöckigen Personengesellschaft“ zulassen wollte. Er ging davon aus, dass der nur mittelbar beteiligte Gesellschafter und Mitunternehmer wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter und Mitunternehmer behandelt wird. Der Gesetzgeber hat damit einen Regelungsumfang gewählt, der auch sein gesetzgeberisches Ziel erfüllt, der aber nicht zwingend darauf begrenzt ist. Wenn aber bewusst eine Gesetzestechnik gewählt wird, die weitreichender ist, als erforderlich wäre, um einen bestimmten Zweck zu erreichen, ist es nicht sachgerecht, die Regelung einschränkend auszulegen13.

Gegen eine einschränkende Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG spricht zudem die Systematik der Besteuerung von Personengesellschaften bzw. Mitunternehmerschaften. Die ertragsteuerliche Behandlung von Personengesellschaften folgt im Grundsatz dem Transparenzprinzip14. Die Personengesellschaft ist weder nach dem Wortlaut noch nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes Subjekt der Einkommensteuer. Dies sind vielmehr die hinter der Personengesellschaft stehenden einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtigen Personen. Danach ist der Mitunternehmer weitgehend wie ein Einzelunternehmer zu behandeln15. Bei mehrstöckigen Strukturen sind folglich Verbindlichkeiten nach Maßgabe des Verursachungsprinzips der jeweiligen Ebene zuzurechnen (sog. Durchstockung von Verbindlichkeiten). Eine Gleichstellung zwischen Mitunternehmer und Einzelunternehmer wird bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft in Fällen der hier vorliegenden Art aber nur dann erreicht, wenn der Gesellschafter der Obergesellschaft das Fremdkapital, das z. B. der Stärkung seines Mitunternehmeranteils an der Untergesellschaft dient, ebenfalls als Sonderbetriebsvermögen II bei der Untergesellschaft ansetzen kann16.

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Das Urteil des Bundesfinanzhofs zum Wegfall des gewerbesteuerlichen Verlustvortrages nach § 10a GewStG17 steht der dargelegten rechtlichen Beurteilung nicht entgegen.

Die Personengesellschaft ist nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Schuldner der Gewerbesteuer. Diese Vorschrift hat nach der Rechtsprechung des BFH die Funktion, dem Steuergläubiger den Vollstreckungsdurchgriff auf das gesamthänderische Vermögen der Personengesellschaft zu ermöglichen. Die Gewerbesteuerschuldnerschaft der Personengesellschaft spricht damit nicht dafür, dass diese Trägerin des Gewerbebetriebs ist. Dies sind vielmehr die Gesellschafter der Personengesellschaft18. Unternehmer im gewerbesteuerlichen Sinne ist daher ausschließlich der unmittelbare Gesellschafter. Mithin ist nur dieser Träger des gewerbesteuerlichen Verlustabzuges. Dies begründet eine eigene gewerbesteuerliche Transparenz. Im Gegensatz zur Einkommen- und Körperschaftsteuer ist diese originäre gewerbesteuerliche Transparenz nur einstufig. Sie ist auf das Verhältnis der Mitunternehmerschaft zu ihrem unmittelbaren Gesellschafter beschränkt.

Die Folgen dieser einstufigen Transparenz manifestieren sich beim Verlustabzug nach § 10 a GewStG. Träger des Verlusts einer Mitunternehmerschaft ist der Mitunternehmer der Personengesellschaft. Dies ist nur der unmittelbare Unternehmer. Der unmittelbare Gesellschafterwechsel bei einer Verlustpersonengesellschaft führt daher selbst dann zum Wegfall des anteiligen Gewerbeverlustes dieser Personengesellschaft, wenn der unmittelbare Gesellschafter im Zuge einer Einbringung in eine mittelbare Gesellschafterstellung wechselt19.

Das angeführte BFH-Urteil beruht auf dieser Sichtweise des Bundesfinanzhofs und damit der einstufigen Transparenz beim gewerbesteuerlichen Verlustabzug. Für die Frage, ob die Sonderbetriebsausgaben einkommensteuerlich der Obergesellschaft oder der Untergesellschaft zuzuordnen sind, ist diese Rechtsprechung unbeachtlich.

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Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. Juli 2012 – 9 K 3955/09 F

  1. vgl. Ley, KÖSDI 2010, 17148, 17151 m.w.N.; Reiß in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 15 Rn. 348, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung[]
  2. vgl. Reiß in Kirchhof, § 15 Rn. 346[]
  3. BFH, Beschluss vom 25.02.1991 – GrS 7/89, BStBl II 1991, 691[]
  4. vgl. Reiß, a.a.O.[]
  5. vgl. BFH, Urteil vom 06.09.2000 – IV R 69/99, BStBl II 2001, 731; Ley, KÖSDI 2010, 17148, 17149; Förster DB 2011, 2570, 2571 m.w.N.[]
  6. vgl. Ley, a.a.O.[]
  7. vgl. Ley, KÖSDI 2010, 17148, 17154; Schmidt/Wacker, EStG, 31. Aufl., § 15 Anm. 616 f.; Förster, DB 2011, 2570; a. A. Brandenberg, a.a.O., 322 ff; Rödder, Steuerberater-Jahrbuch 1994/95, 303[]
  8. Reiß in Kirchhof, § 15 Rn. 327; BFH, Urteil vom 27.06.2006 – VIII R 31/04, BStBl II 2006, 874[]
  9. vgl. Förster DB 2011, 2570, 2571; Ley, KÖSDI 2010, 17148, 17154; Reiß in Kirchhof, § 15 Rn. 418[]
  10. BFH, Urteil vom 06.09.2000 – IV R 69/99, a.a.O.[]
  11. Ley, KÖSDI 2010, 17148, 17154 f.[]
  12. BFH, Beschluss vom 25.02.1991 – GrS 7/89, a.a.O.[]
  13. so zutreffend Mückl, a.a.O.[]
  14. vgl. im Einzelnen Ley, Ubg 2011, 274[]
  15. Förster, a.a.O., 2572[]
  16. Förster, DB 2011, 2570[]
  17. BFH, Urteil vom 03.02.2010 – IV R 59/07, a.a.O.[]
  18. Ley, Ubg 2011, 274, 279[]
  19. Ley, a.a.O.[]
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