Gebäudesanierung – und die Herstellung der Betriebsbereitschaft

Unter Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird.

Gebäudesanierung – und die Herstellung der Betriebsbereitschaft

Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Hierzu zählen auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft.

Von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes kann im Regelfall ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden.

Aufwendungen, die -wie im Streitfall- durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG), wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG).

Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Anschaffungsnebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten1. Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen2.

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Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG), sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG die Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

Der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist gesetzlich nicht definiert und bedarf daher der Auslegung. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören daher insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, die -ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG- vom Grundsatz her als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären3.

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Zu den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören aber auch Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, durch die funktionsuntüchtige Teile eines Gebäudes, die für seine bestimmungsgemäße Nutzung unerlässlich sind, wieder hergestellt werden und damit das Gebäude in einen betriebsbereiten Zustand versetzt wird4, wenn sie im Rahmen einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Gebäudes anfallen5.

Dass Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB zu Anschaffungskosten führen und bereits deshalb zu aktivieren sind, steht dem nicht entgegen. Zwar werden die in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verwendeten Begriffe „Anschaffungskosten“ und „Herstellungskosten“ in der Regel auch im Bereich der Überschusseinkünfte i.S. von § 255 HGB ausgelegt. Im Hinblick auf den Wortlaut und den systematischen Zusammenhang von Sätze 1 und 2 der Vorschrift sowie deren Sinn und Zweck ist § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG jedoch gegenüber § 255 HGB als einkommensteuerrechtliche Sonderregelung zur Behandlung von Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Anschluss an den Erwerb eines Gebäudes zu verstehen.

Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören danach unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Nicht zu den Aufwendungen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören nach dem Wortlaut des Satzes 2 der Vorschrift ausdrücklich nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

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Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durch Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile vom Anwendungsbereich der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Der Bundesfinanzhof schließt sich insoweit nicht der in der Literatur vertretenen Ansicht an, dass nach § 255 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB zu den Anschaffungskosten gehörende Aufwendungen bereits begrifflich nicht von der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG erfasst sein können6. Der Wortlaut sowie der systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 2 der Vorschrift sprechen vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber bewusst den Begriff der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen weit verstehen und eine im Einzelfall schwierige Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen zu Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft vermeiden wollte.

Für diese Auslegung spricht zum anderen der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verfolgte Zweck, einerseits die bis zur Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs7 bestehende Rechtslage zum anschaffungsnahen Aufwand gesetzlich festzuschreiben und andererseits aus Gründen der Rechtsvereinfachung und -sicherheit eine typisierende Regelung zu schaffen8. Der gesetzlichen Intention einer Typisierung würde es aber widersprechen, wenn man im Rahmen einer im Anschluss an den Erwerb vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes einzelne Arbeiten isoliert und damit stets den konkreten statt den typischen Fall betrachten müsste9.

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Die Einbeziehung von Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft in die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Hieraus ergibt sich -entgegen der Auffassung des Grundstückseigentümers- insbesondere keine nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung gegenüber Erwerbern eines bereits vom Veräußerer sanierten Gebäudes.

Ob Aufwendungen für bauliche Maßnahmen im Rahmen einer im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung angefallen sind, ist vom Finanzgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung zu beantworten. Dabei kann im Regelfall von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Insoweit enthält die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Übersteigen die hierfür angefallenen Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten, sind diese insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu behandeln.

Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht im Streitfall zutreffend die vom Grundstückseigentümer geltend gemachten Aufwendungen für die Sanierungsarbeiten in Höhe von 16.616 e brutto als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG beurteilt. Der Grundstückseigentümer und seine Ehefrau führten in der Zeit zwischen dem Erwerb im August und der Vermietung des Gebäudes im Dezember des Streitjahres Renovierungsmaßnahmen durch und ließen die Fenster austauschen. Diese im Anschluss an den Erwerb des Gebäudes durchgeführten Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten führten einschließlich der Aufwendungen für den Austausch der Fenster zu Kosten von insgesamt 28.964 € ohne Umsatzsteuer, die über 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes (127.040 €) liegen. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob die für den Austausch der Fenster angefallenen Aufwendungen als Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB anzusehen sind.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. Juni 2016 – IX R 15/15

  1. vgl. dazu BFH, Urteil vom 12.09.2001 – IX R 52/00, BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574[]
  2. vgl. dazu BFH, Urteil vom 22.09.2009 – IX R 21/08, BFH/NV 2010, 846[]
  3. vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2010, 846[]
  4. vgl. BFH, Urteil in BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574[]
  5. ebenso Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 426; ablehnend dagegen Spindler, Der Betrieb -DB- 2004, 507, 509; Söffing, DB 2004, 946, 947; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Ba 15, 28[]
  6. so z.B. Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Ba 15, 28[]
  7. BFH, Urteile vom 12.09.2001 – IX R 39/97, BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569; und in BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574[]
  8. vgl. Begründung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften -Steueränderungsgesetz 2003-, BT-Drs. 15/1562, S. 32[]
  9. vgl. bereits BFH, Urteil vom 25.08.2009 – IX R 20/08, BFHE 226, 256, BStBl II 2010, 125[]