Gemeinsame Betriebskostenabrechnung für mehrere Wohnhäuser

Sofern vertragliche Abreden dem nicht entgegen stehen, ist der Vermieter preisfreien Wohnraums bei der Abrechnung der umlagefähigen Betriebskosten regelmäßig berechtigt, mehrere von ihm verwaltete und der Wohnnutzung dienende zusammenhängende Gebäude vergleichbarer Bauweise, Ausstattung und Größe zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen. Dies gilt auch dann, wenn nur hinsichtlich einzelner Betriebskosten (hier: Heizkosten) ein unabweisbares technisches Bedürfnis für eine gebäudeübergreifende Abrechnung besteht1.

Gemeinsame Betriebskostenabrechnung für mehrere Wohnhäuser

Formelle Wirksamkeit

Die Abgrenzung zwischen formeller Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung einerseits und deren inhaltlicher Richtigkeit andererseits richtet sich danach, ob der Mieter in der Lage ist, die Art des Verteilungsschlüssels der einzelnen Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an den Gesamtkosten rechnerisch nachzuprüfen (formelle Wirksamkeit). Ob die abgerechneten Positionen dem Ansatz und der Höhe nach zu Recht bestehen oder sonstige Mängel der Abrechnung vorliegen, etwa ein falscher Anteil an den Gesamtkosten zu Grunde gelegt wird, betrifft dagegen die inhaltliche Richtigkeit2. Gemessen an diesen Maßstäben berührt der Umstand, dass eine Nebenkostenabrechnung mehrere Häuser zu einer Wirtschafts- und Abrechnungseinheit zusammenfasst und nicht für jedes Gebäude getrennt die dort angefallenen Kosten ermittelt, nicht die formelle Wirksamkeit einer Nebenkostenabrechnung, sondern nur deren inhaltliche Richtigkeit3.

Inhaltliche Richtigkeit

Aber auch materiell führt nach Ansicht des Bundesgerichtshof eine gemeinsame Abrechnung für mehrere Gebäude unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu einer Unrichtigkeit der Betriebskostenabrechnung:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermieter bei preisfreiem Wohnraum nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB berechtigt, mehrere Gebäude zu einer Wirtschafts- und Abrechnungseinheit zusammenzufassen, soweit im Mietvertrag nichts anderes bestimmt ist4.

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In dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall enthielt der Mietvertrag keine ausdrücklichen Regelungen, die dem Vermieter eine hausbezogene Abrechnung vorschreiben, und auch eine stillschweigende Abrede über eine auf das einzelne Gebäude beschränkte Nebenkostenabrechnung lag nicht vor. Der Lagebeschreibung des Mietobjekts konnte eine solche konkludente Vereinbarung schon deswegen nicht entnommen werden, da eine rein hausbezogene Abrechnung schon deswegen von Anfang an nicht möglich war, weil die gesamte Häuserzeile durch eine Gemeinschaftsheizung versorgt wird4. Da die technischen Gegebenheiten von vornherein eine ausschließlich auf das einzelne Haus beschränkte Abrechnung sämtlicher Betriebskosten verhinderten, kann aus Sicht eines objektiven Empfängers der Objektbeschreibung nicht der Erklärungsgehalt beigemessen werden, dass die Umlage der Nebenkosten nach Einzelgebäuden erfolgen soll. Zudem kann aus der Beschreibung des Mietobjekts im Regelfall ohnehin keine rein gebäudebezogene Abrechnung der Betriebskosten hergeleitet werden, da die Parteien mit der Benennung des Orts, an dem die Mietsache belegen ist, regelmäßig nicht den Zweck verfolgen, auch die Abrechnungseinheit festzulegen5.

Auch beschränkt sich die Befugnis des Vermieters, die Häuserzeile zu einer Wirtschafts- und Abrechnungseinheit zusammenzufassen, nicht auf die Heizkosten, sondern erstreckt sich auf alle abgerechneten Betriebskosten. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 20. Juli 20054 die Möglichkeit einer umfassenden Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten nicht davon abhängig gemacht, dass bei sämtlichen Kostenpositionen eine gesonderte Abrechnung aus technischen Gründen unvermeidbar ist. Eine solche Aussage hat der Bundesgerichtshof schon deswegen nicht getroffen, weil in dem von ihm zu beurteilenden Fall lediglich über die Berechtigung des Vermieters zu einer einheitlichen Abrechnung der Heizkosten zu befinden war. Außerdem hat der BGH in der genannten Entscheidung die auf technischen Gründen beruhende Notwendigkeit einer einheitlichen Abrechnung auch im Rahmen der Heizkosten nicht zu einer unabdingbaren Voraussetzung für die Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten erhoben, sondern diesem Gesichtspunkt nur im Hinblick auf die Auslegung der vertraglichen Abreden Bedeutung beigemessen4.

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Wenn der Mietvertrag keine Festlegung darüber enthält, dass die Abrechnung der Betriebskosten gebäudebezogen zu erfolgen hat, hängt die Befugnis eines Vermieters zur Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten davon ab, ob die gesetzlichen Bestimmungen eine solche Abrechnungsweise erlauben. Dies ist zu bejahen.

§ 556 BGB beschränkt einen Vermieter nicht darauf, eine gebäudebezogene Abrechnung nur dann vorzunehmen, wenn dies aus technischen Gründen unvermeidbar ist6. Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht aus der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 556 Abs. 1 Satz 3 geschaffenen und zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Betriebskostenverordnung7. Zwar hat der Gesetzgeber hierbei die frühere Verweisung in § 556 Abs. 1 Satz 2 auf § 27 II. BV und die dort erwähnte „Wirtschaftseinheit“ mit Geltung zum 1. Januar 2002 durch die Betriebskostendefinition in § 1 Abs. 1 BetrKV ersetzt, die den Begriff der „Wirtschaftseinheit“ nicht mehr kennt. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sollte hiermit jedoch keine Änderung der geltenden Rechtslage bezweckt und insbesondere keine Verpflichtung zur Abrechnung nach kleinstmöglichen Einheiten begründet werden8. Vielmehr ist in der amtlichen Begründung zu § 1 Abs. 1 BetrKV der ausdrückliche Hinweis enthalten: „Die Bildung von Abrechnungs- und Wirtschaftseinheiten nach den bisher anerkannten Kriterien bleibt zulässig“9.

Der in der amtlichen Begründung zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, die Abrechnung nach Wirtschaftseinheit auch weiterhin zuzulassen, entspricht im Übrigen auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 556 Abs. 3 BGB, da sich bei Bildung größerer Abrechnungseinheiten regelmäßig Kostenvorteile ergeben. Der Einwand, dass sich die Abrechnung nach Wirtschaftseinheit wegen der Einbeziehung eines größeren Nutzerkreises im Einzelfall auch nachteilig für den Mieter auswirken könne und somit die Vereinbarung einer Abrechnung nach Wirtschaftseinheit oder eine diesbezügliche Bestimmung des Vermieters gegen § 556 Abs. 4 BGB verstoße10, ist schon deswegen nicht stichhaltig, weil nach der Einschätzung des Gesetzgebers eine Abrechnung nach größeren Einheiten bei Beachtung der in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Kriterien den Mieter nicht unbillig oder unzumutbar belastet. Ein Vermieter ist daher in den Grenzen des § 315 BGB nach wie vor berechtigt, eine Abrechnung der Nebenkosten auf der Grundlage der von ihm gebildeten Wirtschaftseinheit vorzunehmen, soweit mietvertragliche Regelungen dem nicht entgegenstehen oder den Abrechnungsmodus eigenständig regeln11.

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Gemessen am Maßstab des § 315 BGB war im konkreten, vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die vom Vermieter gewählte Abrechnung nach der Wirtschaftseinheit „A. straße 57 – 61“ nicht zu beanstanden. Die zu einer Wirtschaftseinheit zusammengefassten, der Wohnnutzung dienenden drei Gebäude unterliegen einer einheitlichen Verwaltung. Außerdem sind sie Bestandteil einer zusammenhängend errichteten Häuserzeile und in Bauweise, Gesamtwohnfläche und Ausstattung weitgehend baugleich. Damit liegen sämtliche von der Rechtsprechung und vom Schrifttum für eine der Billigkeit entsprechende Zusammenfassung mehrerer Gebäude zu einer einheitlichen Abrechnungseinheit geforderten Voraussetzungen vor12.

Die Abrechnung nach der gebildeten Wirtschaftseinheit ist auch nicht deswegen unbillig, weil einzelne Kostenpositionen – etwa die Grundsteuer – getrennt abgerechnet werden könnten13. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass bei einzelnen Kostenpositionen auf den Kläger ein höherer Anteil entfällt als bei einer rein gebäudebezogenen Abrechnung. Diese mögliche Mehrbelastung dürfte aber regelmäßig schon dadurch aufgewogen werden, dass die einheitliche Bewirtschaftung mehrerer Gebäude in bestimmten Bereichen (so etwa bei den Hauswartkosten oder den Versicherungsaufwendungen) weniger Kosten verursacht als die getrennte Verwaltung einzelner Objekte, so dass die hierbei auf den einzelnen Mieter entfallenden Gesamtkosten in aller Regel nicht höher ausfallen als bei einer gesonderten Veranlagung.

Hinzu kommt, dass im Streitfall keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Meter durch die gebäudeübergreifende Abrechnung bei einzelnen Kostenpositionen mit übermäßigen, dem Wohnwert des Mietobjekts nicht mehr entsprechenden Aufwendungen belastet wird. Dies gilt auch für die Umlegung der Grundsteuer. Zwar ist das Grundstück A. straße 61 größer als die beiden anderen Grundstücke, weil sich auf ihm zusätzlich 15 Garagen befinden. Diese Garagen stehen aber den Mietern aller drei Gebäude zur Verfügung. Da somit dem Kläger durch die einheitliche Abrechnung keine greifbaren und unzumutbaren Nachteile entstehen und zudem bei einer Differenzierung des Abrechnungsmodus je nach Kostenposition (einheitliche Abrechnung bei faktischen Hindernissen, ansonsten getrennte Abrechnung) nicht nur der Berechnungsaufwand, sondern auch die Fehleranfälligkeit erhöht würde und daher eine getrennte Abrechnung wirtschaftlich und abrechnungs-technisch unvernünftig erscheint, entspricht die von der Beklagten gewählte Abrechnungsweise billigem Ermessen nach § 315 BGB. Der von der Beklagten gewählte Abrechnungsmodus berechtigt den Kläger daher nicht, eine Neube-rechnung zu verlangen.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Oktober 2010 – VIII ZR 73/10

  1. Weiterführung von BGH, Urteil vom 20.07.2005 – VIII ZR 371/04, NJW 2005, 3135; Urteil vom 14.07.2010 – VIII ZR 290/09[]
  2. BGH, Urteil vom 19.11.2008 – VIII ZR 295/07[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2005 – VIII ZR 371/04, NJW 2005, 3135[]
  4. BGH, Urteil vom 20.07.2005 – VIII ZR 371/04[][][][]
  5. vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 556a BGB Rn. 5; i.E. auch Staudinger/Weitemeyer, BGB, Neubearb. 2006, § 556a Rn. 27; Langen-berg, Betriebskostenrecht, 5. Aufl., Rn. F 48[]
  6. so aber Blank/Börstinghaus, aaO, § 556a BGB Rn. 11; noch restriktiver Langenberg, NZM 2004, 41, 46[]
  7. BetrKV – BGBl. I S. 2346[]
  8. BR-Drs. 568/03, abgedruckt in WuM 2003, 675, 681[]
  9. BR-Drs. 568/03, aaO[]
  10. vgl. hierzu etwa Blank/Börstinghaus, aaO; Langenberg, NZM 2004, aaO[]
  11. so auch Staudinger/Weitemeyer, BGB, Neubearb. 2006, § 556, Rn. 16; § 556a, Rn. 27; MünchKommBGB/Schmid, 5. Aufl., § 556a Rn. 19 f.; Soergel/Heintzmann, BGB, 13. Aufl., § 556a Rn. 3; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 2. Aufl., § 556 Rn. 16; § 556a Rn. 23; einschränkend LG Itzehoe, ZMR 2004, 198; AG Pinneberg, WuM 2004, 537; WuM 2006, 379; ZMR 2006, 939; Rips in Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskostenkommentar, 2. Aufl., Rn. 1263 ff.; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. V 235 f.; Schmidt-Futterer/Langenberg, aaO, § 556a BGB Rn. 61[]
  12. vgl. etwa OLG Koblenz, WuM 1990, 268, 269; LG Hamburg, WuM 2004, 498; MünchKommBGB/Schmid, aaO, § 556a Rn. 19; Bamberger/Roth/Ehlert, aaO Rn. 23; Staudinger/Weitemeyer, aaO, § 556a Rn. 27; Soergel/Heintzmann, aaO[]
  13. so auch AG Pinneberg, ZMR 2006, 939, 940[]
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Betriebskostenguthaben im Gewerbemietverhältnis

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