Für den Bundesfinanzhof ist die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen mit dem Grundgesetz vereinbar.

Seit der Neuregelung des Schuldzinsenabzugs durch das Steuerbereinigungsgesetz 19991 sind Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a Satz 4 EStG). Der sich danach ergebende Betrag, höchstens der um 4.000 DM verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Satz 5 EStG). Von der Abzugsbeschränkung sind Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ausgenommen (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG).
Der Schuldzinsenabzug ist zweistufig zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob der betreffende Kredit eine betriebliche oder private Schuld ist. Dann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind2. Anhaltspunkte für private Schuldzinsen liegen im Streitfall nicht vor, so dass eine Aufteilung in einen betrieblichen und einen privaten Zinsaufwand ausscheidet.
Verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 4a EStG teilt der Bundesfinanzhof nicht:
Die Unterscheidung danach, ob Schuldzinsen für die Finanzierung von Anlage- oder von Umlaufvermögen angefallen sind (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG, nunmehr Satz 5), verstößt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sie ist nicht willkürlich. Für eine Gleichbehandlung des Anlagevermögens mit dem Umlaufvermögen besteht kein Anlass, da Umlaufvermögen zum alsbaldigen Absatz bestimmt ist und bei späteren Käufen häufig von Lieferanten Zahlungsziele eingeräumt werden (BFH, Urteil vom 23.03.2011 – X R 28/09, BFHE 233, 404, BStBl II 2011, 753).
Ebenso unbedenklich ist für den Bundesfinanzhof, dass die Vorschrift nur die Gewinneinkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG betrifft, nicht aber die Überschusseinkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 EStG. Auch ein Bezieher von Überschusseinkünften kann frei wählen, ob er eine Vermögensanlage mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert, er ist jedoch an die einmal getroffene Entscheidung gebunden3. Im Bereich der Gewinneinkünfte verhindert § 4 Abs. 4a EStG, dass ein Unternehmer Eigen- durch Fremdkapital substituiert und die dafür zu entrichtenden Schuldzinsen als Betriebsausgaben abzieht.
Schließlich ist § 4 Abs. 4a EStG auch im Hinblick auf das sog. Nettoprinzip unbedenklich4.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Dezember 2011 – III R 99/07
- vom 22.12.1999, BGBl I 1999, 2601, BStBl II 2000, 13[↩]
- BFH, Urteil vom 21.09.2005 – X R 46/04, BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125, mit Hinweis auf BFH, Urteil vom 27.10.1998 – IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 07.03.2006 – X R 44/04, BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588[↩]