Mit der Normenkontrollantragsbefugnis von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wenn als Eigentümer des planbetroffenen Grundstücks im Grundbuch die namentlich benannten Gesellschafter mit dem Zusatz „in BGB-Gesellschaft“ oder „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ eingetragen waren, hatte sich jetzt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu befassen. Hintergrund war eine Klage gegen einen Bebauungsplan, die zunächst nur einer der beiden Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erhoben hatte, die Eigentümerin eines von diesem Bebauungsplan betroffenen Grundstücks war. Der zweite Gesellschafter schloss sich zwar später dieser Klage an, allerdings erst nach Ablauf der Antragsfrist.

Nach Ansicht des OVG Lüneburg ist der Antrag damit unzulässig, die Antragstellerinnen sind nicht im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden1.
In ihrem Grundeigentum sind die Antragstellerinnen in diesem Sinne nicht verletzt; sie sind nicht Eigentümerinnen der betroffenen Grundstücke. Eigentümerin ist vielmehr die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafterinnen die Antragstellerinnen sind. Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst (teil-)rechtsfähig2. Die Eigentümerposition der Gesellschaft ergibt sich hier aus folgendem:
Als Eigentümer eingetragen in das Grundbuch sind seit dem 20. Juni 2006 die Antragstellerinnen mit den Zusätzen „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (Flurstück 1/49) bzw. „in BGB-Gesellschaft zu 1/4 Anteil“ (Flurstück 1/53). Zu einem vergleichbaren Zusatz („als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“) hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 25. September 20063 ausgeführt, klar sei nach seiner neueren Rechtsprechung jedenfalls, dass materiell-rechtlich das Eigentum an einer zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Liegenschaft nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft selbst zustehe. Wenn dann im Grundbuch die einzelnen Gesellschafter mit dem Zusatz „als GbR“ eingetragen seien, werde damit für den Rechtsverkehr unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass Eigentümerin der Liegenschaft die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei. Ansonsten müsste es eine Form des Gesamthandseigentums neben dem Gesellschaftsvermögen geben, oder die Gesellschafter müssten Bruchteilseigentümer sein. Beides komme nicht ernsthaft in Betracht.
Diese Argumentation beansprucht ungeachtet der Unterschiede in der Formulierung der Zusätze Geltung auch für den hier vorliegenden Fall. Dem OVG ist dabei bewusst, dass die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur (Teil-) Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht überall Beifall gefunden hat4. Ihre eigene Antragsbefugnis ist aber auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bereits anerkannt5 ebenso wie der Umstand, dass eine baurechtliche Ordnungsverfügung an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerichtet werden kann6.
Die (Teil-)Rechts- und Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird darüber hinaus inzwischen auch vom Gesetzgeber zugrunde gelegt. Nachdem der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 4. Dezember 20087 noch einen Schritt weiter gegangen ist und geklärt hat, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung in das Grundbuch eingetragen werden kann, die ihre Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag für sie vorgesehen haben, hat der Deutsche Bundestag in seiner 227. Sitzung vom 18. Juni 2009 in zweiter und dritter Beratung einstimmig den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) angenommen. Danach wird u.a. § 47 Abs. 2 GBO einen zweiten Absatz folgenden Wortlauts erhalten: „Soll ein Recht für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen werden, so sind auch deren Gesellschafter im Grundbuch einzutragen.“ Damit will der Gesetzgeber – wie sich aus der Begründung von Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ergibt8 – gerade Folgerungen aus der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ziehen.
Der Umstand, dass die hier maßgebliche Grundbucheintragung vor Ergehen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2006 formuliert worden ist, führt nicht dazu, dass eine andere Auslegung der das Gesellschaftsverhältnis betreffenden Zusätze geboten wäre. Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung lediglich seine frühere Rechtsprechung konsequent fortentwickelt und nicht etwa Hinweise für eine zukünftige Praxis gegeben, sondern eine „Alt“-Eintragung im Grundbuch ausgelegt. Soweit er im Beschluss vom 4. Dezember 20087 diese Art der Eintragung als prozessual nicht mehr erreichbar bezeichnet hat, ändert das nichts daran, dass bestehende, an § 47 GBO bisheriger Fassung orientierte Eintragungen wie im Falle der Antragstellerinnen weiterhin das Eigentum der Gesellschaft belegen.
Dass damit die Antragstellerinnen kein Eigentum für sich reklamieren können, lässt sich auch nicht mehr durch eine Umstellung des Verfahrens auf die Gesellschaft als Antragstellerin „reparieren“.
Soweit der Bundesgerichtshof als Folge seiner Rechtsprechungsänderung zur (Teil-) Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts für seinerzeit laufende Verfahren eine schlichte Rubrumsberichtigung als prozessual zulässigen und richtigen Weg angesehen hat9, gilt dies nicht in gleicher Weise für das vorliegende Verfahren. Voraussetzung hierfür wäre, dass alle Gesellschafter den Normenkontrollantrag gestellt hätten. Das war hier jedoch ursprünglich nicht der Fall; die Antragstellerin zu 2. ist dem Verfahren erst zur mündlichen Verhandlung beigetreten. Aus der Antragsschrift und weiteren Schriftsätzen ergab sich kein Hinweis darauf, dass die Antragstellerin zu 1. nicht Alleineigentümerin beider Flurstücke war.
Auch unabhängig von dem besonderen Umstand der Rechtsprechungsänderung kommt eine Rubrumsänderung10 hier nicht in Betracht. Voraussetzung hierfür ist stets, dass sich aus der Klage oder dem Antrag trotz falscher Bezeichnungen oder Bewertungen jedenfalls der richtige Sachverhalt ergibt. Hier hat sich die Antragstellerin zu 1. jedoch als Alleineigentümerin beider Grundstücke geriert, obwohl ihr aus doppeltem Grund klar sein musste, dass dies nicht zutraf. Zum einen steht das Flurstück 1/53 ohnehin zu 3/4 im Eigentum anderer Miteigentümer, und zum anderen war erst am 20. Juni 2006 – also relativ kurz vor Erhebung des Normenkontrollantrags vom 29. November 2006 – ein Wechsel der Gesellschafter ins Grundbuch eingetragen worden, nämlich das Ausscheiden zweier früherer Gesellschafter und der Eintritt der Antragstellerin zu 2.
Der zur mündlichen Verhandlung erfolgte Beitritt der Antragstellerin zu 2. zum Verfahren verändert die Situation nicht zugunsten der Antragstellerinnen. Dass dieser Beitritt nicht etwa die Gesellschaft „komplettieren“ und in die Lage versetzen sollte, das Verfahren als solche fortzuführen, ergibt sich aus den in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen, auch wenn darin die gesamthänderische Verbundenheit betont wurde. Der bloße Beitritt der Antragstellerin zu 2. hat infolgedessen aber nur zur Konsequenz, dass die Normenkontrolle nunmehr nicht mehr von einer, sondern zwei „Nichteigentümerinnen“ betrieben wird.
Hinzu kommt, dass die beitretende Antragstellerin zu 2. die (hier noch zweijährige) Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO versäumt hat. Für einen gewillkürten Parteiwechsel auf der Aktivseite ist nicht ausreichend, dass der Gegner einwilligt oder das Gericht die Antragsänderung für sachdienlich hält (§ 91 Abs. 1 VwGO). Die neue Aktivpartei muss vielmehr die für das Verfahren geltenden Fristen in eigener Person eingehalten haben11.
Maßgeblich für den Fristbeginn ist insoweit nicht der Zeitpunkt der Neubekanntmachung des Bebauungsplans (6. Dezember 2007), sondern derjenige der ersten Bekanntmachung des Bebauungsplanes am 15. Juni 2006. Hat nämlich eine Gemeinde einen Bebauungsplan als Satzung beschlossen und ihn gemäß § 10 Abs. 3 BauGB bekannt gemacht, ist das Verfahren im Sinne des § 244 Abs. 1 BauGB abgeschlossen, auch wenn der Plan zur Behebung eines Ausfertigungsmangels zu einem späteren Zeitpunkt durch ein ergänzendes Verfahren mit unverändertem Inhalt erneut bekannt gemacht wird12.
Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gebieten, so das OVG, nicht, von einer Anwendung dieser Fristbestimmung auf die Antragstellerin zu 2. abzusehen. Zwar ist ihnen einzuräumen, dass der Gesetzgeber die Befristung eingeführt hat, weil der Grundsatz der Rechtssicherheit in Frage gestellt werde, wenn Normen noch Jahre nach ihrer Bekanntmachung einer Überprüfung zugeführt werden könnten. Ist ein Normenkontrollantrag – wie hier – bereits von einem Dritten fristgemäß gestellt worden, zumal bezogen auf das gleiche Grundstück, kann sich insoweit ein „Gefühl der Rechtssicherheit“ bei der Antragsgegnerin noch nicht herausgebildet haben. Gleichwohl ist der Gesetzgeber nicht gehindert, in der Verfolgung eines gesetzgeberischen Motivs rechtstechnische Umsetzungen zu wählen, die mit dem Motiv nicht völlig deckungsgleich sind. Führt er Fristen ein, liegt deren Vorteil gerade in dem Umstand, dass die Frage ihrer Einhaltung im Regelfall einfach zu beantworten ist. Es entspricht dem Sinn und Zweck solcher Fristen deshalb, sie ohne weitere Differenzierungen danach anzuwenden, ob sie im Einzelfall zu einem „billigen“ Ergebnis führen.
Schließlich können die Antragstellerin nicht im eigenen Namen Rechte der Gesellschaft geltend machen. Das Rechtsinstitut der actio pro socio13, wonach jeder Gesellschafter als Ausfluss seiner Mitgliedschaft allein im eigenen Namen in Prozessstandschaft für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Leistung an die Gesellschaft einklagen kann, wenn dies nicht treuwidrig ist, halten die Antragstellerinnen selbst zu Recht nicht für einschlägig. Entwickelt worden ist dieses Rechtsinstitut für „Sozialansprüche“ und „Sozialverpflichtungen“, also gesellschaftsrechtliche Rechtsbeziehungen. Ansprüche der Gesellschaft gegen Dritte als Schuldner kann der einzelne Gesellschafter für die Gesellschaft dagegen allenfalls geltend machen, wenn der vertretungsbefugte Geschäftsführer pflichtwidrig untätig bleibt, oder gar mit dem Schuldner zusammenwirkt14. Dafür ist hier nichts ersichtlich.
Die Antragstellerin zu 1., deren Normenkontrollantrag fristgerecht eingegangen ist, kann ihre Antragsbefugnis schließlich auch nicht aus anderen Belangen als dem Grundeigentum herleiten.
Soweit nach neuerem Verständnis auch schuldrechtliche Ansprüche, die Nutzungs- und selbständige Abwehrrechte begründen – wie z.B. das Besitzrecht des Pächters -, als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG angesehen werden15, haben die Antragstellerinnen eine solche Rechtsposition nicht inne; sie sind schlichte Nutzerinnen der Grundstücke. Jedenfalls haben sie keine vertraglichen Nutzungsrechte geltend gemacht.
Eine Normenkontrollantragsbefugnis kann sich auch aus weiteren Umständen ergeben, etwa aus einer Gesundheitsgefährdung für Grundstücksnutzer. Ob und inwieweit darüber hinaus auch z.B. Käufer, Bauantragsteller und weitere Personengruppen normenkontrollantragsbefugt sein können, mag in Bezug auf die letzte Änderung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO noch nicht abschließend beantwortet sein16; bejahendenfalls kommt dies aber den Antragstellerinnen nicht zugute. Sie haben insbesondere keinen Bauantrag für das Grundstück gestellt. Die bloße Nutzung in der bisherigen Weise wird für das Flurstück 1/49 nicht eingeschränkt; die planungsrechtliche Einstufung ist hierfür ohne Bedeutung. Die planerische Inanspruchnahme des Flurstücks 1/53 für eine öffentliche Wegeverbindung schränkt die bisherige Wochenend- und Feriennutzung des ursprünglich als Wohnhaus genehmigten Gebäudes ebenfalls nicht so signifikant ein, dass dies Abwehransprüche bloßer Nutzer zur Folge haben könnte. Schließlich würde auch eine missbräuchliche Nutzung der entfernten Grünfläche und des zu dieser führenden Weges allenfalls zu Belästigungen führen, nicht schon zu Gesundheitsgefährdungen. Auch eine theoretische Zunahme der Brandgefahr durch die Grünflächennutzung lässt keine andere Beurteilung zu, denn diese ist mit jeder anderen baulichen Maßnahme in einer Waldsiedlung verbunden, insbesondere der Errichtung von Wohnhäusern; damit verbundene Restrisiken sind sozialadäquat und deshalb hinzunehmen. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf hingewiesen, dass sie die nähere Ausgestaltung der Grünfläche im Wege von Genehmigungsverfahren vorzunehmen hat, in denen sie im Rahmen zulässigen Konflikttransfers die nötige Vorsorge für eine nachbarschonende Umsetzung der Festsetzung treffen will.
Auch einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz durch Ausweisung ähnlich situierter Grundstücke als Baufläche kann allenfalls ein Grundstückseigentümer rügen, nicht ein bloßer Nutzer.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 22. Juni 2009 -1 KN 89/07
- vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.9.1998 – 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215 = NJW 1999, 592[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.1.2001 – II ZR 331/00 -, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056[↩]
- - II ZR 218/05 -, NJW 2006, 3716; zustimmend BGH, Beschluss vom 04.12.2008 – V ZB 74/08 -, NJW 2009, 594[↩]
- vgl. z.B. Hertel, DNotZ 2009, 121[↩]
- vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom. 16.06.2005 – 2 K 278/02 -, juris und BauR 2005, 1815[↩]
- vgl. z.B. OVG Münster, Beschluss vom 18.11.2008 – 7 A 103/08 -, NVwZ-RR 2009, 364[↩]
- - V ZB 74/08 -, NJW 2009, 594[↩][↩]
- BT-Druckssache 16/1337, S. 26 ff[↩]
- BGH, Urteil vom 15.01.2003 – XII ZR 300/99 -, NJW 2003, 1043; Beschluss vom 04.12.2008 – V ZB 74/08 -, NJW 2009, 594[↩]
- vgl. jüngst z.B. BAG, Urteil vom 28.08.2008 – 2 AZR 279/07 -, NJW 2009, 1293; BGH, Urteil vom 23.09.2008 – X ZR 135/04 -, NJW-RR 2009, 539[↩]
- vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15 Aufl. 2007, § 74 Rdnr. 7; Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO § 74 Rdnr. 39 ff.; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 74 Rdnr. 52; a.A. noch – als obiter dictum in einem Fall des Beklagtenwechsels: OVG Lüneburg, Urt. v. 16.2.1967 – VI OVG A 137/66 -, DVBl. 1967, 425[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 01.08.2007 – 4 BN 32.07 -, NVwZ 2007, 1310; Beschluss vom 20.09.2007 – 4 BN 20.07 -, BRS 71 Nr. 47; Beschluss vom 12.05.2009 – 4 BN 24.08 -[↩]
- vgl. Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 714 Rdnr. 9[↩]
- vgl. Ulmer, in: Münchener Kommentar, 5. Aufl. 2009, § 705 BGB Rdnr. 206[↩]
- vgl. BVerwG, Urt. v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 -, BVerwGE 105, 178; Urt. v. 29.1.2009 – 9 C 3.08 -, DVBl. 2009, 518[↩]
- vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 47 Rdnrn. 58 ff., 62[↩]