BTM-Einfuhr – und die Strafbarkeit des Empfängers

Es ist nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr das Rauschgift eigenhändig ins Inland verbringt.

BTM-Einfuhr – und die Strafbarkeit des Empfängers

Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt1.

Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Eigeninteresses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen2.

Entscheidender Bezugspunkt für all diese Merkmale ist der Einfuhrvorgang selbst, wobei dem Interesse des mit den zu beschaffenden Betäubungsmitteln Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt3.

Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet.

Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr4.

Weiterlesen:
BTM-Handel in mehreren Einzelgeschäften - und die nicht geringe Menge

Nach diesen Maßstäben begegnete in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als Mittäterschaft an der Einfuhr durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Angeklagte hatte zwar ein nicht unerhebliches Interesse an dem Erwerb der Betäubungsmittel sowie deren Transport nach Deutschland, da er diese teilweise mitverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Dies begründet hier jedoch mit Blick auf den Umfang seiner Tatbeteiligung und seine fehlende Tatherrschaft ebenso wenig eine (Mit)Täterschaft an der Einfuhr wie der Umstand, dass er jeweils – falls erforderlich – telefonischen Kontakt hielt. Es bleibt nach den getroffenen Feststellungen bereits unklar, ob der Angeklagte während der Einfuhrvorgänge tatsächlich mit seiner Lebensgefährtin telefonierte und unter welchen Umständen ein Telefonkontakt erforderlich werden konnte oder sollte. Den Feststellungen lässt sich daher nicht entnehmen, dass der Angeklagte einen auch nur geringen Einfluss auf den konkreten Transport der Betäubungsmittel von den Niederlanden nach Deutschland hatte. Diesen führte vielmehr allein seine ebenfalls mit erheblichem Eigeninteresse handelnde Lebensgefährtin aus. Bei dem Erwerb der Betäubungsmittel war der Angeklagte ebenso wenig zugegen wie bei der sich anschließenden Rückfahrt nach Deutschland. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatplan und das im Vorfeld zur Tat von dem Angeklagten mit dem Verkäufer geführte Telefonat vermag die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist5. Denn ein solcher Beurteilungsspielraum wäre aus den dargelegten Gründen hier jedenfalls überschritten.

Weiterlesen:
Unterbringung in der Psychiatrie - und der länger andauernde Defekt

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. Juni 2016 – 3 StR 221/16

  1. st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22.07.1992 – 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319; Beschluss vom 05.04.2016 – 3 StR 554/15, NStZ-RR 2016, 209, 210; jeweils mwN[]
  2. st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 11.07.1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33; vom 31.03.2015 – 3 StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260[]
  3. vgl. BGH, Beschlüsse vom 27.05.2014 – 3 StR 137/14, StV 2015, 633; vom 02.06.2016 – 1 StR 161/16 3 f.; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 166 mwN[]
  4. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 167 mwN[]
  5. vgl. BGH, Urteile vom 17.10.2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; und vom 10.12 2013 – 5 StR 387/13 10[]