Der Hang – aufgrund psychischer Disposition

Ein Hang im Sinne von § 64 Satz 1 StGB liegt nicht nur im Falle einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit vor.

Der Hang – aufgrund psychischer Disposition

Vielmehr genügt bereits eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, wobei noch keine physische Abhängigkeit bestehen muss1.

Einer Neigung, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, steht nicht ohne Weiteres entgegen, dass er gleichwohl in der Lage wa, die abgeurteilten Straftaten zu begehen.

Die Beeinträchtigung der Gesundheit oder der Arbeits- und Leistungsfähigkeit durch den Rauschmittelkonsum indiziert zwar einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB, ihr Fehlen schließt diesen indes nicht aus2.

Darüber hinaus steht auch die aktuelle Therapieunwilligkeit einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht notwendig entgegen. Mangelnde Therapiebereitschaft kann zwar im Einzelfall gegen die Erfolgsaussicht der Maßregel (§ 64 Satz 2 StGB) sprechen. Liegt sie vor, so ist es jedoch geboten, im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Umstände die Gründe des Motivationsmangels festzustellen und zu prüfen, ob eine Therapiewilligkeit für eine erfolgversprechende Behandlung geweckt werden kann; denn gerade auch darin kann das Ziel einer Behandlung im Maßregelvollzug bestehen3.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. April 2016 – 3 StR 48/16

  1. BGH, Beschlüsse vom 04.04.1995 – 4 StR 95/95, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; vom 13.01.2011 – 3 StR 429/10[]
  2. BGH, Urteil vom 15.05.2014 – 3 StR 386/13 10; Beschluss vom 03.02.2016 – 1 StR 646/15 11[]
  3. vgl. BGH, Beschlüsse vom 19.03.2004 – 2 StR 513/03, NStZ-RR 2004, 263; vom 15.12 2009 – 3 StR 516/09, NStZ-RR 2010, 141[]
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