Die TA Lärm darf auch im Rahmen der Bauleitplanung zur Bestimmung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen künftigen Zu- und Abfahrtsverkehrs herangezogen werden, der einem geplanten großflächigen Einzelhandelsbetrieb zuzurechnen ist [1]. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Gemeinde bei der Festsetzung eines entsprechenden Sondergebiets solche Auswirkungen unberücksichtigt lassen dürfte, die nach Nr. 7.4 der TA Lärm 1998 der Anlage nicht mehr zugerechnet werden können. Zur Vermeidung von Verfahrens- und ggf. auch Abwägungsfehlern sind vielmehr sämtliche Auswirkungen i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO in den Blick zu nehmen. Entsprechende Fehler scheiden allerdings aus, wenn diese verkehrlichen Auswirkungen zu keiner Erhöhung der Verkehrslärmimmissionen führen können.

Grundsätzlich sind sämtliche Auswirkungen der Planung und nicht nur – wie im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren – die der im Plangebiet vorgesehenen Anlage nach der TA Lärm zurechenbaren Immissionen in den Blick zu nehmen. Zwar kann zur Bestimmung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen künftigen Zu- und Abfahrtsverkehrs, der einem im Plangebiet typischerweise zulässigen Vorhaben zuzurechnen ist, auch im Rahmen der Bauleitplanung die TA Lärm herangezogen werden [2]. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Gemeinde solche Auswirkungen ohne Weiteres unberücksichtigt lassen darf, die nach Nr.07.4 der TA Lärm nicht mehr der Anlage zugerechnet werden können. Dies gilt umso mehr, als solche Auswirkungen im anschließenden Baugenehmigungsverfahren nicht mehr ohne Weiteres bewältigt werden können. Dies folgt bereits aus dem Gebot gerechter Abwägung (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB); diese hat sämtliche Auswirkungen i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO in den Blick zu nehmen [3]. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass auch der unter Inanspruchnahme einer öffentlichen Straße abgewickelte Zu- und Abgangsverkehr (einschließlich des Andienungsverkehrs) der Anlage, durch deren Nutzung er ausgelöst wird, zuzurechnen ist, sofern er sich innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereichs bewegt und vom übrigen Straßenverkehr unterscheidbar ist [4]. Dass dies nur für den Fall gälte, dass sämtliche Voraussetzungen der Nr.07.4 der TA Lärm erfüllt sind, lässt sich dieser Rechtsprechung [5] nicht entnehmen [6].
Nach der Planbegründung hat der Gemeinderat im hier vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschiedenen Fall seiner Abwägungsentscheidung im Anschluss an das schalltechnische Gutachten vom 19.02.2009 zwar nur die für die Zulassung von Anlagen maßgebliche TA Lärm zugrundegelegt. Die Verkehrsgeräusche auf der B 34 – einschließlich der Aufstellfläche für Linksabbieger – hat der Gemeinderat im Hinblick auf Nr.7.4 dieser Allgemeinen Verwaltungsvorschrift nicht mehr unmittelbar in den Blick genommen, obwohl sich die Antragsteller auch gegen den zusätzlichen Lärm auf der Bundesstraße gewandt hatten. Lediglich im Zusammenhang mit den zu erwartenden Luftschadstoffen hat der Gemeinderat – unter ergänzender Bezugnahme auf die „Abschätzende Berechnung der CO2“ – darauf abgehoben, dass eine etwa geringfügige Verkehrszunahme durch neu hinzukommende Kunden durch die bereits absehbare deutliche Verkehrsentlastung der B 34 mit Fertigstellung der Ortsumfahrung im Zuge der A 98 wieder um ein Mehrfaches kompensiert würde.
Ein Ermittlungs- und ein damit ggf. einhergehendes Bewertungsdefizit läge insofern jedoch nur dann vor, wenn die von der Bundesstraße – einschließlich der Aufstellfläche für Linksabbieger – zusätzlich ausgehenden Lärmwirkungen (ggf. zusammen mit dem Parkplatzlärm) überhaupt zu einer Erhöhung der Verkehrslärmimmissionen führen konnten. Davon kann indes nach den, auf entsprechende Nachfragen des Senats nochmals bekräftigten übereinstimmenden Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Vertreter der Ingenieurgesellschaft für Akustik und Bauphysik G. + M. und des Büros für Umwelt-Engineering nicht (mehr) ausgegangen werden. Nach deren Einschätzung kommt es vor dem Hintergrund der DTV-Belastung der Bundesstraße (B 34) mit ca. 13.000 bis 14.000 Fahrzeugen, von der auch nach den bereits eingetretenen Entlastungen immer noch auszugehen war, auch bei einer den Kundenverkehr (Parkplatz, Abbiegeverkehr auf der B 34) einbeziehenden Gesamtlärmbetrachtung rechnerisch zu keiner Erhöhung des Lärmpegels. Dies gelte selbst dann, wenn entsprechend der RLS-90 (Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen) für die Aufstellfläche für Linksabbieger ein Zuschlag von 3 dB(A) wie bei einer lichtzeichengeregelten Kreuzung oder Einmündung berücksichtigt würde. Denn dies ergebe selbst bei 1.500 Fahrzeugbewegungen am Tag lediglich einen Pegel von 53 dB(A), welcher aufgrund der erheblichen Differenz zu keiner Erhöhung des von der Bundesstraße im Übrigen verursachten Immissionswerts von ca. 70 dB(A) führen könnte. Diese ohne Weiteres nachvollziehbaren Aussagen der Gutachter anzuzweifeln, hat der Senat keinen Anlass, zumal ihnen auch die Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten sind. Zwar blieben die den Parkplatz des Getränkemarkts anfahrenden zusätzlichen Fahrzeugmengen unberücksichtigt, jedoch hat schon bisher ein nicht unerheblicher Teil der Kunden sowohl die dem Lebensmittel- wie auch die dem Getränkemarkt zugeordneten Parkplätze in der Weber- bzw. Hauptstraße über die Bundesstraße angefahren (vgl. die „Abschätzende Berechnung der CO2-“ v. 18.06.2009: ca. 300 dem Lebensmittelmarkt zuzurechnende Fahrzeugbewegungen)). Insofern stellt die Annahme von 1.500 zusätzlichen Fahrbewegungen eine mehr als konservative Betrachtung dar. Schließlich wird ohnehin nur ein Teil des Kundenverkehrs (vgl. die „Abschätzende Berechnung der CO2-“ v. 18.06.2009, a.a.O.: allenfalls 75 %) gerade über den Aufstellstreifen für Linksabbieger abgewickelt, für den allenfalls ein Zuschlag (wegen besonderer Lästigkeit) gerechtfertigt wäre. Dass schließlich bei der von der Gemeinde angeführten weiteren Entlastung der B 34 (um weitere ca.01.600 Fahrzeuge, vgl. den Vermerk des Planungsbüros K. v. 05.06.2009) nach Fertigstellung der Ortsumfahrung O. anderes gelten könnte, ist ebenso wenig zu erkennen, nachdem die Gutachter bereits bei Pegeldifferenzen von mehr als 15 dB(A) jegliche Relevanz im Rahmen einer Gesamtlärmbetrachtung verneint haben.
Führen aber auch die aufgrund der Zufahrtsänderung erhöhten Verkehrsstärken auf der B 34 – einschließlich der Aufstellfläche für Linksabbieger – im Hinblick auf die schon bisher von der stark befahrenen B 34 (einschließlich des Andienungsverkehrs) ausgehenden Verkehrslärmimmissionen bei einer Gesamtlärmbetrachtung (unter Einbeziehung des Parkplatzlärms) jedenfalls zu keiner abwägungserheblichen Verschlechterung der bereits bestehenden Lärmsituation, bedurfte es auch keiner weiteren Lärmberechnungen und darauf bezogener Bewertungen mehr. Daran ändert nichts, dass tatsächlich bereits von Immissionswerten an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung auszugehen sein dürfte [7].
Dass die in der Verkehrsuntersuchung 2003 ermittelten Verkehrsmengen als Grundlage für eine Ermittlung der zu erwartenden Lärmwirkungen ungeeignet gewesen wären, weil sie seinerzeit der Entwicklung einer Plankonzeption (Neugestaltung, Dimensionierung der Hauptstraße)^ gedient hatte bzw. nicht mehr aktuell wäre, vermag der Senat nicht festzustellen. Insbesondere lässt der Umstand, dass die Verkehrsstärken – wie allgemein üblich – an einem Dienstag erhoben worden waren, nicht erkennen, dass aus diesem Grund die durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärken (DTV) unzutreffend prognostiziert worden sein könnten, wie sie auch der Berechnung der maßgeblichen Beurteilungspegel nach der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) bzw. der RLS-90 (Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen) zugrunde zu legen sind. Auch wenn die Verkehrsstärken, die immerhin durch die Erhebungen am 15.10.2009 bestätigt wurden, zu gering angesetzt sein sollten, führte dies auf keinen Bewertungsfehler. Denn höhere Verkehrsstärken auf der B 34 führten zu noch höheren Pegeldifferenzen, die eine planungsbedingte Verschlechterung der Immissionslage erst recht ausschlössen.
Vor dem Hintergrund der von den Gutachtern in der mündlichen Verhandlung angestellten Gesamtlärmbetrachtung kann der Gemeinde auch kein Ermittlungs- oder Bewertungsdefizit im Hinblick darauf angelastet werden, dass das Baugebiet nördlich der B 34, welches überwiegend durch Wohnbebauung geprägt erscheint, von ihr ohne Weiteres als allgemeines Wohngebiet behandelt wurde. Auf die konkrete Schutzwürdigkeit der Belange der Antragsteller, die davon abhinge, ob das Baugebiet durch einem reinen Wohngebiet widersprechende Nutzungen und/oder durch die Bebauung südöstlich der B 34, insbesondere den vorhandenen Lebensmittel- und Getränkemarkt mitgeprägt ist, wäre es nur dann angekommen, wenn überhaupt eine Lärmerhöhung zu besorgen war. Eben davon kann vor dem Hintergrund der von der B 34 ohnehin ausgehenden Lärmwirkungen nicht (mehr) ausgegangen werden.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 2. August 2012 – 5 S 1444/10
- wie BVerwG, Beschluss vom 13.12.2007 – 4 BN 41.07, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 128[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.2007 – 4 BN 41.07, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 128[↩]
- vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO
, § 11 Rn. 43[↩] - vgl. BVerwG, Urteil vom 27.08.1998 – 4 C 5.98, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr.190; Beschluss vom 23.07.1992 – 7 B 103.92; Beschluss vom 06.05.1998 – 7 B 437.97[↩]
- vgl. auch Beschluss vom 13.12.2007, a.a.O.[↩]
- vgl. hierzu auch OVG NW, Beschluss vom 24.10.2003 – 21 A 2723/01, NVwZ 2004, 366[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.01.2008 – 9 B 7.07, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 48; Urteil vom 09.07.2008 – 9 A 5.07, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 66[↩]