Eine arbeitsvertragliche Regelung „Der Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin beträgt 30 Werktage.“ stellt auf eine an sechs Wochentagen bestehende Arbeitspflicht ab.

Die Klausel bestimmt, dass der Urlaubsanspruch im Kalenderjahr „30 Werktage“ betragen soll. Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt1. § 3 Abs. 2 BUrlG definiert als „Werktage“ alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind2. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder der Wortlaut noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.
Wie der Urlaubsanspruch zu berechnen ist, wenn die Arbeitszeit nicht auf sechs Wochentage, sondern auf fünf Wochentage verteilt ist, bestimmt diese arbeitsvertragliche Klausel nicht eigenständig. Enthält der Arbeitsvertrag keine weiteren Bestimmungen zur Berechnung des Urlaubsanspruchs, ergeben sich für einen von Berechnungsgrundsätzen des Bundesurlaubsgesetzes abweichenden Regelungswillen der Parteien aus dem Arbeitsvertrag keine Anhaltspunkte. Es ist deshalb von einem Gleichlauf mit den gesetzlichen Berechnungsbestimmungen auszugehen3.
§ 3 Abs. 1 BUrlG unterstellt eine an sechs Tagen der Kalenderwoche bestehende Arbeitspflicht und gewährleistet unter dieser Voraussetzung einen gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen im Kalenderjahr. Ist die Arbeitszeit auf weniger oder mehr als sechs Tage in der Kalenderwoche verteilt, vermindert oder erhöht sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu sichern, ist die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung der für das Urlaubsjahr maßgeblichen Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage zu ermitteln. Der Berechnung der Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 3 Abs. 1 BUrlG muss deshalb stets die Klärung vorausgehen, an wie vielen Tagen der Woche eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung besteht4. Dabei ist grundsätzlich von der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage auszugehen. Ist die Arbeitszeit im gesamten Kalenderjahr gleichmäßig auf weniger oder mehr als sechs Wochentage verteilt, erfolgt die Umrechnung, indem die in § 3 Abs. 1 BUrlG genannten 24 Werktagen durch die Zahl 6 geteilt und mit der Zahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage einer Woche multipliziert werden5.
Danach wäre der im Umfang von 30 Werktagen im Kalenderjahr bestehende Urlaubsanspruch der Arbeitnehmerin unter Berücksichtigung der Verteilung ihrer Arbeitszeit auf fünf Tage der Woche in Arbeitstage umzurechnen. In Anwendung der nach § 3 Abs. 1 BUrlG geltenden Berechnungsgrundsätze hätte der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmerin im Kalenderjahr 25 Arbeitstage betragen.
Allerdings ist zu prüfen, ob die Parteien hinsichtlich des Umfangs des vertraglichen Urlaubs oder dessen Berechnung eine gemäß § 305b BGB vorrangige Individualabrede getroffen haben6, oder ob eine betriebliche Übung vorliegt7, aus der sich ein Anspruch der Arbeitnehmerin auf 30 Arbeitstage Urlaub im Kalenderjahr ergab.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Mai 2019 – 9 AZR 579/16
- BAG 26.10.2016 – 5 AZR 168/16, Rn. 23, BAGE 157, 116[↩]
- vgl. BAG 5.09.2002 – 9 AZR 244/01, zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 102, 321; HWK/Schinz 8. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 7; MHdB ArbR/Klose 4. Aufl. Bd. 1 § 86 Rn. 33[↩]
- vgl. BAG 22.01.2019 – 9 AZR 149/17, Rn. 28[↩]
- HWK/Schinz 8. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 9[↩]
- allgA vgl. BAG 19.03.2019 – 9 AZR 406/17, Rn. 23, 27 f.; ErfK/Gallner 19. Aufl. BUrlG § 3 Rn. 8; HWK/Schinz § 3 BUrlG Rn. 7 ff.; MHdB ArbR/Klose 4. Aufl. Bd. 1 § 86 Rn. 34; MünchKomm-BGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 611 Rn. 926; Schaub ArbR-HdB/Linck 17. Aufl. § 104 Rn. 48[↩]
- vgl. hierzu BAG 24.08.2016 – 5 AZR 129/16, Rn. 18 ff., BAGE 156, 157[↩]
- zu deren Voraussetzungen vgl. BAG 19.09.2018 – 5 AZR 439/17, Rn. 15 f., BAGE 163, 301[↩]