Mit der Frage der angemessenen Dauer einer vom Finanzamt gesetzten Ausschlussfrist gemäß § 364b Abs. 1 AO hatte sich jetzt das Finanzgericht Köln zu befassen:

Da der Wortlaut der Norm die Dauer der Ausschlussfrist des § 364b AO nicht bestimmt, ist sie nach pflichtgemäßem Ermessen je nach den Umständen des Einzelfalles angemessen lang zu setzen. Dazu wird in der herrschenden Literatur die Meinung vertreten, dass zwar generell keine Mindestdauer der Frist berücksichtigt werden müsse oder es eine allgemeine Richtschnur für diese gebe1, doch sieht die Literatur überwiegend eine Frist innerhalb eines Monats als unangemessen an2. Auch der geltende AEAO zu § 364b AO, Nr. 2 Satz 2 schreibt dem Beklagten vor, die Frist „soll mindestens einen Monat“ betragen. Die Rechtsprechung hat eine Frist von 15 Tagen3 sowie von 3 Wochen4 für rechtswidrig erachtet. Wird vom Beklagten die Einreichung einer Steuererklärung nebst Gewinn- und Verlustrechnung gefordert, sieht Tiedchen5 eine Frist von 4 Wochen als „eher knapp“ bemessen an. Zu beachten dürfte auch sei, dass der BFH für die gerichtlichen Ausschlussfristen der FGO eine Frist von vier Wochen – anstelle einer Monatsfrist als ausreichend und nicht ermessensfehlerhaft angesehen hat6, andererseits auch Fristen von 3 Wochen für angemessen gehalten hat, dies z. B. bei einer Fallgestaltung, in der es letztlich um die Abgabe von Steuererklärungen ging und die hierfür vorgesehenen gesetzlichen Fristen um mehrere Jahre überschritten waren7.
Allein die Tatsache, dass sich der Kläger mit seinem Einspruch gegen einen Schätzungsbescheid wandte und er seit längerem seiner Pflicht zur Abgabe der Steuererklärungen nicht nachgekommen war, reicht für eine solche Darlegung der Ermessensausübung nicht aus. Denn es ist des weiteren umstritten, ob für die Rechtmäßigkeit der Fristbestimmung überhaupt die Dauer des Besteuerungsverfahrens und des Einspruchsverfahrens Bedeutung hat8.
Finanzgericht Köln, Beschluss vom 9. Februar 2012 – 15 K 3613/11
- Seer in: Tipke/Kruse, AO und FGO, § 364b AO, Rz.23; Tiedchen, BB 1996, 1030, 1040; Brockmeyer in: Klein, AO, 10.Aufl.2009, § 364b, Rz. 8; Bartone in: Beermann/Gosch, AO, FGO, § 364b AO, Rz. 25[↩]
- Brockmeyer in: Klein, AO, 10.Aufl.2009, § 364b, Rz. 8; Pahlke in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl.2009, § 364b, Rz. 22; Birkenfeld in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO, § 364b AO, Rz.55; Dumke in: Schwarz, AO, § 364b, Rz.22 m. w. Nachw.[↩]
- FG Brandenburg, Urteil vom 27.11.1997 5 K 118/97 U, EFG 1998, 435, zustimmend Brockmeyer in: Klein, AO, 10.Aufl.2009, § 364b, Rz. 8[↩]
- FG Brandenburg, Urteil vom 13.08.1997 2 K 848/97 F, EFG 1997, 1284[↩]
- BB 1996, 1030, 1040[↩]
- BFH, Beschluss vom 22.11.1995 – IV B 50/95, BFH/NV 1996, 348[↩]
- BFH, Urteil vom 08.07.1998 – I R 23/97, BFHE 186, 309, BStBl II 1998, 628[↩]
- dagegen: Dumke in: Schwarz, AO, § 386b, Rz.22 am Ende; dafür offenbar Seer in: Tipke/Kruse AO und FGO, § 364b AO, Rz.23, der auch eine kürzere Frist im Einzelfall für angemessen ansieht, und als Beispielsfall denjenigen eines Einspruchsführers nennt, der mehrere Monate mit der Begründung in Verzug ist[↩]