Versucht ein Offizier an einer Hochschule der Bundeswehr durch ein Urkundsdelikt eine Notenverbesserung zu erschleichen, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Herabsetzung im Dienstgrad.

Wenn ein schuldhaftes Dienstvergehen festgestellt werden sollte, stände einer Kürzung des Ruhegehaltes nach § 58 Abs. 2 Nr. 1 WDO die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO trotz der rechtskräftigen Verhängung einer Geldstrafe im Strafverfahren nicht von vornherein entgegen. Es kann dahinstehen, ob dies schon daraus folgt, dass das Strafverfahren und das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht in vollem Umfang denselben Sachverhalt1 betreffen. Hier erwähnt der Strafbefehl die Vorlage der gefälschten Urkunde beim Prüfungsamt, die den Kern des Anschuldigungspunktes 1 bildet, gar nicht, er ist vielmehr auf die Vorlage beim Lehrstuhl entsprechend dem Anschuldigungspunkt 2 beschränkt. Ob der Gegenstand der Anschuldigung vollständig mit dem Lebenssachverhalt identisch ist, der der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegt (§ 264 StPO), ist daher fraglich. Jedenfalls wäre aber die Verhängung einer Maßnahme selbst bei vollständiger Sachgleichheit von Straf- und Disziplinarverfahren wohl zusätzlich erforderlich, um die militärische Ordnung aufrechtzuerhalten.
§ 16 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. WDO setzt voraus, dass die Unterlassung einer zusätzlichen Disziplinarmaßnahme die militärische Ordnung zumindest gefährden würde2, wobei der Begriff der militärischen Ordnung den sich bei Beachtung der für die Bundeswehr geltenden Rechtsnormen, Befehle und Grundsätze ergebenden Zustand von Personal und Material meint, dessen die Bundeswehr zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages bedarf3. Bei der hiernach erforderlichen Prognose spielen nicht allein spezialpräventive Aspekte und die individuell verursachte Gefährdung der militärischen Ordnung durch den früheren Soldaten eine Rolle. Denn § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO erlaubt unter den dort genannten Voraussetzungen auch die Kürzung des Ruhegehaltes. Damit erfasst er auch Soldaten im Ruhestand und diesen nach § 1 Abs. 3 WDO gleichgestellte Soldaten, von denen nach dem Dienstzeitende eine Gefährdung der militärischen Ordnung in der Regel außerhalb von der Teilnahme an Wehrübungen nicht mehr ausgeht. Hier sprechen generalpräventive Erwägungen für die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Maßnahme. Denn eine Gefährdung der militärischen Ordnung geht auch von der negativen Beispielwirkung eines schwerwiegenden Dienstvergehens aus, der durch eine zusätzliche Disziplinarmaßnahme entgegengewirkt werden muss.
Ein schwerwiegendes Dienstvergehen liegt in einem Urkundsdelikt, mit dem ein Offizier an einer Hochschule der Bundeswehr eine Notenverbesserung zu erschleichen versucht. Die Schwere des Dienstvergehens wird hier vor allem durch die Verletzung der Wahrheitspflicht (§ 13 SG) begründet4 und gebietet auch aus generalpräventiven Gründen grundsätzlich eine nach außen wirksame Maßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht hält an seiner Einschätzung fest, dass bei einem derartigen Dienstvergehen eine Herabsetzung im Dienstgrad den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet5.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Mai 2012 – 2 WD 8.11
- vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.07.2006 – 2 WD 13.05, Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 2 Rn. 96 – 101[↩]
- Dau, WDO, 5. Auflage 2009, § 16 Rn. 15 m.w.N.[↩]
- Dau, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.[↩]
- vgl. dazu insb. BVerwG, Urteile vom 05.04.2001 – 2 WD 49.00, ZBR 2002, 403; und vom 31.05.2011 – 2 WD 4.10, Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 6 jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 05.04.2001 a.a.O. [↩]
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