Kindergeld für einen Feldwebel

Wird ein Kind nach Abschluss seiner Schulausbildung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen und zum Feldwebelanwärter zugelassen, ist seine erstmalige Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG mit Bestehen der Feldwebelprüfung abgeschlossen. Ob das Kind darüber hinaus das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten anstrebt, ist insoweit ohne Bedeutung.

Kindergeld für einen Feldwebel

Der Begriff des Ausbildungsdienstverhältnisses in § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG entspricht -vorbehaltlich etwaiger Abweichungen, die sich aus den unterschiedlichen Zielsetzungen ergeben können- dem Begriff des Ausbildungsdienstverhältnisses im Lohnsteuerrecht. Die nach dem Erwerb der Laufbahnbefähigung in der Bundeswehr üblichen Verwendungslehrgänge im Rahmen der Tätigkeit als Zeitsoldat machen das Dienstverhältnis nicht zu einem Ausbildungsdienstverhältnis.

Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG).

Danach ist der Sohn im Streitzeitraum nicht als Kind zu berücksichtigen.

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Ob es sich bei den vom Sohn durchlaufenen Maßnahmen (Lehrgänge etc.) um eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG handelt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn selbst wenn diese Maßnahmen als eine Ausbildung zu betrachten wären, woran der Bundesfinanzhof Zweifel hegt, sind sie nach Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung im Rahmen einer (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit erfolgt, die kein Ausbildungsdienstverhältnis darstellt. Insoweit ist der Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG ausgeschlossen.

Die erstmalige Berufsausbildung war mit Bestehen der Feldwebelprüfung abgeschlossen. Ob der Sohn das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten anstrebt, ist ohne Bedeutung.

Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann1.

Die bestandene Feldwebelprüfung ist ein berufsqualifizierender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang. Sie ermöglicht als Laufbahnprüfung2 die Beförderung zum Feldwebel (§ 16 Abs. 2 Satz 1 der Soldatenlaufbahnverordnung -SLV-) und den Zugang zu den Feldwebellaufbahnen. Das angestrebte Ziel „Berufssoldat“ setzt keinen weiterführenden Abschluss voraus. Die Umwandlung des Dienstverhältnisses bedeutet keinen Laufbahnwechsel (vgl. § 6 SLV). Sie erfordert bei Unteroffizieren, die den Dienstgrad eines Feldwebels erreicht haben, zusätzlich nur die Vollendung des 24. Lebensjahres (§ 39 Nr. 1 des Soldatengesetzes, § 21 SLV).

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Der Sohn stand auch nicht in einem Ausbildungsdienstverhältnis (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

Ein Ausbildungsdienstverhältnis setzt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Lohnsteuerrecht nicht nur ein Dienstverhältnis besonderer Art voraus, das durch den Ausbildungszweck geprägt ist3. Hinzukommen muss, dass die Ausbildungsmaßnahme selbst Gegenstand und Ziel des Dienstverhältnisses ist4, die Ausbildung mithin verpflichtender Gegenstand des Arbeitsvertrages ist5 und die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber bezahlt, in der Teilnahme an der Berufsausbildungsmaßnahme besteht6. In Abgrenzung hierzu reicht somit ein normales Dienst- oder Arbeitsverhältnis, das schwerpunktmäßig durch die Erbringung einer Arbeitsleistung nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen die Zahlung von Entgelt charakterisiert wird7, nicht aus. Selbst wenn das Dienstverhältnis neben der Arbeitsleistung auch berufliche Fortbildungen und Qualifizierungen des Arbeitnehmers zum Gegenstand hat, diese aber nicht den wesentlichen Inhalt des Vertrages ausmachen, wird das Dienstverhältnis nicht zu einem Ausbildungsdienstverhältnis.

Der Bundesfinanzhof ist bei der Auslegung des in § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG verwendeten Begriffs des Ausbildungsdienstverhältnisses zwar nicht an diese Grundsätze gebunden. Dies ergibt sich daraus, dass die Rechtsprechung zu den Werbungskosten die folgerichtige Umsetzung des objektiven Nettoprinzips in den Blick nimmt, der Familienleistungsausgleich hingegen den Anforderungen des subjektiven Nettoprinzips genügen muss8.

Die Verwendung des in der bisherigen Rechtsprechung des BFH entwickelten Begriffs des Ausbildungsdienstverhältnisses legt die Vermutung nahe, dass der Gesetzgeber den Begriff im Sinne dieser Rechtsprechung verstanden wissen wollte. Insofern entspricht der Begriff des Ausbildungsdienstverhältnisses in § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG -vorbehaltlich etwaiger Abweichungen, die sich aus den unterschiedlichen Zielsetzungen ergeben können- dem Begriff des Ausbildungsdienstverhältnisses im Lohnsteuerrecht9.

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Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Ausbildungsdienstverhältnis vor.

Der Sohn war nach dem Bestehen der Laufbahnprüfung nicht mehr als Feldwebelanwärter, sondern als Feldwebel und Zeitsoldat erwerbstätig. Die nach dem Erwerb der Laufbahnbefähigung in der Bundeswehr üblichen Verwendungslehrgänge im Rahmen der Tätigkeit als Zeitsoldat machen das Dienstverhältnis nicht zu einem der Berufsausbildung dienenden Arbeitsverhältnis.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Juni 2015 – III R 37/14

  1. BFH, Urteil vom 03.07.2014 – III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 25, 27[]
  2. BVerwG, Beschluss vom 20.09.2011 – 1 WB 48/10, BVerwGE 140, 342, Rz 33[]
  3. BFH, Urteile vom 18.07.1985 – VI R 93/80, BFHE 144, 237, BStBl II 1985, 644, unter 1.a; und vom 16.01.2013 – VI R 14/12, BFHE 240, 125, BStBl II 2013, 449, Rz 28[]
  4. BFH, Urteil vom 28.09.1984 – VI R 144/83, BFHE 142, 258, BStBl II 1985, 89, unter 2.; vgl. auch BFH, Urteil vom 07.08.1987 – VI R 60/84, BFHE 150, 435, BStBl II 1987, 780, unter 1.b[]
  5. vgl. BFH, Urteil in BFHE 240, 125, BStBl II 2013, 449, Rz 28[]
  6. BFH, Urteile vom 15.04.1996 – VI R 99/95, BFH/NV 1996, 804, unter 2.; und vom 22.07.2003 – VI R 15/03, BFH/NV 2004, 175[]
  7. vgl. BAG, Urteil vom 05.12 2002 – 6 AZR 216/01, DB 2004, 141, Rz 35[]
  8. BFH, Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 34[]
  9. so auch FG Münster, Urteil vom 12.09.2014 – 4 K 2950/13 Kg, EFG 2014, 2051; Grönke-Reimann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32 EStG Rz 126; Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, § 32 Rz 121.6; Schmidt/Loschelder, EStG, 34. Aufl., § 32 Rz 50; Blümich/Selder, § 32 EStG Rz 84; Lemaire, EFG 2015, 577[]
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