Häuslicher Arbeitsbereich – abgetrennt durch ein Sideboard

Kein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein büromäßig eingerichteter Arbeitsbereich, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist1.

Häuslicher Arbeitsbereich – abgetrennt durch ein Sideboard

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall eines selbständigen Architekten nutzte dieser in seiner Wohnung ein Arbeitszimmer und den Abstellraum als Büroräume. Zudem verfügte die Wohnung über ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, eine Küche, eine Diele und ein Badezimmer. Einen Kellerraum nutzte des Architekten als Archivraum. Im Anschluss an eine Außenprüfung wurden vom Finanzamt die auf das Arbeitszimmer, den Abstellraum und den im Keller befindlichen Archivraum entfallenden Mietaufwendungen für die Wohnung als Betriebsausgaben anerkannt. Die übrigen Räume der Wohnung -darunter Küche, Diele und Badezimmer))- ordnete das Finanzamt in vollem Umfang den vom Architekten zu Wohnzwecken genutzten Räumen zu.

Auch für das hier entschiedene Streitjahr 2007, in dem der Architekt nach einem Umzug in eine andere Wohnung im Untergeschoss zwei Kellerräume als Büro und einen weiteren Kellerraum als Archiv nutzte und zudem den halben Kellerflur diesen beruflich genutzten Räumen hinzugerechnet hatte, sah das Finanzamt nur die auf das Arbeitszimmer, den Abstellraum und den im Keller befindlichen Archivraum entfallenden Mietaufwendungen für die Wohnung als Betriebsausgaben an. Im Obergeschoss der Wohnung befand sich neben weiteren Zimmern ein Raum, der als Wohn- und Esszimmer bezeichnet war und sowohl zu Wohnzwecken als auch als Büro genutzt wurde. Betrat man das Zimmer von der Diele aus, befanden sich von der Tür aus rechts bis zum Ende des Zimmers der mit einem ca. einen Meter hohen Sideboard abgetrennte Arbeitsbereich und links der Wohnzimmerteil. Im Arbeitsbereich des Architekten befanden sich u.a. ein Schreibtisch mit Computer und mehrere Aktenschränke. Vom Arbeitsbereich aus konnte des Architekten am Sideboard vorbei den Rest des Zimmers betreten. In diesem Teil des Raums befand sich ein Tisch mit vier Stühlen. Von dem Arbeitsbereich aus gelangte man auch in die Küche, die jedoch ebenfalls über die Diele erreicht werden konnte. In der Außenprüfung wurden nur Mietaufwendungen für die Kellerräume im Untergeschoss vom Finanzamt als Betriebsausgaben anerkannt. Weder ließ das Finanzamt die Aufwendungen für den im Obergeschoss liegenden gemischt genutzten Raum noch die vom Architekten geltend gemachten anteilig auf Flächen in Küche, Diele und Bad entfallenden Aufwendungen zum Abzug zu.

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Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Finanzgericht Düsseldorf2 ohne Erfolg, ebenso nun die Revision vor dem Bundesfinanzhof. Der Bundesfinanzhof verneinte ebenfalls einen weitergehender Betriebsausgabenabzug aus den Mietaufwendungen für die Wohnungen.

Vorliegend sind die Küche, Diele und das Bad in beiden Wohnungen durch den Architekten nicht in nennenswertem Umfang betrieblich genutzt worden. Er hat in den Streitjahren nach den Feststellungen des Finanzgericht in seinen Wohnungen insbesondere weder in größerem Umfang Kunden empfangen noch Angestellte beschäftigt, die Küche und Bad mitgenutzt hätten. Auf dieser Grundlage kommt in den Streitjahren ein Abzug anteiliger Mietaufwendungen für „betrieblich mitgenutzte Flächenanteile“ in Küche, Diele und Bad als Betriebsausgaben schon deshalb nicht in Betracht, weil es an der gemäß § 4 Abs. 4 EStG erforderlichen betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen fehlt3.

Das Finanzgericht hat zu Recht auch keinen Abzug der Aufwendungen für den Arbeitsbereich des Architekten im als Wohn- und Esszimmer bezeichneten Raum in der Wohnung im Streitjahr 2007 gewährt.

Ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der für das Streitjahr 2007 anwendbaren Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 vom 08.12 20104 ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist. Entspricht ein Raum dem Typus des Arbeitszimmers, muss er überdies (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt werden. Selbst wenn Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entstanden sind, das ausschließlich oder nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird, sind diese nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des JStG 2010 grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Nur wenn kein anderer Arbeitsplatz für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung steht (Satz 2 der Regelung) oder das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (Satz 3 der Regelung), ist ein Abzug in Höhe von bis zu 1.250 EUR bzw. im zuletzt genannten Fall in tatsächlicher Höhe möglich5.

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Aufwendungen für in die private Sphäre eingebundene Räume, die bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Typus des Arbeitszimmers zuzurechnen sind, sondern ihrer Art (z.B. Durchgangszimmer) oder ihrer Einrichtung nach (z.B. bei einer Arbeitsecke in einem Wohnraum) erkennbar auch privaten Wohnzwecken dienen, können erst recht nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden6. Denn wenn schon Aufwendungen für einen als Büro eingerichteten und nahezu ausschließlich beruflich genutzten Raum im Grundsatz nicht abziehbar sind, gilt dies umso mehr für Räume, die ihrer Ausstattung nach sowohl der Erzielung von Einkünften als auch privaten Wohnzwecken dienen. Denn die nahezu ausschließliche betriebliche Nutzung lässt sich weder bei einem gemischt genutzten und als Arbeitszimmer eingerichteten Raum noch bei einem abgetrennten Arbeitsbereich in einem auch zu privaten Wohnzwecken genutzten Zimmer objektiv feststellen7. Nur ein durch Wände und Türen abgeschlossener Raum kann ein zum Abzug von Betriebsausgaben berechtigendes häusliches Arbeitszimmer i.S. der Regelung sein, denn ein solcher Raum ist die kleinste Einheit, über die sich eine nachprüfbare Aussage für die nahezu ausschließlich berufliche Nutzung treffen lässt8. Aufwendungen für solche in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundene Räume, die gemischt sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch -in mehr als nur untergeordnetem Umfang- zu privaten Zwecken genutzt werden, sind daher gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2010 auch dann insgesamt nicht abziehbar, wenn dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder dieser Raum den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet.

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Kein häusliches Arbeitszimmer ist anknüpfend an diese raumbezogene Betrachtungsweise ein Arbeitsbereich, der vom angrenzenden Wohnzimmer aus durch einen offenen Durchgang ohne Türabschluss betreten werden kann, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist oder der auf einer Empore oder offenen Galerie eingerichtet ist9.

Im Streitfall erfüllt der durch das Sideboard abgetrennte Arbeitsbereich im gemischt genutzten Raum im Obergeschoss der Wohnung in der S-Straße danach nicht die Voraussetzungen für ein zum Abzug von Betriebsausgaben berechtigendes häusliches Arbeitszimmer. Die Abgrenzung durch das einen Meter hohe Sideboard mit daneben liegendem Durchgang zum Rest des Zimmers ist einem durch Wände und Türen abgeschlossenen Raum nicht gleich zu erachten10. Der Raum mit dem abgetrennten Arbeitsbereich kann auch nicht insgesamt als häusliches Arbeitszimmer angesehen werden, da er nicht nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wurde. Das Finanzgericht hat für den Bundesfinanzhof bindend festgestellt, dass der Raum vom Architekten neben der beruflichen Nutzung im Arbeitsbereich auch zu privaten Wohnzwecken genutzt wurde.

Der Bundesfinanzhof ist auch von der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des JStG 2010 überzeugt, soweit die Regelung den Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen für einen Arbeitsbereich in einem gemischt genutzten Raum auch dann ausschließt, wenn dieser Arbeitsbereich den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit -wie vom Architekten geltend gemacht- darstellt.

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Nur ein ausschließlich beruflich genutztes „Arbeitszimmer“ führt dem Grunde nach zu beruflich veranlasstem Aufwand, der als „typischer“ Erwerbsaufwand nach dem objektiven Nettoprinzip grundsätzlich von der Bemessungsgrundlage abzuziehen ist und nicht dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG unterfällt11. Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss in BVerfGE 126, 268 das Abzugsverbot der früheren Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zwar unter dem Gesichtspunkt als nicht verfassungsmäßig angesehen, dass die Regelung Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zum Abzug zuließ, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Bundesfinanzhof sieht es aber anknüpfend an die Entscheidung des BVerfG von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers als gedeckt an, den Abzug von Aufwendungen für Arbeitsbereiche in gemischt genutzten Räumen generell auszuschließen. Es handelt sich in diesem Fall nicht um typischen Erwerbsaufwand i.S. des BVerfG, Beschlusses in BVerfGE 126, 268, da der Aufwand nicht auf ein ausschließlich beruflich genutztes Zimmer entfällt. Zudem betont das BVerfG in seiner Entscheidung, dem Gesetzgeber komme für die sachgerechte Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ein erheblicher Gestaltungsspielraum sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu, da eine effektive Kontrolle der tatsächlichen Nutzung häuslicher Arbeitszimmer wegen des engen Zusammenhangs zur Sphäre der privaten Lebensführung und des Schutzes durch Art. 13 des Grundgesetzes wesentlich eingeschränkt oder gar unmöglich sei12. Dies gilt umso mehr für Arbeitsbereiche in gemischt genutzten Räumen.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. März 2016 – VIII R 10/12

  1. Anknüpfung an BFH (GrS), Beschluss vom 27.07.2015 – GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265[]
  2. FG Düsseldorf, Urteil vom 01.02.2012 – 7 K 87/11 E, EFG 2012, 1830[]
  3. vgl. auch BFH, Urteil vom 17.02.2016 – X R 26/13, BFHE 253, 153[]
  4. BGBl I 2010, 1768[]
  5. BFH GrS), Beschluss in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265[]
  6. BFH (GrS), Beschluss in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 69[]
  7. siehe zur Bedeutung der fehlenden Verifikationsmöglichkeit BFH (GrS), Beschluss in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 69, 71 ff.[]
  8. vgl. bereits BFH, Urteil vom 21.04.1994 – IV R 98/93, BFH/NV 1994, 853, Rz 13[]
  9. BFH, Urteile vom 06.12 1991 – VI R 101/87, BFHE 166, 285, BStBl II 1992, 304, unter 2.a; vom 06.12 1991 – VI R 110/90, BFH/NV 1992, 380; in BFH/NV 1994, 853[]
  10. vgl. auch BFH, Urteil vom 17.02.2016 – X R 32/11, BFHE 253, 148[]
  11. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, Rz 42[]
  12. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 126, 268, Rz 47[]