Gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist, soweit ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen.

„Endgültig keinen Erfolg gehabt“ hat ein Rechtsbehelf insbesondere dann, wenn er durch eine unanfechtbare Entscheidung abgewiesen oder vom Rechtsbehelfsführer zurückgenommen worden ist, ohne dass das Finanzamt dem Rechtsbehelfsbegehren in der Sache zuvor entsprochen hat1. Ob und in welchem Umfang der Rechtsbehelf endgültig keinen Erfolg gehabt hat, richtet sich nach dem Verfahrensgegenstand und dem konkretisierten Rechtsbehelfsbegehren2.
Verfahrensgegenstand im Einspruchsverfahren ist nicht ein einzelnes Besteuerungsmerkmal oder eine bestimmte zugrundeliegende Rechtsfrage, sondern die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, die vom Finanzamt in vollem Umfang gemäß § 367 Abs. 2 AO zu prüfen ist.
Wird der Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt nach § 365 Abs. 3 Satz 1 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Dieser neue Verwaltungsakt nimmt den geänderten Verwaltungsakt in seinen Regelungsgehalt mit auf. Dem Rechtsbehelfsverfahren gegen den ursprünglichen Bescheid ist so lange die Grundlage entzogen, wie der Änderungsbescheid Bestand hat3. Der ursprüngliche Bescheid tritt nur dann wieder in Kraft, wenn der Änderungsbescheid aufgehoben wird.
Aus welchem Grund der Antrag auf Herabsetzung der festgesetzten Steuer endgültig erfolglos bleibt, ist ohne Bedeutung, weil die Besteuerungsgrundlagen aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung nur unselbständiger Teil der Regelung und deshalb nur der Begründung des Bescheids zugeordnet sind4. Demnach können im Verfahren gegen den Zinsbescheid grundsätzlich auch keine Umstände berücksichtigt werden, die gegen die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids sprechen.
Ein Rechtsbehelf ist auch dann i.S. des § 237 AO erfolglos geblieben, wenn zwar der Einspruchsführer mit der von ihm vorgetragenen Begründung Erfolg hat, die festgesetzte Steuer sich aber zugunsten des Rechtsbehelfsführers nicht ändert, weil die festgesetzte Steuer aufgrund anderer Lebenssachverhalte als richtig anzusehen ist. Dementsprechend sind die Lebenssachverhalte, die einer Steuerveranlagung zugrunde liegen, austauschbar5.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 9. Juni 2015 – III R 64/13
- BFH, Urteile vom 31.08.2011 – X R 49/09, BFHE 235, 107, BStBl II 2012, 219, Rz 18; vom 27.11.1991 – X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 25.10.1972 – GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 235, 107, BStBl II 2012, 219, Rz 18, und in BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319[↩]
- vgl. FG Köln, Urteil vom 09.10.1991 – 6 K 432/90, EFG 1992, 384[↩]