Das nicht abgeholte Einschreiben mit Rückschein – und die Zustellfiktion

Es gibt keine Zustellungsfiktion bei Nichtabholung eines durch Einschreiben mit Rückschein zuzustellenden Schriftstückes.

Das nicht abgeholte Einschreiben mit Rückschein – und die Zustellfiktion

Gemäß § 37 StPO gelten im Strafprozess für das Zustellungsverfahren die Vorschriften der ZPO entsprechend. Nach § 175 ZPO kann ein Schriftstück grundsätzlich auch durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden, wobei zum Nachweis der Zustellung der Rückschein genügt. Die gewählte Zustellungsart (Einschreiben mit internationalem Rückschein) ist demnach grundsätzlich auch bei einem polnischen Staatsbürger mit Wohnsitz ebendort nicht zu beanstanden, Anlage III zu Anhang II RIVAST.

Bei einer Zustellung gemäß § 175 StPO durch Einschreiben mit Rückschein ist die Zustellung ausgeführt mit Übergabe an den Adressaten oder Bevollmächtigten oder einen Ersatzempfänger wie einen Familienangehörigen oder eine in Wohnung oder Geschäft regelmäßig beschäftigte Person1.

Dies ist vorliegend sicher nicht erfolgt.

Ob der Angeklagte durch die polnische Post tatsächlich entsprechend der Angaben aus dem Vermerk vom 10.07.2014 über die Niederlegung des Strafbefehlsbriefes bei der Post informiert worden ist, kann allerdings genauso wie die Frage, ob dem Brief eine polnische Übersetzung des Strafbefehls beigefügt worden war, dahinstehen, denn die Verweigerung der Entgegennahme durch Nichtabholung der Sendung in der gesetzten Frist führt nicht zur Fiktion der Zustellung. Wird das Schriftstück trotz Benachrichtigung nicht abgeholt, führt dies zur Rücksendung des Briefes als unzustellbar. Trotz Annahmeverweigerung kommt die Zustellfiktion des § 179 S. 3 ZPO im Fall der Zustellung gemäß § 175 ZPO nicht in Betracht, die Norm ist bei einer Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein grundsätzlich nicht anwendbar2.

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Lücken in der Beweiswürdigung

Da der Strafbefehl auch in der Folge aufgrund des zweiten Zustellversuchs entsprechend der o.a. Erörterungen nicht wirksam zugestellt wurde, war die Einspruchsfrist jedenfalls noch nicht abgelaufen. Der Einspruch war nicht verfristet und hätte nicht als unzulässig verworfen werden dürfen, ohne dass es einer Entscheidung über den vorsorglich gestellten Wiedereinsetzungsantrag bedarf.

Landgericht Rostock, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 13 Qs 227/14 (72)

  1. Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar, 35. Auflage 2014, § 175 Rn. 4[]
  2. Hüßtege a.a.O. m.w. N.[]