Formularzwang und Layoutabweichungen in der Zwangsvollstreckung

Veränderungen am amtlichen Formular i.S.d. § 3 ZVFG, 829 Abs. 4 S. 2 ZPO entsprechen nicht dem gesetzlich vorgeschriebenen Gebrauch des Formulars, darauf gestützte Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sind unzulässig. Das gilt bereits bei einer einzelnen Änderung des Formulars. Und nach Ansicht des des Amtsgerichts Mannheim auch bereits bei (leichten) Abweichungen vom amtlichen Layout.

Formularzwang und Layoutabweichungen in der Zwangsvollstreckung

Diese rein formalistische Betrachtung entspricht zwar in seiner Striktheit nicht unbedingt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Formularzwang in der Zwangsvollstreckung, zeigt aber gleichwohl die Risiken, zumindest wenn es um eine zügige Vollsreckung geht.

Die „arbeitsschonende“ Argumentation des Amtsgerichts Mannheim:

Das Bundesministerium der Justiz hat am 23.08.2012 von der Ermächtigung in § 829 Abs. 4 Satz 1 ZPO Gebrauch gemacht, Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen.

Die Verordnung wurde am 31.08.2012 im Bundesgesetzblatt I Nr. 40, S. 1822 veröffentlicht und ist am 01.September 2012 in Kraft getreten.

Seit dem 01.03.2013 sind nach § 3 ZVFV i. V. m. § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO „die gemäß den §§ 1 und 2 eingeführten Formulare verbindlich zu nutzen.“

Zur Frage, wie der bei Amtsgericht einzureichende Antrag auszusehen hat, äußert sich das Bundesministerium der Justiz auf seiner homepage (Antwort Nr. 15 auf „häufig gestellte Fragen“) wie folgt:

Der äußere Aufbau der Formulare und ihr Inhalt werden durch die Veröffentlichung der Rechtsverordnung im Bundesgesetzblatt bestimmt und bringen das vom Bundesjustizministerium Gewollte zum Ausdruck.

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Weiter wird ausgeführt, dass Bearbeitungen des amtlichen Formulars z.B. zur Einbindung in Anwaltssoftware möglich ist (Antwort Nr. 22 auf „häufig gestellte Fragen“):

Die PDF-Dateien der Formulare sind ohne Kennwortschutz auf der Seite des Bundesministeriums der Justiz in das Internet eingestellt worden. Bei PDF-Formularen ohne Kennwortschutz besteht – mit einer entsprechenden Software – die Möglichkeit, aus diesen Formularen ein bearbeitbares nicht vollständig layoutgetreues – Word-Dokument zu erstellen. Nach Durchführung von weiteren Nacharbeiten kann ebenfalls eine Darstellung erreicht werden, die der der bekannt gemachten Formulare entspricht.

Daraus ergibt sich, dass Vordrucke, die im Layout nicht mit dem amtlichen Vordruck übereinstimmen, nicht das zur Antragstellung zwingend zu verwendende amtliche Formular sind.

Der amtlich vorgeschriebene äußere Aufbau der Formulare (z.B. Rahmendicke auf Seite 1, abweichende Größe der anzukreuzenden Kästchen, unterschiedliche Unterstreichungen durch -verschiedene- Doppelstriche, andere Zeilen- oder Spaltenbreiten) ermöglicht es den Amtsgerichten, relativ einfach festzustellen, ob das amtliche Formular vorliegt (gegebenenfalls auch in bearbeiteter Form, die zu gleichem Layout führt) -oder ob ein zwar an das amtliche Formular angelehnter, jedoch letztlich eigener Antragsvordruck vorliegt.

Seit dem 01.03.2013 sind nach § 3 ZVFV i. V. m. § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO „die gemäß den §§ 1 und 2 eingeführten Formulare verbindlich zu nutzen.“, abweichende, selbst erstellte Vordrucke sind damit unzulässig.

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Das Bundesministerium der Justiz hat weiter unter Ziffer 18 der häufig gestellten Fragen zu den neuen Vordrucken ausgeführt:

Für das Ausfüllen der Formulare gilt deshalb im Grundsatz, dass der Antragsteller dem Amtsgericht Informationen, für die die Formulare keine Eintragungsmöglichkeit bzw. keinen oder keinen ausreichenden Platz bereithalten, ggf. durch die Nutzung der Freifelder oder durch die Beifügung einer Anlage zukommen lassen kann. Indes dürfen Freifelder oder Anlagen nur genutzt werden, wenn die Formulare in dem konkreten Fall keine ausreichenden Möglichkeiten zum Ausfüllen bieten. Sie dürfen mithin nicht genutzt werden, um die Strukturierung der Formulare zu verändern oder das Ausfüllen der in den Formularen vorgesehenen Felder zu umgehen.

In Bezug auf die Forderungsaufstellung kann dies ggf. auch in der Weise vorgenommen werden, dass die detaillierte Forderungsaufstellung in einer Anlage erfolgt, die Endbeträge jedoch in die Forderungsaufstellung des Formulars übernommen werden.

Eine Einreichung der amtlichen Formulare in Farbdruck wird -vorbehaltlich eventueller noch ergehender obergerichtlicher Entscheidungen- nicht gefordert, es müssen jedoch die amtlichen Formulare sein -und nicht nachgemachte eigene Vordrucke, die von der Darstellung abweichen, die im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.

Steht aber –schon bei einer einzigen Abweichung zum amtlichen Formular– fest, dass ein eigener Vordruck verwendet wurde, müsste das Amtsgericht den Vordruck von vorn bis hinten auf Übereinstimmung mit dem amtlichen Formular überprüfen, was der Intention des Gesetzgebers zur Einführung der amtlichen Vordrucke zuwider liefe.

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Konsequenz aus jeder einzelnen Abweichung zwischen Antrag und amtlichen Formular ist daher die Feststellung, dass es sich bei dem zur Antragstellung verwendeten Vordruck nicht um das amtliche Formular, sondern um einen Eigenvordruck handelt.

Die gesetzliche Folge hiervon ist, dass der Antrag gemäß § 3 ZVFV in Verbindung mit § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO unzulässig ist.

Stellt das Vollstreckungsgericht daher im Antrag auch nur eine einzige Abweichung zum amtlichen Formular fest, muss es den vorliegenden Antrag als unzulässig zurückweisen oder darauf hinweisen, dass der Antrag nicht auf dem amtlichen Formular gestellt ist und daher nochmals auf dem amtlichen Formular einzureichen ist.

Wird – wie im vorliegenden Fall – kein Antrag auf dem amtlichen Formular eingereicht, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

Würde nämlich das Vollstreckungsgericht „sehenden Auges“ einem Antrag stattgeben, der nicht auf dem amtlichen Formular gestellt ist, kämen Schadensersatz- bzw. Amtshaftungsansprüche eines eventuell deswegen ausfallenden nachrangigen Gläubigers in Betracht.

Selbst wenn das Vollstreckungsgericht feststellt, dass im verwendeten „Eigenvordruck“ keinerlei inhaltlichen Änderungen zum amtlichen Formular enthalten sind, sondern lediglich optische Änderungen an der im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Darstellung der amtlichen Formulare vorgenommen wurden, bleibt dem Vollstreckungsgericht in letzter Konsequenz keine andere Wahl, als den nicht auf dem amtlichen Formular gestellten Antrag zurückzuweisen.

Amtsgericht Mannheim, Beschluss vom 23. April 2013 – 653 M 372/13

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