Nachträgliche Schuldzinsen nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht

Nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht ist ein ein Abzug nachträglicher Schuldzinsen nicht mehr möglich.

Nachträgliche Schuldzinsen nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht

Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind objektbezogen zu prüfen. Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von (nachträglichen) Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S. des § 21 EStG ist nicht anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall erwarb der Kläger im Jahr 1999 ein u.a. mit einer Gaststätte und mit sieben Ferienwohnungen bebautes Grundstück, aus dem er in den Streitjahren 2003 bis 2006 (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Wegen mangelnder Rentabilität des Gesamtobjektes versuchte der Kläger -parallel zu seinen Vermietungsbemühungen- ab Mai 2003, das Objekt zu veräußern, was letztlich 2008 gelang. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht mit Blick auf die seit 2003 unternommenen Verkaufsbemühungen aufgegeben habe und berücksichtigte dementsprechend die vom Kläger in den Streitjahren ermittelten Einkünfte aus der Immobilie nicht. Das Finanzgericht gab der Klage in diesem Punkt teilweise statt. Es ging zwar auch davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht schon 2003 aufgegeben habe; unbeschadet dessen seien die in den Streitjahren vom Kläger gezahlten „nachträglichen Schuldzinsen“ aber nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung1 als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen.

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Der Bundesfinanzhof hob die Vorentscheidung nun auf und wies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dabei hob er hervor, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von sog. „nachträglichen Schuldzinsen“ mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht anzunehmen sei, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

Den objektiven Tatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht, wer unbewegliches Vermögen vermietet. Neben einem Rechtsverhältnis in Form eines Miet- oder Pachtvertrages verlangt das Gesetz ein bestimmtes Objekt (z.B. Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil), auf das sich die Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen beziehen muss. Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit ist stets objektbezogen. Maßgebend ist die auf eine bestimmte Immobilie ausgerichtete Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Vermietet er mehrere Objekte auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse, also z.B. -wie hier- eine Gaststätte und acht Wohnungen, so ist jede Tätigkeit grundsätzlich je für sich zu beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Objekte auf einem Grundstück befinden2.

Wie der objektive Tatbestand ist auch die Einkünfteerzielungsabsicht objektbezogen. Sie ist nur dann in Bezug auf das gesamte Grundstück zu prüfen, wenn sich auch die Vermietungstätigkeit auf das gesamte Grundstück richtet. Werden verschiedene, auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile (einzeln) vermietet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht jeweils nur auf das entsprechende Objekt3.

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Diesen Grundsätzen entspricht das angefochtene Urteil nicht. Das Finanzgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger den objektiven Tatbestand zunächst in Bezug auf das einheitlich vermietete Grundstück erfüllt hat; da die Vermietungstätigkeit insoweit auf Dauer ausgerichtet war, war indiziell davon auszugehen, dass die Vermietungsabsicht des Klägers -trotz der Kündigung des Mietverhältnisses Anfang 2003- zunächst weiterbestand, solange nicht anhand von Indizien festgestellt werden kann, dass er seine Einkünfteerzielungsabsicht -im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung oder zu einem späteren Zeitpunkt- endgültig aufgegeben hat4.

Das Finanzgericht hat indes, nachdem es zu dem Schluss gekommen war, der Kläger habe seine ursprüngliche Einkünfteerzielungsabsicht im März 2003 aufgegeben, die Frage, ob der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt seine Einkünfteerzielungsabsicht erneut aufgenommen hat, wiederum auf das gesamte Grundstück bezogen, obwohl einzelne Teile davon unter unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen -teils unter Abschluss eines auf Dauer ausgerichteten Mietvertrages, teils unter Abschluss von Mietverträgen über befristete Ferienaufenthalte- an verschiedene Personen vermietet worden sind. Dies widerspricht dem Grundsatz, dass der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Einkünfteerzielungsabsicht aufgenommen wurde, objektbezogen zu prüfen ist.

Die Sache ist nicht spruchreif. Das Finanzgericht wird beim 2. Rechtszug erneut der Frage nachzugehen haben, ob der Kläger hinsichtlich der auf dem Grundstück in D befindlichen Immobilienobjekte mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat.

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Dabei weist der Bundesfinanzhof zunächst darauf hin, dass schon die vom Finanzgericht vorgenommene Gesamtwürdigung, wonach der Kläger im März 2003 seine Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des Gesamtobjekts aufgegeben habe, von den Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht getragen wird. Zwar sind, wovon das Finanzgericht zutreffend ausgeht, ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen mögliche Umstände, aus denen sich der endgültige Entschluss, (weiterhin) zu vermieten, ergeben kann; für die Feststellung des Weiterbestehens einer Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich vormals dauerhaft vermieteter, aktuell jedoch renovierungs- oder zumindest umgestaltungsbedürftiger Objekte können -und müssen im Streitfall- aber beispielsweise auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Umgestaltung bzw. Renovierung und späterer (tatsächlicher) Vermietung oder auch die (fehlende) Absehbarkeit, ob und ggf. wann die Räume im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt werden sollen, als Indizien herangezogen werden5.

Ferner weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass die Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen, die vom Eigentümer in Eigenregie vermietet und im Übrigen nicht selbst genutzt -d.h. auch in der Leerstandszeit zur Vermietung bereitgehalten werden- nach besonderen; vom Bundesfinanzhof entwickelten Kriterien geprüft werden muss.

Kommt das Finanzgericht im 2. Rechtszug zu dem Ergebnis, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht zwischenzeitlich nicht aufgegeben hat, sind die erklärten Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung dem Grunde nach zu berücksichtigen, aber der Höhe nach zu prüfen. Kommt das Finanzgericht im 2. Rechtszug erneut zu dem Ergebnis, dass der Kläger zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des Gesamtobjekts aufgegeben hat und diese nicht (auch nicht hinsichtlich einzelner Objekte) wieder aufgenommen hat, verweist der Bundesfinanzhof für die Frage des Abzugs nachträglicher Schuldzinsen auf seine Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275, wonach ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S. des § 21 EStG nicht anzunehmen ist, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist. Kommt das Finanzgericht im 2. Rechtszug zu dem Ergebnis, dass der Kläger zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des Gesamtobjekts aufgegeben hat und diese nur hinsichtlich einzelner Objekte auf dem Grundstück in D wieder aufgenommen hat, sind die geltend gemachten Schuldzinsen ggf. anteilig bei den hinsichtlich dieser Objekte noch zu ermittelnden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Januar 14 IX R 37/12

  1. BFH Urteil vom 20.06.2012 – IX R 67/10, BStBl II 2013, 275[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 01.04.2009 – IX R 39/08, BFHE 224, 538, BStBl II 2009, 776, m.w.N.[]
  3. BFH, Urteile in BFHE 224, 538, BStBl II 2009, 776; vom 12.05.2009 – IX R 18/08, BFH/NV 2009, 1627[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 11.12 2012 – IX R 15/12, BFH/NV 2013, 720[]
  5. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 31.07.2007 – IX R 30/05, BFH/NV 2008, 202[]