Bundeswehr – und die Besetzung eines Wechseldienstpostens nur mit Soldaten

Die Entscheidung des Dienstherrn, einen sog. Wechseldienstposten nur zur Besetzung mit einem Soldaten vorzusehen, gehört zum Bereich des Organisationsermessens des Dienstherrn, das der Auswahlentscheidung unter in Betracht kommenden Bewerbern vorgelagert ist. Dem sog. Trennungsgrundsatz des Art. 87b Abs. 1 Satz 1 und 2 GG kommt insoweit keine subjektiv-rechtliche Bedeutung zu.

Bundeswehr – und die Besetzung eines Wechseldienstpostens nur mit Soldaten

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung1. Der Grundsatz der Bestenauslese ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben2. Daher können Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist3. Diese Verbindlichkeit des in Art. 33 Abs. 2 GG angeordneten Maßstabs gilt auch für die Auswahlentscheidung um einen Beförderungsdienstposten, wenn der ausgewählte Bewerber nach praktischer Bewährung auf dem Dienstposten ohne nochmalige Auswahl befördert werden soll4. Dem Bewerber um ein Beförderungsamt oder einen Beförderungsdienstposten vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG daher einen subjektiven Anspruch, dass über seine Bewerbung in fehlerfreier Weise entschieden und sie nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind5.

Diese Grundsätze gelten jedoch nur in einem Auswahlverfahren, das aufgrund einer im Rahmen der Organisationsgewalt des Dienstherrn zur Verfügung gestellten und für die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben gewidmeten Stelle durchgeführt wird6. Die Zurverfügungstellung der jeweiligen Stelle ist dem Auswahlverfahren vorgelagert; sie ist nicht Anknüpfungspunkt des Grundsatzes der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG. Die einer Stellenbesetzung vorgelagerten Fragen, ob und ggf. wie viele Stellen (Ämter) mit welcher Wertigkeit geschaffen werden, unterfällt der Organisationsgewalt des Dienstherrn7. In Ausübung seines Organisationsermessens hat der Dienstherr insbesondere Zahl und Art der Stellen im öffentlichen Dienst zu bestimmen8. Die Ausübung der Organisationsgewalt, vor allem die Feststellung des Stellen- bzw. Amtsbedarfs, wird nicht durch subjektive Rechtspositionen von Soldaten oder Beamten eingeschränkt9. Diese organisations- und haushaltsrechtlichen Vorentscheidungen, die erst zur Existenz eines verfügbaren öffentlichen Amtes führen, sind nicht Gegenstand, sondern Voraussetzung der Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 2 GG10.

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Diese Grundsätze gelten auch für die Entscheidung des Dienstherrn, ob ein bestimmter Dienstposten (hier: Leiter des Kompetenzzentrums Baumanagement) mit einem Soldaten (hier: Oberst, Besoldungsgruppe B 3 BBesO) oder mit einem Beamten (hier: Direktor bei einer wehrtechnischen Dienststelle, Besoldungsgruppe B 3 BBesO) besetzt werden soll. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat die Beklagte den streitbefangenen Dienstposten durch den Organisations- und Dienstpostenplan ausschließlich für einen Soldaten und konkret für das Amt des Oberst (B 3 BBesO) vorgesehen. Hierbei handelt es sich um eine der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerte Schaffung einer für ein bestimmtes Amt im statusrechtlichen Sinne innerhalb der Gruppe der Soldaten vorgesehenen Stelle.

Die vom Dienstherrn als Voraussetzung für die Stellenbesetzung angesehene Eigenschaft als Soldat ist der Stellenbesetzung vorgelagert und nicht Teil eines Anforderungsprofils11. Mit der Zuordnung des Dienstpostens zur Gruppe der Soldaten hat der Dienstherr überhaupt erst ein verfügbares öffentliches Amt geschaffen, das nicht Gegenstand, sondern Voraussetzung der Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 2 GG ist12. Der Grundsatz der Bestenauslese kann deshalb nur innerhalb dieser Zuordnung, also innerhalb der Gruppe der Soldaten Geltung beanspruchen.

Die Frage, ob die ausschließliche Zuordnung von Dienstposten innerhalb der Bundeswehrverwaltung (hier: zu der Großgruppe der Soldaten unter Ausschluss der Großgruppe der Beamten) ein Vorgang ist, der im allgemeinen Organisationsermessen des Dienstherrn liegt, oder ob Art. 87b GG das freie organisatorische Ermessen des Dienstherrn hinsichtlich der verbindlichen Zuordnung eines Dienstpostens für einen Soldaten einschränkt, ist insoweit nicht entscheidungsrelevant. Die aufgezeigte Alternative stellt sich nicht. Die Zuordnung des Dienstpostens unterliegt dem Organisationsermessen des Dienstherrn. Dabei ist der Dienstherr an gesetzliche und erst recht verfassungsrechtliche Vorgaben, zu denen auch Art. 87b GG gehört, gemäß Art.20 Abs. 3 GG gebunden13.

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Das Willkürverbot findet seine Grundlage im Rechtsstaatsgebot des Art.20 Abs. 3 GG sowie grundrechtlich im Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG14. Im konkreten Zusammenhang wäre das Willkürverbot verletzt, wenn der Dienstherr bei der Zuordnung von Stellen sachfremde Erwägungen anstellen würde. Davon kann allerdings bei der Zuordnung von Stellen zur Gruppe der Soldaten dann nicht ausgegangen werden, wenn es – wie hier – erkennbar darum geht, soldatische Kompetenz in eine Stelle einzubringen. Unabhängig von der Frage, ob auch ein Beamter soldatisches Wissen und soldatische Erfahrungen haben kann, ist es jedenfalls nicht willkürlich, Stellen mit entsprechenden Anforderungen von vornherein Soldaten vorzubehalten.

Die Frage, ob es mit Art. 87b GG vereinbar ist, Dienstposten der Bundeswehrverwaltung, die mit Statusämtern der Verwaltung verknüpft sind, ausschließlich Soldaten zuzuweisen, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Der Kläger geht davon aus, dass die streitbefangene Stelle im Haushaltsplan dem höheren allgemeinen Verwaltungsdienst zugeordnet ist. Dies trifft so nicht zu. Für den Bereich der Bundeswehrverwaltung sieht der Bundeshaushaltsplan vielmehr 20 sog. Wechselstellen der Besoldungsgruppe B 3 BBesO vor, die „mit fachlich ausgebildeten Soldatinnen und Soldaten besetzt werden“ dürfen -Anlage zu § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014)15, Einzelplan 14, Kapitel 1404, Haushaltsvermerk zu Titel 422 01, Nr. 3, S. 154, sowie Anlage zu § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015)16, Einzelplan 14, Kapitel 1404, Haushaltsvermerk zu Titel 422 01, Nr. 3, S. 156. Eine normative Festlegung, die den konkreten Dienstposten einem Beamten zuweist, ist damit weder dargelegt noch ersichtlich.

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Auch auf die Frage, ob es mit Art. 87b GG bzw. mit dem aus ihm folgenden Trennungsgebot vereinbar ist, Wechseldienstposten auszuweisen, kommt es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an, weil dem aus Art. 87b Abs. 1 Satz 1 und 2 GG folgenden Trennungsgebot kein subjektiv-rechtlicher Charakter zukommt. Wie bereits aufgeführt, ist die Zuordnung der streitbefangenen Stelle zur Gruppe der Soldaten der Auswahlentscheidung vorgelagert und damit außerhalb des Schutzbereichs des Art. 33 Abs. 2 GG17, der hier allein subjektive Rechte des Klägers vermitteln könnte. Diese Zuordnung unterliegt auch nicht als objektive Norm der inzidenten gerichtlichen Kontrolle. Auch diese kann nur greifen, wenn im Rahmen des Anwendungsbereichs von Art. 33 Abs. 2 GG mit der Auswahl eines anderen Kandidaten gegen objektives Recht verstoßen wird18. Die weitere höchstrichterliche Rechtsprechung, welche sich mit der gerichtlichen Kontrolle etwa des Zuschnitts eines Dienstpostens befasst, betrifft jeweils nur die Überprüfung des Anforderungsprofils eines Dienstpostens, nicht aber die Frage der Zurverfügungstellung der ihm zugrunde liegenden Stelle19.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. April 2016 – 2 B 104.15

  1. BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.10.2007 – 2 BvR 2457/04, NVwZ 2008, 194[]
  2. BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 – 2 C 17.03, BVerwGE 122, 237, 239 m.w.N.[]
  3. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 – 2 C 37.04, BVerwGE 124, 99, 102[]
  4. vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.10.2007 – 2 BvR 2457/04, NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 – 2 A 3.00, BVerwGE 115, 58, 59 ff.[]
  5. BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 – 2 A 9.07, BVerwGE 132, 110 Rn. 49[]
  6. vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.12 2015 – 2 B 40.14, Rn. 17, dort zur Zuordnung eines Dienstpostens zu einer Teilstreitkraft der Bundeswehr[]
  7. BVerwG, Urteile vom 28.10.2004 – 2 C 23.03, BVerwGE 122, 147, 153; vom 16.10.2008 – 2 A 9.07, BVerwGE 132, 110 Rn. 54; und vom 30.06.2011 – 2 C 19.10, BVerwGE 140, 83 Rn. 27 f.[]
  8. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2011 – 2 BvR 2305/11, NVwZ 2012, 368 Rn. 13; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.01.2015 – 4 S 43.14 – LKV 2015, 137 Rn. 6[]
  9. BVerwG, Urteil vom 13.12 2012 – 2 C 11.11, BVerwGE 145, 237 Rn.20 m.w.N.[]
  10. BVerwG, Beschluss vom 23.12 2015 – 2 B 40.14, Rn. 17 m.w.N.[]
  11. ebenso BVerfG, Beschluss vom 25.11.2011 – 2 BvR 2305/11, NVwZ 2012, 368 Rn.20 zur Angestellten- oder Beamteneigenschaft im Hinblick auf Art. 33 Abs. 4 GG[]
  12. vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.12 2015 – 2 B 40.14, Rn. 17[]
  13. vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – BVerfGK 12, 265, 270[]
  14. BVerfG, Urteil vom 27.05.1992 – 2 BvF 1/88, BVerfGE 86, 148, 250, 251; Beschluss vom 18.04.1996 – 1 BvR 1452/90 u.a., BVerfGE 94, 12, 34[]
  15. vom 15.07.2014, BGBl. I S. 914[]
  16. vom 23.12 2014, BGBl. I S. 2442[]
  17. vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12 2012 – 2 C 11.11, BVerwGE 145, 237 Rn.20[]
  18. BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 – 2 A 9.07, BVerwGE 132, 110 Rn. 50[]
  19. vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – BVerfGK, 12, 265, 270; BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 – 2 C 23.03, BVerwGE 122, 147, 153, Beschlüsse vom 20.06.2013 – 2 VR 1.13, BVerwGE 147, 20 Rn. 25; und vom 19.12 2014 – 2 VR 1.14, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 24[]
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