Tankkarte, Kindergartenzuschuss & Co. – Zusatzleistungen des Arbeitgebers und ihre Versteuerung

Verständigt sich ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber darauf, auf zukünftig entstehende Barlohnbestandteile zugunsten des Sachbezugs „Tankkarte“ zu verzichten, liegt eine grundsätzlich zulässige Umwandlung von Bar- zu Sachlohn zur Inanspruchnahme der Vorteile aus § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG vor.

Tankkarte, Kindergartenzuschuss & Co. – Zusatzleistungen des Arbeitgebers und ihre Versteuerung

Die Pauschalversteuerung von Erholungsbeihilfen gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG fordert nicht nur einen ganz bestimmten Verwendungszweck der insoweit gewährten Leistungen, nämlich die Mittelverwendung für Zwecke der Erholung, sondern auch eine Überprüfung durch den Arbeitgeber, dass seine Arbeitnehmer diese als Erholungsbeihilfen gewährten Leistungen tatsächlich zu diesem Zweck verwenden. Allein die „Bestätigung“ des Steuerpflichtigen auf einem Vordruck, er habe die Erholungsbeihilfe für einen Jahresurlaub verwendet, reicht nicht aus, um der Arbeitgeberin die Möglichkeit der erforderlichen Überprüfung der zweckentsprechenden Mittelverwendung zu geben.

Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S. des 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG werden nur freiwillige Arbeitgeberleistungen erbracht.

Die nach § 3 Nr. 33 EStG „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbrachten Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen sind nur steuerfrei, wenn der Arbeitgeber sie erbringt, ohne dass die Arbeitnehmer darauf einen Anspruch haben.

Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlöhne oder Sach-bezüge vorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es kommt nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den zugesagten Vorteil verschafft. Überlässt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Tankkarte, mit der die Arbeitnehmer monatlich nach ihrer Wahl Güter aus allen Waren-gruppen im Wert von bis zu 44 € auf Rechnung des Arbeitgebers beziehen dürfen, wendet er seinen Arbeitnehmern eine Sache i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG zu1.

Weiterlesen:
Arbeitslohnrückzahlung

Im hier vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Fall ist auch eine grundsätzlich zulässige Umwandlung von Bar- zu Sachlohn zur Inanspruchnahme der Vorteile aus § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BFH ist hierfür erforderlich, dass vor Entstehen des Barlohnanspruchs im Wege der Vertragsänderung der neue Sachlohnanspruch an die Stelle des Barlohnanspruchs getreten ist. Ein Wahlrecht, anstelle des Barlohns den Sachlohn wählen zu können, soll jedoch nicht ausreichen2.

Diese Anforderungen der Rechtsprechung an eine zulässige Barlohnumwandlung sind vorliegend erfüllt. Der Arbeitnehmer hat sich im Rahmen der Änderung seines Arbeitsvertrags am 24.05.2006 mit seiner Arbeitsgeberin darauf verständigt, auf zukünftig entstehende Barlohnbestandteile zugunsten des Sachbezugs „Tankkarte“ zu verzichten. Ab diesem Zeitpunkt besteht nach dem geänderten Vertrag auch keine Wahlmöglichkeit zwischen Bar- und Sachlohn.

Damit liegen die Voraussetzungen für die Behandlung als steuerfreier Sachbezug i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG vor.

Entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers kann die Rüge eines Ermessensfehlgebrauchs hinsichtlich der Auswahl des für die Lohnsteuer Haftenden (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) im Rahmen des § 42d EStG im vorliegenden Steuerfestsetzungsverfahren der Arbeitnehmer nicht angebracht werden. Die in § 42d EStG geforderte Ausübung des Auswahlermessens ist ausschließlich im Lohnsteuerabzugsverfahren zu beachten. Die Steuerfestsetzung steht dagegen nicht im Ermessen des Finanzamts3.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er Erholungsbeihilfen gewährt, wenn diese bestimmte Jahresbeträge nicht übersteigen und der Arbeitgeber sicherstellt, dass die Bei-hilfen zu Erholungszwecken verwendet werden. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG fordert damit nicht nur einen ganz bestimmten Verwendungszweck der insoweit gewährten Leistungen, nämlich die Mittelverwendung für Zwecke der Erholung, sondern auch eine Überprüfung durch den Arbeitgeber, dass seine Arbeitnehmer diese als Erholungsbeihilfen gewährten Leistungen tatsächlich zu diesem Zweck verwenden4.

Weiterlesen:
Arbeitslohn aus einer Rückdeckungsversicherung

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Zudem fehlen jegliche Angaben zur Sicherstellung das Streitjahr 2006 betreffend. Darüber hinaus geht der Beklagte zu Recht in diesem Zusammenhang davon aus, dass allein die „Bestätigung“ des Arbeitnehmers auf einem am 4.02.2013 datierten Vordruck, er habe die Erholungsbeihilfe für einen Jahresurlaub verwendet, nicht ausreicht, um der Arbeitgeberin die Möglichkeit der erforderlichen Überprüfung der zweckentsprechenden Mittelverwendung zu geben. Mindestens wären in diese Zusammenhang zeitnahe Angaben des Arbeitnehmers gegenüber der Arbeitgeberin zu der durchgeführten Reise und der Verausgabung der Reisekosten (etwa Hotelbeleg; Bestätigung eines Reiseveranstalters) erforderlich.

Die erhaltenen Erholungsbeihilfen unterliegen daher nicht der Pauschalbesteuerung, sondern vielmehr der Individualversteuerung beim Arbeitnehmer.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % u.a. für „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ unentgeltlich oder verbilligt übereignete Personalcomputer sowie Zubehör und Internetzugang erheben. Entsprechendes gilt für Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für die In-ternetnutzung gezahlt werden.

„Zusätzlich“ zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S. des 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG werden nach der BFH-Rechtsprechung nur freiwillige Arbeitgeberleistungen erbracht. Nur solche schuldet der Arbeitgeber nicht ohnehin5.

Bei Anwendung dieser Grundsätze des BFH, denen das Finanzgericht folgt, fehlt es im Streitfall an dem Merkmal der „Zusätzlichkeit“. Aus der Tatsache, dass ein Anspruch auf Zahlung einer entsprechenden Zusatzleistung auch dann besteht, wenn die gesetzlichen oder persönlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 3a des geänderten Arbeitsvertrages), ist zu entnehmen, dass der Arbeitnehmer auch einen Rechtsanspruch auf ein Gehalt in Höhe der Zusatzleistungen hat, wenn die Voraussetzungen für die Zusatzleistungen nicht vorliegen. Sie sind somit Gehaltsbestandteile, auf die der Arbeitnehmer ohnehin einen Anspruch hat6. Mit dem Beklagten geht auch das Finanzgericht davon aus, dass der Arbeitnehmer mit der Vertragsänderung im Streitjahr auf einen Teil des mit der Arbeitgeberin bis dahin vereinbarten und von dieser somit aufgrund des bisherigen Arbeitsvertrags geschuldeten Arbeitslohn verzichtet und durch Barlohnumwandlung eine andere zweckgebundene Leistung erhalten hat. Der Vergleich der Gehaltsabrechnungen vor und nach der Vertragsänderung bestätigen, dass der vereinbarte Arbeitslohn nahezu unverändert geblieben ist und der zuvor geschuldete Arbeitslohn nur um die Zusatzleistungen zur Ausnutzung einer vorteilhafteren Lohnversteuerung gekürzt wurde. Eine vom BFH geforderte „Freiwilligkeit“ konnte das Finanzgericht jedenfalls nicht feststellen.

Weiterlesen:
Vorzeitiger Ruhestand - und die Zahlungen in eine schweizerische Pensionskasse

Im Ergebnis wurde die Zusatzleistung damit nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt.

Die nach § 3 Nr. 33 EStG „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbrachten Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen sind ebenfalls nur steuerfrei, wenn der Arbeitgeber sie erbringt, ohne dass die Arbeitnehmer darauf einen Anspruch haben. Nach der Rechtsprechung des BFH kommen für die Steuerfreistellungen ebenso nur freiwillige Arbeitgeberleistungen in Betracht7. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Februar 2015 – 9 K 64/13

  1. BFH, Urteil vom 11.11.2010 – VI R 26/08, BFH/NV 2011, 589[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 06.03.2008 – VI R 6/05, BStBl II 2008, 530; BFH, Beschluss vom 10.06.2008 – VI B 113/07, BFH/NV 2008, 1482; anderer Absicht: Krüger in Schmidt, EStG, § 33. Aufl.2014, § 8 Rz. 30 unter Hinweis auf BFH, Urteil vom 11.11.2009 – IX R 1/09, BStBl II 2010, 746[]
  3. vgl. BFH, Urteil vom 13.01.2011 – VI R 62/09, BFH/NV 2011, 751; Gersch in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/FGtG, § 42d EStG Anm. 83[]
  4. BFH, Urteil vom 19.09.2012 – VI R 55/11, BStBl II 2013, 398[]
  5. BFH, Urteil vom 19.09.2012 – VI R 54/11, BStBl II 2013, 395; anderer Ansicht wohl aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Kontinuität der Rechtsanwendung: BMF, Schreiben vom 22.05.2013 – IV C 5-S 2388/11/10001-02, BStBl I 2013, 728[]
  6. so ausdrücklich für eine insoweit identische Sachverhaltsgestaltung: BFH, Urteil vom 19.09.2012 – VI R 55/11, BStBl II 2013, 398[]
  7. BFH, Urteil vom 19.09.2012 – VI R 54/11, BStBl II 2013, 395[]
Weiterlesen:
Arbeitslohn durch Genussrechtsverkauf