Sachverständigengutachten – und die Anknüpfungstatsachen

Bei den Tatsachen, auf denen ein Sachverständiger sein Gutachten aufbaut, den „Anknüpfungstatsachen“, sind zwei Gruppen zu unterscheiden: solche, die nur er auf Grund seiner Sachkunde erkennen kann, und solche, die auch das Gericht mit den ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisund Beweismitteln feststellen könnte.

Sachverständigengutachten – und die Anknüpfungstatsachen

Die zur ersten Gruppe gehörenden Tatsachen, z.B. die von einem medizinischen Sachverständigen auf Grund ärztlicher Untersuchung oder ärztlicher Eingriffe gemachten Feststellungen, die sogenannten Befundtatsachen, können durch die gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen in die Hauptverhandlung eingeführt; und vom Gericht verwertet werden1. Wenn aber der Gutachter bei seiner Untersuchung außerdem erhebliche, z.B. das Tatgeschehen betreffende Tatsachen dadurch erfährt, dass er eine Auskunftsperson befragt oder der Vernehmung von Zeugen beiwohnt, so tut er dies nicht auf Grund einer fachkundigen Untersuchung, sondern mit Mitteln, deren sich auch das nicht fachkundige Gericht bedienen kann.

Diese letzteren vom Sachverständigen ermittelten Tatsachen (Zusatztatsachen) müssen in zulässiger Weise in die Hauptverhandlung eingeführt werden, etwa durch Vernehmung des Gutachters und (oder) der von ihm Angehörten als Zeugen2, sofern es für das Gutachten oder aus anderen Gründen auf derartige Tatsachen ankommt.

Sind die vom Sachverständigen – nicht auf Grund seiner besonderen Sachkunde – ermittelten Tatsachen offenkundig oder hat sich das Gericht anderweitig von ihrer Richtigkeit überzeugt, so kann der Sachverständige in seinem Gutachten von ihnen ausgehen.

Weiterlesen:
Das Sachverständigengutachten im Betreuungsverfahren

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. Oktober 2019 – 4 StR 528/19

  1. BGH, Urteil vom 07.06.1956 – 3 StR 136/56, BGHSt 9, 292[]
  2. vgl. BGH, Urteile vom 07.06.1956 – 3 StR 136/56, BGHSt 9, 292; vom 13.02.1959 – 4 StR 470/58, BGHSt 13, 1; vom 26.10.1962 – 4 StR 318/62, BGHSt 18, 107, 108[]

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