Abzugsbeträge bei KfW-Förderdarlehen

Der Bundesgerichtshofs hatte sich in vier Verfahren mit Ansprüchen von Darlehensnehmern auf Rückzahlung von Abzugsbeträgen zu befassen, die Kreditinstitute im Rahmen von aus Fördermitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährten Darlehen aufgrund formularmäßiger Bestimmungen in den Darlehensverträgen in Höhe von jeweils 4% des Darlehensnennbetrages einbehielten.

Abzugsbeträge bei KfW-Förderdarlehen

Zur Refinanzierung hatten die Kreditinstitute mit der KfW jeweils Darlehensverträge abgeschlossen, die ebenfalls Abzugsbeträge in Höhe von 4% des Darlehensnennbetrages zugunsten der KfW vorsahen. Die Klagen aller Darlehensnehmer waren sowohl erstinstanzlich vor den Amtsgerichten Rinteln1, Bamberg (AG Bamberg, Urteil vom 23.05.2014 – 0120 C 1231/13)), Obernburg2 und Osnabrück3 wie auch in den Berufungsinstanzen vor den Landgerichten Bückeburg4, Aschaffenburg5 und Osnabrück6 erfolglos. Der Bundesgerichtshof hat nun auch die Revisionen der Darlehensnehmer in den drei Fällen zurückgewiesen, in denen die Darlehensverträge vor dem 11. Juni 2010 geschlossen wurden. In dem Verfahren, dem ein nach diesem Tag abgeschlossener Darlehensvertrag zugrunde lag, hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen worden, damit fehlende tatsächliche Feststellungen zur Anwendung neuer Regelungen des Verbraucherdarlehensrechts nachgeholt werden können:

In dem ersten Verfahren7 ist in den zwischen den klagenden Darlehensnehmern und dem Kreditinstitut geschlossenen Darlehensvertrag folgende streitige Klausel über Abzugsbeträge einbezogen worden: „Es wird ein Disagio (Abzug vom Nennbetrag des Kredits) von 4,00% erhoben. Dieses umfasst eine Risikoprämie von 2,0% für das Recht zur außerplanmäßigen Tilgung d. Kredits während d. Zinsfestschreibung u. 2,0% Bearbeitungsgebühr.“

Die Darlehensnehmer halten diese Klausel für unwirksam. Die Revision der Darlehensnehmer gegen die Abweisung ihrer Klage auf Rückzahlung des Abzugsbetrags blieb auch vor dem Bundesgerichtshof ohne Erfolg: Den klagenden Darlehensnehmern steht nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs kein Anspruch auf Rückzahlung des Abzugsbetrags gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil die streitige Klausel wirksam ist.

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Die streitige Klausel enthält zwei inhaltlich voneinander zu trennende Regelungen. Der Abzugsbetrag von 4% ist nämlich in eine Bearbeitungsgebühr von 2% und in eine Risikoprämie von 2% aufgeteilt, die jeweils Gegenstand einer eigenständigen AGB-rechtlichen Wirksamkeitsprüfung sind.

Die den Darlehensnehmern in der Klausel eingeräumte Möglichkeit, das Förderdarlehen, auf das § 502 BGB in der ab dem 11. Juni 2010 geltenden Fassung keine Anwendung findet, jederzeit während der andauernden Zinsbindung zu tilgen, ohne zur Abgeltung der rechtlich gesicherten Zinserwartung des beklagten Kreditinstituts eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen (Risikoprämie), stellt einen wirtschaftlichen Vorteil dar. Diese somit zusätzlich angebotene Leistung darf die Bank gesondert in Form einer Risikoprämie – hier in Höhe von 2% des Darlehensnennbetrages – bepreisen, ohne dass dies einer AGB-rechtlichen Inhaltsunterkontrolle unterliegt.

Soweit die Klausel darüber hinaus eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 2% vorsieht, handelt es sich zwar um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Denn mit der Bearbeitungsgebühr wird Aufwand bepreist, der keine Sonderleistung betrifft, sondern der Beschaffung des Förderdarlehens dient und damit bei der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch das Kreditinstitut entsteht. Dass dieser Aufwand nicht unmittelbar bei dem beklagten Kreditinstitut entstanden ist, sondern von diesem einem Dritten, hier der KfW, zu erstatten ist, ändert an der Kontrollfähigkeit der Klausel nichts.

Die Klausel hält aber einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand, da sie die Darlehensnehmer auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt. Bei der Abwägung war auf die mit den Förderbedingungen verfolgten Zwecke der Förderung abzustellen. Denn bei dem Darlehen handelt es sich nicht um eines, das nach den Bedingungen des Kapitalmarktes vergeben wurde, sondern um die zweckgebundene Gewährung besonders günstiger Mittel zur Förderung wirtschaftspolitischer Ziele, bei der das Bearbeitungsentgelt Teil der vorgegebenen Förderbedingungen ist. Die Gewährung der Förderdarlehen dient von vornherein nicht der Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen der KfW, sondern beruht auf dem staatlichen Auftrag, in den von § 2 Abs. 1 KredAnstWiAG erfassten Bereichen finanzielle Fördermaßnahmen durchzuführen. In den wirtschaftlichen Vorteilen solcher Förderdarlehen gegenüber Krediten zu Marktbedingungen geht bei der gebotenen pauschalisierenden Gesamtbetrachtung eine nach den Förderbedingungen zu erhebende, laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühr auf.

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Nach diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof auch die Revisionen der Darlehensnehmer in zwei weiteren Verfahren8 zurückgewiesen, da in die dort geschlossenen Darlehensverträge sachlich vergleichbare Klauseln einbezogen waren.

In dem vierten Verfahren9 hat der Bundesgerichtshof dagegen das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht, das Landgericht Osnabrück, zurückverwiesen. Der diesem Verfahren zu Grunde liegende Darlehensvertrag wurde nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie am 11. Juni 2010 geschlossen. Nach dem dabei neu eingeführten § 500 Abs. 2 BGB ist ein Darlehensnehmer berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise zu erfüllen. Die von ihm im ungünstigsten Fall gemäß § 502 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung darf 1% des vorzeitig zurückgezahlten Betrags nicht überschreiten und ist damit stets geringer als der von der Beklagten in diesem Fall einbehaltene Abzugsbetrag in Höhe von 4% des Darlehensnennbetrags. Danach würde die Klausel bei der Bepreisung des Verzichts auf die Vorfälligkeitsentschädigung zu Lasten des Klägers von § 502 Abs. 1 BGB abweichen und unterläge gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Da zudem gemäß § 511 Satz 1 BGB von den genannten gesetzlichen Regelungen bei einem Verbraucherdarlehen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf, würde die streitige Klausel den Kläger unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligen und wäre damit im Rahmen des im Revisionsverfahren zu unterstellenden Verbraucherdarlehensvertrages unwirksam.

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Da das Landgericht Osnabrück aber keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen hat, ob der vorliegende Darlehensvertrag ein Verbraucherdarlehen darstellt, kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die § 500 Abs. 2, § 502 Abs. 1 BGB auf das vorliegende Darlehen anzuwenden sind. Deswegen war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 16. Februar 2016 – XI ZR 454/14; XI ZR 63/15; XI ZR 73/15; und XI ZR 96/15

  1. AG Rinteln, Urteil vom 21.11.2013 – 2 C 67/13[]
  2. AG Obernburg a. Main, Urteil vom 14.05.2014 – 14 C 408/13[]
  3. AG Osnabrück, Urteil vom 16.04.2014 – 45 C 23/14 (25) []
  4. LG Bückeburg, Urteil vom 11.09.2014 – 1 S 60/13), Bamberg ((LG Bamberg, Urteil vom 09.01.2015 – 3 S 80/14[]
  5. LG Aschaffenburg, Urteil vom 15.01.2015 – 22 S 104/14[]
  6. LG Osnabrück, Urteil vom 20.02.2015 – 7 S 202/14[]
  7. BGH – XI ZR 454/14[]
  8. BGH – XI ZR 63/15 und XI ZR 73/15[]
  9. BGH – XI ZR 96/15[]