Mehrere Testamentsvollstrecker – und ihre Wirkungskreise

Wenn der Erblasser mehrere Testamentsvollstrecker ernennt, kann er jedem Testamentsvollstrecker einen bestimmten Wirkungskreis zuweisen, innerhalb dessen er ohne Mitwirkung der anderen selbständig handeln kann, oder Gegenstände von der gemeinschaftlichen Verwaltung ausschließen und ihre Verwaltung einem besonderen Testamentsvollstrecker übertragen1.

Mehrere Testamentsvollstrecker – und ihre Wirkungskreise

Ebenso wie für die Anordnung der Testamentsvollstreckung und deren Reichweite ist auch im Hinblick auf die Bestellung mehrerer Testamentsvollstrecker, deren Aufgabenbereiche und die Art deren Amtsführung der Wille des Erblassers maßgebend2. Dieser Wille ist im Wege der Auslegung der letztwilligen Verfügung(en), mit der bzw. denen der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat, zu ermitteln.

Bei der Testamentsauslegung ist vor allem der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks festzuhalten. Dieser Aufgabe kann der Richter nur dann voll gerecht werden, wenn er sich nicht auf eine Analyse des Wortlauts beschränkt. Der Wortsinn der benutzten Ausdrücke muss gewissermaßen „hinterfragt“ werden, wenn dem wirklichen Willen des Erblassers Rechnung getragen werden soll. Dafür muss der Richter auch alle ihm aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung zugänglichen Umstände außerhalb der Testamentsurkunde heranziehen3. Die Auslegung obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Seine Auslegung kann nur angegriffen werden, soweit sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt4. Unter anderem ist eine Testamentsauslegung dann rechtsfehlerhaft, wenn in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen worden sind5. Wenn der Wortlaut eines Testaments mehrere Deutungen zulässt, aber der (mögliche) Wille des Erblassers in dem Testament auch nicht andeutungsweise oder versteckt zum Ausdruck gekommen ist, ist der unterstellte, aber nicht formgerecht erklärte Wille des Erblassers unbeachtlich6.

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Die Rechtslage in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. September 2022 – IV ZB 34/21

  1. vgl. Staudinger/Dutta, BGB [2021] § 2224 Rn. 7[]
  2. vgl. BeckOGK/Tolksdorf, BGB [Stand: 1.03.2022] § 2224 Rn. 3; Staudinger/Dutta aaO Rn. 4[]
  3. BGH, Beschluss vom 19.06.2019 – IV ZB 30/18, ErbR 2019, 642 Rn. 15 m.w.N.[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 19.06.2019 aaO Rn. 21 m.w.N.[]
  5. vgl. BGH, Urteile vom 24.06.2009 – IV ZR 202/07, ZEV 2009, 459 Rn. 26; vom 24.02.1993 – IV ZR 239/91, BGHZ 121, 357 unter – III 2 18][]
  6. vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.11.2021 – IV ZB 30/20, BGHZ 231, 377 Rn. 18; vom 19.06.2019 aaO Rn. 17; jeweils m.w.N.[]

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