Schulpflicht als kindergeldrelevante Berufsausbildung

Zur Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehört auch die Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht. Das gilt auch dann, wenn der Umfang des danach zu besuchenden Unterrichts zehn oder weniger Wochenstunden umfasst.

Schulpflicht als kindergeldrelevante Berufsausbildung

Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG –unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen– Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.

In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen1.

Zur Berufsausbildung in diesem Sinne gehört auch die Schulausbildung, an der das Kind teilnimmt, um der Schulpflicht nachzukommen. Entgegen DA-FamEStG 2004 63.3.2 Abs. 5 Satz 52 kommt es insoweit nicht darauf an, ob die tatsächliche Unterrichtszeit (mindestens) zehn Wochenstunden beträgt. Entscheidend ist allein, ob das Kind an der entsprechenden Schulausbildung teilnimmt, wie sie durch die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen zur Erfüllung der Schulpflicht vorgesehen ist.

Die Grundsätze, die der Bundesfinanzhof für die Anerkennung eines Sprachschulunterrichts im Rahmen eines Au-pair-Aufenthaltes als Berufsausbildung aufgestellt hat3, finden auf die Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht keine Anwendung. Denn anders als bei einem Sprachunterricht im Rahmen eines Au-pair-Aufenthaltes, der auf einem freiwilligen Entschluss des Kindes beruht und bei dem das Erfordernis der Teilnahme an einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht mit grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden der Abgrenzung zu Urlaubsaufenthalten dient4, ist das Kind zur Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht verpflichtet.

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Pendlerpauschale - Der Abschluss vor dem Bundesfinanzhof

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. April 2010 – III R 93/08

  1. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 02.04.2009 – III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298, m.w.N.[]
  2. ebenso DA-FamEStG 63.3.2 Abs. 5 Satz 5 i.d.F. vom 30.09.2009, BStBl I 2009, 1030[]
  3. vgl. BFH, Urteile vom 09.06.1999 – VI R 143/98, BFHE 189, 107, BStBl II 1999, 710; VI R 24/99, BFH/NV 2000, 27; VI R 33/98, BFHE 189, 88, BStBl II 1999, 701; vom 19.02.2002 – VIII R 83/00, BFHE 198, 192, BStBl II 2002, 469; BFH, Beschluss vom 31.08.2006 – III B 39/06, BFH/NV 2006, 2256[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 18.03.2009 – III R 26/06, BFHE 225, 331, BStBl II 2010, 296[]