Anhörung durch das Berufungsgericht – und das vereinfachte schriftliche Verfahren

Die Rüge einer Verletzung der Pflicht zur Anhörung nach § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO vor Erlass eines Beschlusses nach § 130a VwGO hat dann Erfolg, wenn diese Anhörung unterblieben ist. In einem solchen Fall ist die Entscheidung des Berufungsgerichts gemäß § 138 Nr. 3 VwGO stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen.

Anhörung durch das Berufungsgericht – und das vereinfachte schriftliche Verfahren

Die Rüge einer Verletzung der Pflicht zur Anhörung nach § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO vor Erlass eines Beschlusses nach § 130a VwGO hat dann Erfolg, wenn diese Anhörung unterblieben ist. In einem solchen Fall ist die Entscheidung des Berufungsgerichts gemäß § 138 Nr. 3 VwGO stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein Beteiligter nach der ersten Anhörung einen Beweisantrag stellt, der – würde eine mündliche Verhandlung durchgeführt – gemäß § 86 Abs. 2 VwGO beschieden werden müsste. In einem solchen Fall wird das Gericht seiner Anhörungspflicht in der Regel nur dadurch gerecht, dass es den Beteiligten durch eine erneute Anhörung auf die unverändert beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss und damit darauf hinweist, dass es dem Beweisantrag nicht nachgehen werde.

Der Zweck des in dem Verfahren nach § 130a VwGO nicht anzuwendenden, jedoch seinem Sinne nach zu wahrenden § 86 Abs. 2 VwGO besteht darin, einerseits das Gericht zu veranlassen, sich vor Erlass der Sachentscheidung über die Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags schlüssig zu werden, und andererseits die Beteiligten auf die durch die Ablehnung des Beweisantrags entstandene prozessuale Lage hinzuweisen. Dies wird durch die erneute Anhörung erreicht; durch sie wird dem Beweisführer vor allem die Einschätzung ermöglicht, wie das Gericht seinen nach der ersten Anhörung gestellten Beweisantrag bewertet1.

Weiterlesen:
Das Verwaltungsgericht als Postverteilungsstelle - oder: was tun mit einem Querulanten?

Von der erneuten Anhörung kann das Berufungsgericht jedoch in verfahrensfehlerfreier Weise absehen, wenn das Vorbringen des Beteiligten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die Entscheidung erheblich ist. Maßgeblich für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit ist dabei die materiell-rechtliche Auffassung des Berufungsgerichts. Entsprechendes gilt für die Behandlung von Beweisanträgen, sodass das Gericht etwa von einer erneuten Anhörung absehen darf, wenn das unter Beweis gestellte Vorbringen als wahr unterstellt wird oder es nicht entscheidungserheblich ist und es dementsprechend auf das angebotene Beweismittel nicht ankommt2. Hält das Berufungsgericht an einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung fest, muss sich aus den Entscheidungsgründen seines Beschlusses ergeben, dass es die Ausführungen des Beteiligten zur Kenntnis genommen und dessen Vortrag und Beweisanträge vorher auf eine Rechtserheblichkeit geprüft hat3. Hiermit zusammenhängend muss im Gegenzug die von dem Beteiligten erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wegen Unterlassens einer erneuten Anhörung erkennen lassen, welcher erhebliche Vortrag noch angebracht worden wäre und durch die unterbliebene Anhörung abgeschnitten worden sein soll4.

Nach diesen Maßstäben ist eine zweite Anhörungsfrist trotz des vom Kläger gestellten Beweisantrags überhaupt entbehrlich, wenn das Beweisthema in diesem Beweisantrag vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet nicht entscheidungserheblich ist.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 3. September 2015 – 2 B 29.2014 –

  1. BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 – 11 C 48.92, Buchholz 442.151 § 46 StVO Nr. 10 sowie Beschlüsse vom 10.04.1992 – 9 B 142.91, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 5 S. 6; vom 22.06.2007 – 10 B 56.07 8; und vom 15.05.2008 – 2 B 77.07, NVwZ 2008, 1025, 1026[]
  2. BVerwG, Beschlüsse vom 01.12 1999 – 9 B 434.99, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 45 S. 26; vom 04.04.2003 – 1 B 244.02, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 62 S. 49; und vom 02.03.2010 – 6 B 72.09, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 80 Rn. 8[]
  3. BVerwG, Beschlüsse vom 22.06.2007 a.a.O. Rn. 9 f.; und vom 15.05.2008 a.a.O. S. 1027[]
  4. BVerwG, Beschluss vom 28.04.1997 – 6 B 6.97 7 f.[]
Weiterlesen:
Beschränkung eines Rechtsmittels