Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst, wenn arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20.12 1999 (VTV) fallen.

Nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV fallen Betriebe unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Bei den Sanierungsarbeiten handelt es sich um bauliche Leistungen zur Instandsetzung eines Bauwerks. Sie dienen primär dazu, Gesundheitsgefahren, die von PCB, KMF und PAK ausgehen und eine Gebäudenutzung (erheblich) einschränken, zu beseitigen. Nach einer erfolgten Sanierung soll das Gebäude wieder bestimmungsgemäß genutzt werden können.
Das hat das Bundesarbeitsgericht für die PCB-Sanierung entschieden1. Nichts anderes kann für die gleichgelagerten Tätigkeiten in Bezug auf KMF (Künstliche Mineralfasern) und PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) gelten.
Für die in den Abschnitten I bis III des § 1 Abs. 2 VTV genannten Tätigkeiten ist es nach der tariflichen Formulierung notwendig, dass sie mit Werkstoffen, Arbeitsmitteln und Arbeitsmethoden des Baugewerbes ausgeführt werden2. Das ist hier der Fall. Durch Verwendung von Folien und Luftabsaugmaschinen werden typische Mittel und Methoden des Baugewerbes eingesetzt und angewandt3. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin kann es nicht darauf ankommen, ob die von der Arbeitgeberin abgesaugten Schadstoffe zuvor von ihr abgespachtelt wurden. Es ist ausreichend, dass die Arbeitgeberin sie – wie sie selbst einräumt – „herausnimmt“ und absaugt. Die Arbeitgeberin hat zwar vorgetragen, die Absauggeräte seien letztlich nichts anderes als Staubsauger. Die Arbeitgeberin behauptet jedoch nicht, dass sie mit Haushaltsstaubsaugern arbeitet. Vielmehr gehört der Einsatz von Absauggeräten zu den gängigen Methoden der PCB-Sanierung. Die Absauggeräte sind damit Arbeitsmittel des Baugewerbes. Das Absaugen mithilfe der Geräte diente – wie die gesamte Sanierung – der Instandsetzung von Bauwerken und stand demnach mit den übrigen Arbeiten im baulichen Zusammenhang. Dies hat der Kläger als Einzugstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes schlüssig vorgetragen. Es ist von der Arbeitgeberin nicht iSv. § 138 Abs. 2 ZPO ausreichend bestritten worden und deshalb nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen.
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, obliegt dem Kläger4. Sein Sachvortrag ist schlüssig, wenn er Tatsachen vorträgt, die den Schluss rechtfertigen, der Betrieb des Arbeitgebers werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst. Dazu gehört neben der Darlegung von Arbeiten, die sich § 1 Abs. 2 VTV zuordnen lassen, auch die Darlegung, dass diese Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen5. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger jede Einzelheit der behaupteten Tätigkeiten vorträgt. Dies kann er in der Regel auch nicht, da er in seiner Funktion als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien regelmäßig keine näheren Einblicke in die dem Gegner bekannten Arbeitsabläufe hat und ihm eine Darlegung erschwert ist. Er darf deshalb, wenn Anhaltspunkte für einen Baubetrieb vorliegen, auch von ihm nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Unzulässig ist dieses prozessuale Vorgehen erst dann, wenn er ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „ins Blaue hinein“ aufstellt. Dies kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden oder wenn er selbst nicht an die Richtigkeit seiner Behauptungen glaubt6. Liegt ein entsprechender Tatsachenvortrag vor, hat sich der Arbeitgeber hierzu nach § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO vollständig und wahrheitsgemäß unter Angabe der maßgeblichen Tatsachen zu erklären. Ihm obliegt regelmäßig die Last des substanziierten Bestreitens, weil der Kläger außerhalb des Geschehensablaufs steht und keine näheren Kenntnisse der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber sie kennt und ihm die entsprechenden Angaben zuzumuten sind7.
Nach diesen Maßgaben hat der Kläger schlüssig vorgetragen. Er hat sich auf die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen bezogen. Dazu gehörte insbesondere die Prüfungsniederschrift der Agentur für Arbeit vom 25.08.2008. Darin war festgestellt worden, dass die Arbeitgeberin einerseits Abbrucharbeiten, andererseits Brandschadensanierungen inklusive aller damit verbundenen Tätigkeiten ausgeführt hat; nach dem Inhalt der Prüfungsniederschrift fielen sogar ausschließlich Bauarbeiten an. Der Kläger hatte damit ausreichenden Anlass zu behaupten, dass die von der Arbeitgeberin aufgeführten und schon in der Anlage zum Prüfbericht genannten einzelnen Tätigkeitsgruppen wie Spezialschadstoffentsorgung, Absaugen von Schadstoffen, Reinigungsarbeiten, Schuttentsorgung, Abfuhr von Abbruchmaterialien im baulichen Zusammenhang standen. Die betreffenden Darlegungen des Klägers sind nicht „ins Blaue hinein“ erfolgt, sondern gründen sich auf den Prüfbericht der Agentur für Arbeit. Dass der Kläger nicht konkret zu den Arbeitsabläufen bei einzelnen Sanierungsmaßnahmen der Arbeitgeberin vorgetragen hat, macht seinen Vortrag nach den genannten Grundsätzen nicht unschlüssig, da er keinerlei eigenes Wissen über die betreffenden Vorgänge hatte.
Die Arbeitgeberin hat die schlüssigen Behauptungen des Klägers nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, substanziiert bestritten. Sie hat sich vielmehr in unzulässiger Weise mit Nichtwissen erklärt (§ 138 Abs. 4 ZPO).
Ohne Verstoß gegen die Wahrheitspflicht darf eine Partei die Behauptung der Gegenpartei bestreiten, wenn ihr subjektiver Wissensstand darauf schließen lässt, die erhobene Behauptung sei unwahr. Lässt dagegen ihr subjektiver Wissensstand diesen Schluss nicht zu, so darf sie nicht bestreiten. Sie darf sich auch nicht mit Nichtwissen erklären, wenn sie eigene Kenntnisse hat, die für die Wahrheit der Behauptung sprechen. Die Partei darf sich weder „blind stellen“ noch „mauern“. Mit Nichtwissen darf sie sich nur dann erklären, wenn sie zu der behaupteten Tatsache aus eigener oder in ihrem Geschäfts- oder Verantwortungsbereich gewinnbarer Kenntnis nichts erklären kann. Wo eigenes Wissen vorhanden ist oder nach der Lebenserfahrung eigenes Wissen vorhanden sein muss, darf die Partei nicht „mit Nichtwissen“ bestreiten. Genau genommen enthält die Erklärung mit Nichtwissen kein Bestreiten, sondern lediglich die Aussage, es könne mangels eigener Kenntnis nicht gesagt werden, ob die Behauptung wahr oder falsch sei. Diese Erklärung darf nur dann abgegeben werden, wenn sie richtig ist, also eigene Kenntnisse tatsächlich nicht vorliegen8.
Nachdem der Kläger die Tätigkeiten benannt hatte, hätte die Arbeitgeberin im Einzelnen die – ihr naturgemäß bekannten – in ihrem Betrieb bei Abbrucharbeiten und Sanierungen üblichen Arbeitsabläufe darstellen können und müssen. Die – im Wesentlichen unstreitigen – Teiltätigkeiten sind gewöhnlich aufeinander bezogen und miteinander praktisch verknüpft; so geht es auch aus dem Prüfbericht der Agentur für Arbeit hervor, in dem lediglich Brandschadensanierung und Abbruch als Tätigkeitsbereiche benannt werden und alle anderen einzelnen Arbeitsschritte als mit Abbruch bzw. Sanierung zusammenhängend gekennzeichnet sind. Der Vortrag der Arbeitgeberin im Prozess beschränkt sich darauf, die einzelnen – unstreitigen – Tätigkeiten zu benennen und sie als „baufremd“ oder „ohne baulichen Zusammenhang“ und teilweise als „für Dritte erbracht“ zu kennzeichnen. Damit will sie, ohne konkrete Tatsachen aus ihrem Kenntnisbereich hinzufügen zu müssen, den baulichen Zusammenhang der betreffenden Teiltätigkeiten bestreiten. Sie trägt damit jedoch keinerlei über das Unstreitige hinausgehende Tatsachen vor, sondern fügt lediglich eine ihr nach ihrer Auffassung günstige Rechtsauffassung hinzu, indem sie den baulichen Zusammenhang pauschal leugnet. Das geschieht in dem von der Arbeitgeberin schriftsätzlich erklärten Bemühen, keine Tatsachen preiszugeben, die zur Schlüssigkeit der Klage beitragen könnten. Die Arbeitgeberin bemüht sich also, ihren Vortrag so zu gestalten, dass er keine dem Kläger günstige rechtliche Bewertung erlaubt. Damit wird sie ihrer prozessualen Pflicht nicht gerecht. Gerade wenn sie Anhaltspunkte dafür hat, dass die ihr bekannten Tatsachen, zu deren Kenntnis die Gegenpartei keinerlei Zugang hat, den Vortrag der Gegenpartei bestätigen oder bekräftigen könnten, muss sie diese Tatsachen vortragen. Anderenfalls wären die Grundsätze der abgestuften Darlegungslast ausgerechnet in den Fällen wirkungslos, für die sie entwickelt wurden. Soweit aber die „Spezialschadstoffentsorgung“ weder selbst eine bauliche Leistung dargestellt noch im Zusammenhang mit der eigenen baulichen Haupttätigkeit der Arbeitgeberin (Abbruch, Sanierung, Absaugen) gestanden haben sollte, hätte die Arbeitgeberin dies ohne Weiteres anhand der Arbeitsabläufe und der von ihr abgeschlossenen Verträge im Einzelnen darlegen können.
Da die Arbeitgeberin den vom Kläger behaupteten baulichen Zusammenhang der Schadstoffsanierungsarbeiten nicht ausreichend bestritten hat, sind die entsprechenden Behauptungen des Klägers als unstreitig der Entscheidung zugrunde zu legen.
Aus denselben Gründen müssen auch die Behauptungen des Klägers zur Aufstellung und Inbetriebnahme der Dekontaminationsschleusen mit weiteren 5 % als unstreitig angesehen werden. Der Kläger hatte entsprechend dem Prüfbericht der Agentur für Arbeit behauptet, die betreffenden Arbeiten stünden als Teiltätigkeiten im Zusammenhang mit den Instandsetzungsarbeiten. Die Arbeitgeberin hat sich auch hier auf den Vortrag beschränkt, diese Tätigkeit habe keinen baulichen Zusammenhang und werde „für Dritte“ erbracht. Darin liegt nach den og. Grundsätzen kein ausreichendes Bestreiten. Die Arbeitgeberin war verpflichtet, die ihr – wie sich aus ihrem eigenen Vorbringen ergibt und wie im Übrigen auf der Hand liegt – bekannten Tatsachen zu den Arbeitsabläufen darzulegen, insbesondere auszuführen, für welche „Dritte“ als für die Schadstoffsanierung zuständige Unternehmen sie aus welchen Gründen Dekontaminationsschleusen aufstellte, wie sich die Zusammenarbeit mit diesen „Dritten“ gestaltete und inwiefern die Schleusen aus dem Zusammenhang der Sanierungsaufträge herausgelöst wurden. Ist damit der bauliche Zusammenhang unstreitig, sind die betreffenden Arbeiten jedenfalls als Zusammenhangstätigkeiten9 den Sanierungsarbeiten zuzurechnen.
Ob noch weitere Tätigkeiten unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV fallen, kann dahinstehen, da bereits die genannten Arbeiten mehr als 50 % der betrieblichen Arbeitszeit ausmachen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Januar 2014 – 10 AZR 415/13
- BAG 27.10.2010 – 10 AZR 351/09, Rn. 13 ff.[↩]
- BAG 25.02.1987 – 4 AZR 230/86, BAGE 55, 67[↩]
- BAG 27.10.2010 – 10 AZR 351/09, Rn. 16[↩]
- BAG 18.05.2011 – 10 AZR 190/10, Rn. 12; 25.04.2007 – 10 AZR 246/06, Rn. 28[↩]
- BAG 16.06.2010 – 4 AZR 934/08, Rn. 25; 28.04.2004 – 10 AZR 370/03, zu II 2 a der Gründe[↩]
- BAG 18.05.2011 – 10 AZR 190/10, Rn. 12; 16.06.2010 – 4 AZR 934/08, Rn. 25[↩]
- BAG 14.03.2012 – 10 AZR 610/10, Rn. 14; vgl. auch 17.04.2013 – 10 AZR 185/12, Rn. 14 ff.[↩]
- BAG 12.02.2004 – 2 AZR 163/03, Rn.19[↩]
- vgl. BAG 15.01.2014 – 10 AZR 669/13, Rn.19, 20; 14.03.2012 – 10 AZR 610/10, Rn. 10 ff.[↩]