Wenn Fortuna lächelt, freut sich das Finanzamt mit? Die Frage ist durchaus berechtigt, denn so mancher Zocker kann ungewollt zum Steuerhinterzieher werden. Prinzipiell gilt zwar, dass Gewinne im Glücksspiel im Allgemeinen in der Bundesrepublik Deutschland steuerfrei sind, ob der Lottoschein nun im Internet abgegeben oder in der traditionellen Annahmestelle ausgefüllt wurde. Doch sobald mehr als nur Glück im Spiel ist, kann sich die Sachlage rasch ändern.

Im Gegensatz zu Lotto, Slots und ähnlichen Spielen, bei denen der Ausgang vom Spieler in keiner Weise beeinflusst werden kann, gelten für Geschicklichkeitsspiele andere Voraussetzungen. Das betrifft vor allem Poker. Obwohl das populäre Kartenspiel auch mit vom Spielerglück abhängt, ist dieses der geringste Faktor, wenn es um längerfristigen Erfolg geht. Dem hat mittlerweile auch das Gesetz Rechnung getragen, und Poker gilt offiziell weitgehend als Geschicklichkeitsspiel.
Zu verdanken haben Texas Hold’ em und Co. diese Einstufung der Tatsache, dass mathematisches Verständnis und psychologische Erkenntnisse die Grundpfeiler sind, um auf Dauer als Zocker in dem Spiel, dessen Regeln binnen Minuten zu erlernen sind und das dennoch komplex genug ist, um ein Leben lang Student zu bleiben, erfolgreich zu sein. Das heißt allerdings nicht, dass jeder Online-Pokerspieler automatisch zur Kasse gebeten wird, nur weil er sich bemüht hat, so viel wie möglich über starke und schwache Hände und erfolgversprechende Strategien zu lernen. Für die Einstufung durch das Finanzamt kommt es in erster Linie auf die Absicht des Zockers an, mit der er zu den virtuellen oder realen Karten greift.
Ein reines Hobbyspiel, um sich den Feierabend spannender zu gestalten oder mit Freunden beim gemeinsamen Zocken zu entspannen, ist auch dann steuerfrei, wenn ein dicker Pot eingestrichen wird. Geht es jedoch von vornherein darum, nach bestem Vermögen mit dem Spiel Geld zu verdienen, sieht die Sachlage beim Poker in Deutschland schon anders aus. Die Grenze zwischen Hobbyspieler und Pokerprofi verläuft nämlich fließend und wird nicht durch Summen gekennzeichnet. Das macht durchaus Sinn, weil selbst der beste Profipechsträhnen hat und sogar ein unerfahrener Freizeitzocker unerwartet einen fetten Topf gewinnen kann. Sobald es allerdings um richtige Turniere mit lukrativen Gewinnen und Buy-Ins fürs Mitspielen geht, ist für das Finanzamt der Geldanreiz ausschlaggebend und Gewinne müssen als Gewerbetreibender versteuert werden.
Dafür sind im Gegenzug aber auch die fälligen Ausgaben vom Buy-In bis zu Reisekosten steuerlich geltend zu machen. Sogar für Online-Turniere können Hotels und mehr mit angegeben werden, vor allem wenn die Events in anderen Zeitzonen stattfinden. Schließlich kann von keinem Zocker erwartet werden, dass er um drei Uhr morgens in Topform ist, während eine Reise ihn in punkto Schlafes auf das gleiche Niveau wie die anderen Zocker bringt.
Poker ist fast überall auf der Welt beliebt, und vor allem die großen Turniere in Amerika und in Asien locken mit hohen Gewinnsummen. Das bedeutet auch, dass überall die Finanzämter sich für die Pokerasse interessieren. Dass die Profis auf ihre als Einkommen geltenden Gewinne Steuern zahlen müssen, ist klar. Doch je nach Wohnsitz und Land, in dem gewonnen wird, ist die Frage, welcher Fiskus zuständig ist.
Deutsche Spieler profitieren in vielen Ländern von Doppelbesteuerungsabkommen, in denen nur in Deutschland gezahlt wird. Das gilt auch für Gewinne aus dem Zockerparadies Las Vegas. Die Spielerhochburg in den USA ist seit mehr als einem halben Jahrhundert Schauplatz der Weltmeisterschaft in der millionenschweren World Series of Poker. Amerikanische Zocker werden mit 30 Prozent Steuern auf ihre Gewinne zur Kasse gebeten. Deutsche Pokerspieler können jeden amerikanischen Cent einstreichen, bis sie ihre deutsche Steuererklärung abgeben. Allerdings müssen sie sich im Vorfeld eine amerikanische Steuernummer besorgen. Das gilt auch dann, wenn es sich um einen Online-Casinoabend im Hotel handelt, bei dem nur mal eben so ein paar Runden gezockt werden. Sobald Geld den Besitzer wechselt, möchte der Staat in den USA mitspielen, ob es nun um Profis oder Hobbyzocker geht.
Obwohl nur wenige Spieler es über Nacht zu Reichtum bringen, haben es seit 2011 bereits drei deutsche Pokerspieler zum Weltmeistertitel in Las Vegas gebracht. Der erste war der damals 22 Jahre alte Student Pius Heinz aus Bonn, der außer dem Bracelet einen Topf in Höhe von 8,7 Millionen US Dollar kassierte. Das waren damals umgerechnet rund 6,3 Millionen Euro.
Acht Jahre später holte der 55 Jahre alte Münsteraner Hossein Ensan in Las Vegas den Titel und einen Gewinntopf in Höhe von 10 Millionen Dollar. Dritter und bislang letzter deutscher Pokerweltmeister ist der Berliner Koray Aldemir, der 2021 im Alter von 31 Jahren in der Wüstenstadt in Nevada zum Weltmeister gekürt wurde. Sein Titelgewinn brachte ihm auf einen Schlag 8 Millionen Dollar ein.
Die offizielle steuerliche Anmeldung als Profizocker ist im Online-Spiel auch seit dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags der Länder am 1. Juli 2021 wichtig. Mit dem bundesweit gültigen Regelwerk sind nämlich auch Limits eingeführt worden. Normale Zocker dürfen pro Monat maximal 1000 Euro für jegliches Online-Glücksspiel einsetzen, ganz gleich, ob es sich um Lotto, Sporttipps oder Casinospiele handelt. Außerdem gibt es seitdem eine bundesweit geltende Sperrdatei, in die durch übermäßiges oder riskantes Zocken auffällig gewordene Spieler eingetragen werden. Die Aufnahme in die Datei, die den Besuch in sämtlichen in Deutschland lizensierten Online-Casinos ausschließen soll, kann auch freiwillig erfolgen. Außerdem müssen die Seiten einen Panik-Button anbieten, mit dem sich die Zocker selbst für 24 Stunden sperren können.
Während 1000 Euro recht erklecklich klingen, sind diese Summen in vielen großen Pokerturnieren gerade mal ausreichend für ein Buy-In bei den weniger wichtigen Events. Der Hauptevent in Las Vegas, der Heinz, Ensan und Aldemir reich und in Pokerkreisen berühmt gemacht hat, setzt jeweils ein Buy-In von 10.000 Dollar voraus. Pius Heinz hatte damals unter seinen Freunden Sponsoren gefunden, die anschließend an seinem Gewinn beteiligt waren. Als Profizocker galt jedoch weiterhin nur er – seine Unterstützer hatten zwar durchs Pokerspiel ansehnliche Gewinne erzielt, aber ihr Hauptanliegen war es, ihm den Weg zu ebnen und nicht sich selbst zu bereichern.
Die meisten anderen Online-Spiele machen die Einstufung simpel, wenn es um die Steuererklärung geht. Das gilt sogar für Sportwetten, bei denen im Gegensatz zum Lotto der Ausgang ebenfalls durch gezieltes Studium verbessert werden kann. Gewiefte Tipper analysieren vor allem im Fußball akribisch vorherige Spiele, sowohl was die einzelnen Spieler wie auch die Leistungen auf den jeweiligen Spielfeldern angeht. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen erleichtern das kopfbasierte Tippen und können die Gewinnchancen deutlich verbessern.
Doch im Gegensatz zum Poker ist der Glücksfaktor bei den Sportwetten deutlich stärker vertreten. Das macht das Kartenspiel zum Sonderfall und zur intellektuellen Herausforderung. Nicht umsonst fällt immer wieder der Vergleich mit Schach, wenn es um die erforderliche Konzentration und die mathematischen Erwägungen im Hinterkopf geht. Erfahrene Zocker gehen so wenig Risiken wie möglich ein. Das gilt auch, wenn es um die Steuererklärung geht. Im Falle eines Falles ist es immer angebracht, sich beim Finanzamt zu erkundigen, ob man schon als Profizocker gilt, wenn sich regelmäßig Gewinne selbst aus kleinen Turnieren anhäufen. Schließlich ist es nicht Sinn der Sache, dass der Fiskus die Stirn runzelt, nur weil Fortuna gelächelt hat.
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