Prozesskostenhilfe für einen Volljuristen

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entsprechend der §§ 114 ff. ZPO zwar möglich1. Die Prozesskostenhilfe wird aber nur unter strengen Voraussetzungen gewährt, weil das Verfahren kostenfrei ist und kein Anwaltszwang besteht. 

Prozesskostenhilfe für einen Volljuristen

Sie wird daher nur gewährt, wenn dies unbedingt erforderlich erscheint, weil die betroffene Person nicht in der Lage ist, sich selbst zu vertreten, sie die Kosten der Prozessführung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet2.

Danach lagen bei der hier vom Bundesverfassungsgericht abgelehnten PKH-Bewilligung die erforderlichen Voraussetzungen nicht vor:

Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargetan, dass er gehindert wäre, seine Rechte selbst und ohne anwaltliche Hilfe angemessen wahrzunehmen3. Er ist Volljurist und damit – wie seine umfangreichen Schriftsätze zeigen – grundsätzlich in der Lage, eine zulässige Verfassungsbeschwerde zu erheben. Soweit er hiergegen unter Verweis auf die fehlenden Erfolgsquoten sowie seine Berufstätigkeit Einwände erhebt, steht dies einer Selbstvertretung nicht entgegen. Zum einen ist der Antragsteller nur im Umfang von 30 Wochenstunden vertragsgemäß beschäftigt, sodass er im Übrigen Kapazitäten für die Durchsicht und die Verfassung einer Verfassungsbeschwerde hätte. Zum anderen hat der Antragsteller nicht dargelegt, dass die Erfolgsquote einer von einem mit dem Verfassungsrecht vertrauten Juristen höher läge als die eines vergleichsweise unbedarften Rechtskundigen. Auch sind unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Antragsschrift keine sonstigen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller außerstande sein könnte, den Sachverhalt sowie seine Interessen und Rechte, die er wahrnehmen will, selbst darzustellen.

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. Januar 2023 – 1 BvR 1757/22

  1. vgl. BVerfGE 1, 109 <110 f.> 1, 415 <416> 79, 252 <253> 92, 122 <123> BVerfG, Beschluss vom 23.02.2022 – 1 BvR 2434/21, Rn. 1[]
  2. vgl. BVerfGE 78, 7 <19 f.> 92, 122 <123> BVerfG, Beschluss vom 09.07.2010 – 2 BvR 2258/09, Rn. 6; Beschluss vom 02.12.2016 – 1 BvR 2014/16, Rn. 2 m.w.N.; Beschluss vom 02.03.2020 – 2 BvR 1819/19, Rn. 3[]
  3. vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.01.2022 – 1 BvR 1748/21, Rn. 2[]