Auch nach dem Wohnungseigentumsgesetz in der ab dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung stellt es keine unzulässige Beschränkung der Bestellung oder Abberufung des Verwalters dar, wenn das Kopfprinzip durch Vereinbarung zugunsten des Objekt- oder des Wertprinzips abbedungen worden ist [1].

Das gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG vorgesehene Kopfprinzip kann mithin durch die in der Teilungserklärung enthaltene Regelung der Abstimmung nach dem Objektprinzip oder dem Wertprinzip wirksam abbedungen werden. Darin liegt keine Beschränkung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG. Der Bundesgerichtshof hat für die gleichlautende Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung entschieden, dass sie einer von dem Kopfstimmrecht abweichenden Vereinbarung des Objektprinzips (Stimmrecht nach der Anzahl der Wohnungseigentumsrechte) oder des Wert- bzw. Anteilsstimmrechts (Stimmrecht nach der Größe der Miteigentumsanteile) nicht entgegensteht [2].
Allerdings ist umstritten, ob daran auch nach dem Wohnungseigentumsgesetz in der ab dem 1.07.2007 geltenden Fassung festzuhalten ist.
Teils wird mit Blick auf die in § 12 Abs. 4 Satz 2, § 16 Abs. 5 WEG und § 22 Abs. 2 Satz 2 WEG enthaltenen Bestimmungen geltend gemacht, zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen müsse § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG dahingehend ausgelegt werden, dass die Vereinbarung eines von dem Kopfprinzip abweichenden Stimmprinzips unzulässig sei [3]. Dagegen sieht die überwiegende Ansicht dies weiterhin als zulässig an [4].
Der Bundesgerichtshof hält für § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung daran fest, dass diese Vorschrift einer Vereinbarung des Objekt- oder Wertprinzips nicht entgegensteht. Die für eine Unabdingbarkeit des Kopfprinzips angeführten Argumente überzeugen nicht.
Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG sind solche Beschränkungen der Bestellung oder Abberufung des Verwalters unzulässig, die nicht in § 26 Abs. 1 Satz 1 bis 4 WEG vorgesehen sind. § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG schreibt lediglich das Mehrheitsprinzip als solches fest mit der Folge, dass die Bestellung oder Abberufung des Verwalters nicht durch Vereinbarung etwa von dem Erreichen einer qualifizierten Mehrheit oder von einem einstimmigen Beschluss abhängig gemacht werden kann. Der Regelungsgehalt von § 26 Abs. 1 Satz 1 und 5 WEG erstreckt sich dagegen nicht auf die Frage, ob die erforderliche Mehrheit nach Köpfen, Objekten oder Miteigentumsanteilen zusammengesetzt sein muss. Dies kann zwar wie auch hier entscheidende Auswirkung auf das Abstimmungsergebnis haben. Es handelt sich aber nicht um eine „Beschränkung“ im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG, sondern um die Definition der Stimmenmehrheit [5]. Insoweit verweist § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG auf § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG. Das dort im Grundsatz vorgesehene Kopfprinzip ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG abdingbar [6]. Den dispositiven Charakter verliert § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG aufgrund der Verweisung nicht.
Die von der Gegenauffassung herangezogenen, in § 12 Abs. 4 Satz 2, § 16 Abs. 5 WEG und § 22 Abs. 2 Satz 2 WEG enthaltenen Bestimmungen sind für die Auslegung von § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG unergiebig.
In diesen Vorschriften ist seit der am 1. Juli 2007 in Kraft getretenen Reform des Wohnungseigentumsrechts jeweils vorgesehen, dass bestimmte Befugnisse der Wohnungseigentümer durch Vereinbarung „nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen“ werden können, wie beispielsweise die Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung durch Stimmenmehrheit (§ 12 Abs. 4 Satz 1 WEG) oder die Beschlussfassung über bestimmte Modernisierungsmaßnahmen durch qualifizierte Mehrheit (§ 22 Abs. 2 Satz 1 WEG). Damit bezweckte der Gesetzgeber eine Hinwendung zum Mehrheitsprinzip in Abkehr von dem Prinzip der Einstimmigkeit [7]. Ob damit allerdings nur das Mehrheitsprinzip als solches oder wovon das Berufungsgericht ausgeht auch die Unabdingbarkeit des Kopfprinzips verankert worden ist, ist ohnehin unklar und umstritten. Während eine verbreitete Ansicht letzteres annimmt [8], hält die Gegenauffassung die Vereinbarung des Objekt- oder Wertprinzips für zulässig [9]. Andere nehmen nur für die eine qualifizierte Mehrheit erfordernden Beschlüsse nach § 16 Abs. 4 WEG und § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG einen gesetzlich angeordneten Vorrang des Kopfprinzips an [10]. Die Gesetzesbegründung enthält, so der Bundesgerichtshof, insoweit keine Vorgaben.
Dort heißt es zwar, dass die „Beschlusskompetenz einschließlich der Mehrheitsmacht“ nicht abbedungen werden kann [11]. Vorgaben zu der Stimmkraft sind damit aber gerade nicht gemacht worden [12].
Ob die in § 12 Abs. 4 Satz 2, § 16 Abs. 5 WEG und § 22 Abs. 2 Satz 2 WEG enthaltenen Bestimmungen dahingehend auszulegen sind, dass das Kopfprinzip unabdingbar ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn schon dem Wortlaut nach hat § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG nicht zwingend den gleichen Regelungsgehalt wie die genannten Vorschriften. Zudem verweist die Revisionserwiderung zutreffend darauf, dass die Bestimmung gegenüber § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG aF unverändert geblieben ist. Dies erlaubt den Schluss, dass der Gesetzgeber sich in Kenntnis der gefestigten Rechtsprechung und nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur nicht veranlasst gesehen hat, das Kopfprinzip bei der Bestellung oder Abberufung des Verwalters nunmehr gesetzlich für unabdingbar zu erklären. Einer solchen ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers bedürfte es schon aus praktischen Gründen, weil der Verwalter die Bestimmungen der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung beachten muss, solange gesetzliche Vorgaben nicht entgegenstehen [13]. Zudem zielt die Vorschrift ihrem Zweck nach nicht darauf ab, über die Festlegung des Mehrheitsprinzips hinausgehende Vorgaben für die interne Willensbildung zu machen, sondern soll in erster Linie die Einflussnahme Dritter – etwa Kreditgeber oder Bauträger – auf die Verwalterbestellung oder abberufung verhindern [14].
Schließlich ist der Sache nach die unbedingte Durchsetzung des Kopfprinzips nicht geboten, weil es dem Objekt- oder Wertprinzip nicht generell überlegen ist [15]. Immerhin bestimmen sich die mit der Verwaltung verbundenen wirtschaftlichen Lasten im Regelfall nach den Miteigentumsanteilen und nicht nach Köpfen. Nicht zu verkennen ist zwar die Gefahr der Majorisierung durch einzelne Eigentümer zu Lasten einer rechnerischen Mehrheit nach Kopfzahlen. Den erforderlichen Minderheitenschutz gewährleistet aber das Prinzip ordnungsmäßiger, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechender Verwaltung (§ 21 Abs. 5 WEG) und dessen gerichtliche Kontrolle im Wege der Anfechtungsklage. Daraufhin sind Beschlüsse sorgfältig zu überprüfen [16].
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Oktober 2011 – V ZR 253/10
- Fortführung von BGH, Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 ff.[↩]
- BGH, Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 53 f.[↩]
- so insbesondere Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 25 Rn. 32, § 26 Rn. 39; ders., ZWE 2009, 15, 19 ff.[↩]
- Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 26 Rn. 8; Rüscher, in: Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Rn. 750 f.; Scheel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl., Teil 9, Rn.20; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 26 Rn. 37; MünchKomm-BGB/Engelhardt, 5. Aufl., § 26 WEG Rn. 8; Greiner, ZWE 2011, 118, 120; Häublein, ZMR 2010, 805, 806[↩]
- unzutreffend daher Merle, ZWE 2009, 15, 16[↩]
- BGH, Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 53; Elzer in Jennißen, aaO, § 25 Rn. 12 jeweils mwN[↩]
- vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 10 f., 22, 25, 32[↩]
- Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rn. 136; Merle in Bärmann aaO, § 22 Rn. 349, § 25 Rn. 31; Timme/Bonifacio, WEG, § 16 Rn. 228; Timme/Hogenschurz, WEG, § 12 Rn. 65; Drasdo, RNotZ 2007, 264, 265; Häublein, FS Bub (2007) S. 113, 118 ff.; ders., ZMR 2007, 409, 410 ff.[↩]
- Klein in Bärmann, aaO, § 12 Rn. 52; Löffler in Jennißen, aaO, § 12 Rn. 43; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 68 c; Hügel/Elzer, NZM 2009, 457, 463[↩]
- Rüscher, in: Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Rn. 751; Derleder, ZWE 2008, 253, 256 f.; Greiner, ZWE 2011, 118, 120[↩]
- BT-Drucks. 16/887 S. 25, S. 32, vgl. auch S. 22[↩]
- so zutreffend Derleder, ZWE 2008, 253, 256; Greiner, ZWE 2011, 118, 120[↩]
- Greiner, ZWE 2011, 118, 120[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.06.2002 – V ZB 39/01, BGHZ 151, 164, 177 f. mwN[↩]
- vgl. Derleder, ZWE 2008, 253, 256; Hügel/Elzer, NZM 2009, 457, 463[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 53 f.; Jennißen in Jennißen, aaO, § 26 Rn. 40 bis 42; Derleder, ZWE 2008, 253, 256[↩]
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