Datenschutz und die Bekämpfung des Coronavirus

Der Datenschutz steht der Pandemiebekämpfung und der dazu notwendigen Forschung nicht entgegen.

Datenschutz und die Bekämpfung des Coronavirus

Der Coronavirus hat die gesamte Weltbevölkerung in einen Ausnahmezustand versetzt. Leider ist über die „Eigenschaften“ und „Verhaltensweisen“ des Virus noch viel zu wenig bekannt. Zur weiteren Eindämmung und endgültigen Bekämpfung sammeln die Forscher eine Vielzahl von Informationen, die u.a. zur Entwicklung eines Impfstoffes beitragen können.

So hat in der Bundesrepublik Deutschland vor Kurzem das Robert Koch-Institut die Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen: Es ist eine App bereitgestellt worden, die mittels Fitnessarmband und Smartwatch Daten einsammelt, die tiefere Einblicke in die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 geben soll. Als „Corona-Datenspende“ kann die App für iOS und Android-Geräte aufgerufen werden und funktioniert in Kombination mit Fitnessarmbändern und Smartwatches verschiedener Hersteller.

Entwickelt wurde diese „Datenspende“, da inzwischen eine beträchtliche Anzahl von Bürgern ohnehin ihren Ruhepuls, Aktivitätsdaten und Schlaf verfolgen und z.B. mit ihrem Fitnessarmband kontrollieren. Zur Funktionsweise erklärt das Robert Koch-Institut, dass sich bei einer Atemwegserkrankung diese Vitalzeichen meistens deutlich ändern, so dass die Symptome von COVID-19 (z.B. Fieber) ebenfalls zu erkennen sind. Diese Aufzeichnungen kann der Benutzer nun durch die Corona-Datenspende-App an das Robert Koch-Institut zur Auswertung übermitteln. Lediglich die Angabe der jeweiligen Postleitzahl des Übermittlers ist notwendig. Daraufhin findet eine wissenschaftliche Aufbereitung statt, die im Anschluss in eine Karte einfließt. So kann eine Karte der regionalen Verbreitung potenziell Infizierter nach Postleitzahlregionen erstellt werden, die regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht wird. Die Genauigkeit der zu gewinnenden Erkenntnisse über das Coronavirus hängt dabei nach Mitteilung des Robert Koch-Instituts von der Menge der beteiligten App-Nutzer ab.

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Entwickelt worden ist die App gemeinsam von dem Robert Koch-Institut und dem e-Health-Unternehmen Thryve. Darüber hinaus ist der Bundesdatenschutz­beauftragte bei der Entwicklung mit einbezogen worden. Das Robert Koch-Institut betont, dass die Nutzung der App freiwillig und sicher ist. Vom Robert Koch-Institut können keine einzelnen Nutzer identifiziert werden, da alle Daten pseudonymisiert übertragen werden.

Es ist davon auszugehen, dass in der nächsten Zeit weitere digitale Anwendungen zur Verfügung gestellt werden, die bei der Bekämpfung des Coronavirus helfen können. So hat die Bundesregierung auf die Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing-Initiative (PEPP-PT) aufmerksam gemacht, an der unter anderem das Robert Koch-Institut (RKI) und das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) beteiligt sind. Dabei handelt es sich um eine internationale Initiative mit über 130 Mitgliedern, die einen anonymen und die Privatsphäre schützenden digitalen Ansatz zur Kontaktverfolgung bezwecken. Wert gelegt wird bei der Anwendung auf die Erfüllung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben.

Gerade der Umfang und die Sicherheit der gesammelten Daten sind bei jedem Vorhaben zur Pandemiebekämpfung ein heikles Thema und erfordern besondere Aufmerksamkeit und Schutz. So hat der Europäische Datenschutzausschuss EDSA oder die European Data Protection Board (EDPB) weitere COVID-19-Leitlinien verabschiedet. Nach einer Pressemitteilung vom 21. April 2020 sind die Leitlinien während der 23. Plenarsitzung des Europäischen Datenschutzausschusses festgelegt worden und geben Hinweise zum Umgang mit Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch und Leitlinien für die Geolokalisierung und andere Rückverfolgungsinstrumente (Grundsätze zu Tracking Tools) im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch.

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Besonders betont der Europäische Datenschutzausschuss die forschungsfreundliche Gestaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). So stehe der Datenschutz weder der Pandemiebekämpfung noch der dazu notwendigen Forschung entgegen. Im Gegenteil sei erst durch die DSGVO eine rechtmäßige Datenverarbeitung möglich.

Allein die preisgegebenen Daten können durch ihr Zusammenfügen möglicherweise mehr von der jeweiligen Person und ihren Verhaltensweisen verraten als ihm lieb ist. Sogar Informationen von Dritten können unbeabsichtigt ebenfalls preisgegeben werden: Personen, die in unter der gleichen Adresse wohnen (Mehrfamilienhaus) oder auch Personen, die den gleichen Arbeitsplatz aufsuchen – womit dann ebenfalls Daten von Unternehmen betroffen sein könnten. Zur Vermeidung solcher Auswirkungen ist es in jedem Fall sinnvoll, in allen Belangen des Datenschutzes  einen Datenschutzbeauftragten zu Rate zu ziehen. Nur dadurch kann eine „sichere Erfassung und Aufbewahrung sensibler Daten“ (Quelle: Bornemann) gewährleistet werden.

So sollen auch die Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken im Rahmen des COVID-19-Ausbruchs Aufschluss über die dringendsten rechtlichen Fragen zur Verwendung von Gesundheitsdaten geben, beispielsweise die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung und Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung, der Umsetzung angemessener Schutzmaßnahmen und der Ausübung der Rechte der betroffenen Person.

Die Leitlinien besagen, dass die DSGVO mehrere Bestimmungen für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung enthält, die auch im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie gelten, insbesondere in Bezug auf die Einwilligung und die jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften. Die DSGVO sieht die Möglichkeit vor, bestimmte spezielle Kategorien personenbezogener Daten wie Gesundheitsdaten zu verarbeiten, wenn dies für wissenschaftliche Forschungszwecke erforderlich ist.

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Darüber hinaus befassen sich die Leitlinien mit rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der internationalen Datenübertragung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken im Zusammenhang mit der Bekämpfung von COVID-19, insbesondere wenn keine Angemessenheitsentscheidung oder andere angemessene Schutzmaßnahmen getroffen wurden.

Die Richtlinien zur Geolokalisierung und anderen Rückverfolgungsinstrumenten im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch zielen darauf ab, die Bedingungen und Grundsätze für die angemessene Verwendung von Standortdaten und Kontaktverfolgungswerkzeugen für zwei spezifische Zwecke zu klären:

1. Verwendung von Standortdaten zur Unterstützung der Reaktion auf die Pandemie durch Modellierung der Ausbreitung des Virus, um die Gesamtwirksamkeit von Maßnahmen zur Begrenzung zu bewerten;

2. Verwenden der Kontaktverfolgung, um Personen zu benachrichtigen, die sich möglicherweise in unmittelbarer Nähe zu jemandem befanden, der schließlich als Träger des Virus bestätigt wurde, um die Kontaminationsketten so früh wie möglich zu durchbrechen.

In den Leitlinien wird betont, dass sowohl die DSGVO als auch die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation spezifische Bestimmungen enthalten, die die Verwendung anonymer oder personenbezogener Daten ermöglichen, um Behörden und andere Akteure auf nationaler und EU-Ebene bei ihren Bemühungen zur Überwachung und Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 zu unterstützen. Die allgemeinen Grundsätze der Wirksamkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit müssen alle Maßnahmen der Mitgliedstaaten oder EU-Institutionen leiten, die die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Bekämpfung von COVID-19 beinhalten.

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Nach Auffassung des Europäischen Datenschutzausschusses sollte die Verwendung von Kontaktverfolgungs-Apps freiwillig sein und nicht auf der Verfolgung einzelner Bewegungen beruhen, sondern auf Informationen zur Nähe der Benutzer.

Die Vorsitzende des Ausschusses betonte, dass Apps niemals Krankenschwestern und Ärzte ersetzen können. Zwar können Daten und Technologie wichtige Werkzeuge sein, es muss jedoch berücksichtigt werden, dass sie Einschränkungen aufweisen. Apps können nur die Wirksamkeit von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und das Engagement von Mitarbeitern des Gesundheitswesens ergänzen, die zur Bekämpfung von COVID-19 erforderlich sind. Auf jeden Fall sollten sich die Menschen nicht zwischen einer effizienten Reaktion auf die Krise und dem Schutz der Grundrechte entscheiden müssen.

Darüber hinaus hat der Ausschuss einen Leitfaden für Kontaktverfolgungs-Apps als Anhang zu den Richtlinien verabschiedet. Der Zweck dieses Leitfadens, der nicht erschöpfend ist, besteht darin, Designern und Implementierern von Kontaktverfolgungs-Apps allgemeine Anleitungen zu geben und zu unterstreichen, dass jede Bewertung von Fall zu Fall durchgeführt werden muss.

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