Die Zuweisung im Gemeinschaftseigentum stehender Flächen an einzelne Wohnungseigentümer zur ausschließlichen Nutzung begründet auch dann ein Sondernutzungsrecht und erfordert daher eine Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG, wenn alle Wohnungseigentümer eine gleichwertige Fläche zur alleinigen Nutzung erhalten1.
Eine Regelung, die im Interesse eines geordneten Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums dessen turnusmäßige Nutzung durch einzelne Wohnungseigentümer vorsieht, führt dagegen grundsätzlich nicht zu einem (befristeten) Sondernutzungsrecht; sie kann daher durch (Mehrheits) Beschluss getroffen werden.
(Garten)Flächenzuweisung zur ausschließlichen Nutzung
Nach § 15 Abs. 3 WEG kann ein Wohnungseigentümer zwar den Abschluss einer interessegerechten Gebrauchsregelung über die Nutzung des Gemeinschaftseigentums verlangen, soweit sich, wie hier, aus Gesetz, Vereinbarungen oder Beschlüssen keine Regelung ergibt. Solche Gebrauchsregelungen können Bestimmungen zur Nutzungsart und zweck enthalten. Möglich sind auch Nutzungsbeschränkungen bis hin zu einem Nutzungsverbot. Nicht unter § 15 WEG fällt aber eine Regelung, die im Gemeinschaftseigentum stehende Flächen an einem Wohnungseigentümer zum ausschließlichen Gebrauch zuweist. Eine solche Regelung stellt wegen des damit verbundenen vollständigen Ausschlusses der anderen Wohnungseigentümer von dem Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums keine Konkretisierung des Gebrauchs im Sinne von § 15 WEG dar. Sie ändert vielmehr § 13 Abs. 2 WEG ab und führt zu einem Sondernutzungsrecht des begünstigten Wohnungseigentümers2.
Das gilt auch dann, wenn allen Wohnungseigentümern eine gleichwertige Fläche des Gemeinschaftseigentums zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird.
Allerdings wird verschiedentlich unter Rückgriff auf den Kompensationsgedanken eine gleichmäßige räumliche Zuweisung von Gemeinschaftseigentum zur alleinigen Nutzung durch die einzelnen Wohnungseigentümer als eine mögliche Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG angesehen. So handele es sich beispielsweise nicht um einen Ausschluss vom Mitgebrauch, sondern um eine Konkretisierung des gemeinschaftlichen Gebrauchs, wenn jedem Wohnungseigentümer ein bestimmter Stellplatz zur dauerhaften oder befristeten Nutzung zugewiesen werde. Für jeden Wohnungseigentümer werde der Ausschluss vom Mitgebrauch an den übrigen Stellplätzen durch das Recht zum Alleingebrauch an einem bestimmten Stellplatz ausgeglichen. Es mache wertungsmäßig keinen Unterschied, ob der Ausschluss vom Mitgebrauch – wie im Fall der Vermietung – durch einen entsprechenden Anteil an den Nutzungen oder durch den unmittelbaren ausschließlichen Eigengebrauch an einer Teilfläche des Gemeinschaftseigentums kompensiert werde3. Hieran anknüpfend wird auch eine räumliche Aufteilung einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenfläche im Rahmen einer Gebrauchsregelung für möglich gehalten. Diese sei nicht zu beanstanden, wenn sie von der gleichrangigen Nutzungsberechtigung aller Miteigentümer an der Gesamtfläche ausgehe und sich auf eine räumliche Abgrenzung der Nutzungsberechtigung beschränke, die in dem gleichen Maße, in dem sie bestimmte Miteigentümer von der Nutzung einer Teilfläche ausschließe, diesen hinsichtlich des ihnen zugewiesenen Teilstücks zugutekomme4.
Richtigerweise handelt es sich aber auch bei einer gleichmäßigen Zuweisung verschiedener im Gemeinschaftseigentum stehender Flächen zur alleinigen Nutzung, die alle Wohnungseigentümer einbezieht, nicht um eine Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG. Eine derartige räumliche Aufteilung führt zu einem gänzlichen Ausschluss der Wohnungseigentümer von dem Mitgebrauch des einem anderen Wohnungseigentümer zugewiesenen Teils des Gemeinschaftseigentums sowie gleichzeitig zu einem ausschließlichen Nutzungsrecht an einer anderen Teilfläche. Damit handelt es sich um gegenständlich begrenzte Sondernutzungsrechte5; sie können nur durch eine Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet werden6.
Dass der jeweilige Wohnungseigentümer eine gleichwertige Fläche zur alleinigen Nutzung als Kompensation des Ausschlusses vom Mitgebrauch an anderen Flächen zugewiesen erhalten hat, rechtfertigt keine andere Bewertung. Mit der Überlassung einer gleichwertigen Fläche zur Alleinnutzung wird die Entziehung der Mitgebrauchsberechtigung an den übrigen Flächen nur ideell und wirtschaftlich, nicht aber – worauf es entscheidend ankommt – rechtlich kompensiert7. Darin besteht auch der wesentliche Unterschied zur Vermietung von Flächen, die im Gemeinschaftseigentum stehen. Die Vermietung entzieht den Wohnungseigentümern nicht das Recht zum Mitgebrauch, sondern setzt es weiterhin voraus und regelt nur die Art und Weise der Ausübung, indem er die Möglichkeit des unmittelbaren (Eigen)Gebrauchs durch die des mittelbaren (Fremd)Gebrauchs ersetzt und an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs den Anteil an den Mieteinnahmen treten lässt (§ 13 Abs. 2 Satz 2, § 16 Abs. 1 WEG)8. Hinzu kommt, dass die Feststellung, ob der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit einer Fläche in gleichwertiger Weise durch die Zuweisung einer anderen Fläche kompensiert wird, erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Dies gilt gerade für Regelungen in Bezug auf die Gartennutzung, bei der die Lage der zuzuweisenden Teilflächen von entscheidender Bedeutung ist. Angesichts dieser Schwierigkeiten ist die Berücksichtigung einer ausreichenden Kompensation bei der Abgrenzung zwischen Gebrauchsregelung und Sondernutzungsrecht auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht angezeigt.
(Garten)Flächenzuweisung zur turnusmäßigen Nutzung
Dagegen begründet eine Rotationsregelung für die Gartennutzung kein Sondernutzungsrecht und kann damit Gegenstand einer Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG sein.
Ganz überwiegend wird eine Turnusregelung grundsätzlich nur als eine Konkretisierung des gemeinschaftlichen Gebrauchs angesehen, da hierdurch eine gleichwertige Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums gewährleistet werde. Daher könne eine Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer erfolgen9. Etwas anderes soll gelten, wenn die zeitabschnittsweise alleinige Nutzung länger andauert. Je länger diese sei, desto eher sei von einem (befristeten) Sondernutzungsrecht auszugehen10.
Der Bundesgerichtshof sieht ebenfalls nicht in jedwedem Zeitraum, für den ein Wohnungseigentümer von der Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums wegen der Zuweisung der Nutzung an einen anderen Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist, einen Entzug der Befugnis zum Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums. Das kann, anders als einzelne Stimmen in der Literatur meinen11, auch dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.02.201412 nicht entnommen werden. Richtigerweise führt eine Regelung, die im Interesse eines geordneten Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums dessen turnusmäßige Nutzung durch einzelne Wohnungseigentümer vorsieht, grundsätzlich nicht zu einem befristeten Sondernutzungsrecht; sie kann daher durch (Mehrheits) Beschluss getroffen werden.
Sondernutzungsrechte sind dadurch gekennzeichnet, dass einem oder mehreren Wohnungseigentümern unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer das Recht zur Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums zugewiesen wird13. Bei einer Turnusregelung kann ein Wohnungseigentümer das Gemeinschaftseigentum zu den ihm zugewiesenen Zeiten zwar ausschließlich nutzen. Dient die Regelung dem geordneten, weil nicht gleichzeitig möglichen oder zweckmäßigen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums, wie etwa bei einem Wasch- und Trockenraum, bedeutet dies aber nur eine Einschränkung, nicht dagegen einen Entzug des Mitgebrauchs.
Auch bei der hier getroffenen Rotationsregelung handelt es sich nicht um ein befristetes Sondernutzungsrecht. Sie soll einen konfliktfreien Gebrauch des gemeinschaftlichen Gartens ermöglichen und beschränkt infolge des täglichen Wechsels des Nutzungsrechts die Ausschließlichkeit der Nutzung des Gartens für einen Wohnungseigentümer auf einen derart kurzen Zeitraum, dass ein gänzlicher Entzug der Nutzungsmöglichkeit für den anderen Wohnungseigentümer nicht gegeben ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. April 2016 – V ZR 191/15
- Fortführung von BGH, Beschluss vom 20.09.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 167 f.[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.09.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 167; vgl. auch Schultzky in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 5[↩]
- Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128, 136; Wenzel ZWE 2001, 226, 230 f.; Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 15 Rn. 22 – anders allerdings § 13 Rn. 109; ähnlich unter Hinweis auf § 14 Nr. 1 WEG: BeckOK WEG/Dötsch, 26. Edition, § 15 Rn. 48[↩]
- OLG Hamm, FGPrax 2005, 113 f.; Schmidt, ZWE 2007, 446, 447; vgl. auch KG, NJW-RR 1991, 1117, 1118 zu Kellerräumen[↩]
- ebenso OLG München, ZMR 2008, 560, 561; OLG Düsseldorf, NZM 2004, 107, 108; OLG Düsseldorf, NZM 2003, 767; OLG Karlsruhe, MDR 1983, 672; LG Köln, ZWE 2012, 187 f.; Hügel/Elzer, WEG, § 15 Rn. 10; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 14a; Bornemann, Der Erwerb von Sondernutzungsrechten im Wohnungseigentumsrecht, 2000, S. 132 f.; Schweiger, Sondernutzungsrechte im Wohnungseigentum, 1987, S. 128 f.; wohl auch Schultzky in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 13 Rn. 68; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 13 Rn. 29; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003, S.200 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 02.12 2011 – V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 10; Urteil vom 18.03.2016 – V ZR 75/15, ZfIR 2016, 459 Rn. 22 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.06.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343, 347 f.; Bornemann, Der Erwerb von Sondernutzungsrechten im Wohnungseigentumsrecht, 2000, S. 132 f.; Schweiger, Sondernutzungsrechte im Wohnungseigentum, 1987, S. 129[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2000 – V ZB 46/99, BGHZ 144, 386, 388[↩]
- BayObLG, WuM 1991, 301 f. zu Wasch- und Trockenräumen; OLG Karlsruhe, MDR 1983, 672 zur Gartennutzung nach Wochentagen; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 13 Rn. 109; Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 5; Hügel/Elzer, WEG, § 15 Rn. 11; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 13 Rn. 29; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 15 Rn. 48; Hogenschurz, Das Sondernutzungsrecht nach dem WEG, 2008, § 2 Rn. 115; vgl. auch OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2008, 320 zu einer Parkplatznutzung für bestimmte Wohnungseigentümer in dem Zeitraum von 18 Uhr bis 8 Uhr; aA Bärmann/Seuß/Schneider, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., C. Rn. 276; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 2909a; Ganten, PiG 15, 71, 81[↩]
- Schweiger, Sondernutzungsrechte im Wohnungseigentum, 1987, S. 50 f.; Bornemann, Der Erwerb von Sondernutzungsrechten im WEG, 2000, S. 56 f.; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003, S. 6 f.; vgl. auch BeckOK WEG/Dötsch, 25. Edition, § 15 Rn. 43[↩]
- vgl. Hügel/Elzer, WEG, § 15 Rn. 11[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.02.3014 – V ZB 116/13, NJW 2014, 1879 Rn. 16[↩]
- BGH, Urteil vom 02.12 2011 – V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 10[↩]