Die Höhe des Schmerzensgeldes nach tödlicher Messerattacke

Bei einer Körperverletzung, an deren Folgen der Verletzte verstirbt, ist die Höhe des Schmerzensgeldes von der Schwere der Verletzungen, das durch sie bedingte Leiden, dessen Dauer, vom Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und vom Grad des Verschuldens des Schädigers abhängig. Daher werden nur die von dem Verletzten noch wahrgenommenen Verletzungen berücksichtigt, nicht das Leiden während einer Bewußtlosigkeit.

Die Höhe des Schmerzensgeldes nach tödlicher Messerattacke

So hat das Oberlandesgericht Oldenburg in dem hier vorliegenden Fall einer tödlichen Messerattacke entschieden, für die von den Eltern des Verstorbenen ein Schmerzensgeld eingeklagt worden ist. Nachdem das Landgericht Osnabrück den Eltern einen Betrag von 40.000,00 Euro zugesprochen hatte, ist dieses Urteil vom Oberlandesgericht Oldenburg auf einen Betrag von 7.500,00 Euro abgeändert worden.

In der Nacht zum 18. September 2011 traf der deutlich alkoholisierte 22-jährige Sohn der Kläger gegen 02:00 Uhr auf der Iburger Straße in Osnabrück auf eine Gruppe von Jugendlichen, darunter der 17 Jahre alte Beklagte. Es kam zu einem sog. Rempler, worauf der Beklagte den 22-Jährigen beleidigte. Obwohl sich die Situation zunächst entspannt zu haben schien, beschlossen die Jugendlichen grundlos, den 22-Jährigen gemeinsam zu verprügeln und versetzten ihm etliche Tritte und Schläge gegen Kopf und Körper. Nach einigen Minuten fasste der Beklagte den Entschluss, sein Messer einzusetzen, um den Angegriffenen kampfunfähig zu machen. Er stach ihm zunächst in den Rücken und, als dies keinen Erfolg zeigte, 15 cm tief in den Mittelbauch. Dadurch kam es bei dem 22-Jährigen zu schweren inneren Verletzungen. Er sank blutend zu Boden. Als gegen 02:08 Uhr der Rettungswagen eintraf, war er bereits bewusstlos. Um 03:29 Uhr starb er, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Der Beklagte wurde im Jahr 2012 zu siebeneinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt.

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Mit der Klage haben die Eltern des 22-Jährigen als dessen Erben den Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000,00 Euro in Anspruch genommen. Nachdem das Landgericht Osnabrück (Az.: 12 O 2593/13) ihnen einen Betrag in Höhe von 40.000,00 Euro zugesprochen hatte, ist vom Beklagten vor dem Oberlandesgericht Oldenburg Berufung eingelegt worden.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei für den Tod an sich und den Verlust an Lebenserwartung gesetzlich keine Entschädigung vorgesehen. Maßgeblich für die Höhe des Schmerzensgeldes bei einer Körperverletzung, an deren Folgen der Verletzte alsbald verstirbt, seien die Schwere der Verletzungen, das durch sie bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Dementsprechend dürften nur die von dem Sohn der Kläger noch wahrgenommenen Verletzungen berücksichtigt werden. Der Sohn der Kläger habe nur kurz gelitten. Zwischen dem Beginn des Angriffs und der bei ihm eingetretenen Bewusstlosigkeit hätten maximal acht Minuten gelegen. Dass er den Tod habe kommen sehen, lasse sich nicht feststellen.

Daher hat das Oberlandesgericht Oldenburg die Entscheidung des Landgerichts geändert und das Schmerzensgeld auf 7.500,00 Euro reduziert.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 9. Juni 2015 – 2 U 105/14