Erklärt der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer zur selben Zeit mehrere Änderungskündigungen, die je für sich das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Änderung lediglich einer bestimmten – jeweils anderen – Vertragsbedingung und den Hinweis enthalten, der Arbeitnehmer erhalte zugleich weitere Änderungskündigungen, sind die Angebote nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 2 Satz 1 KSchG, § 145 BGB, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht.

Eine Änderungskündigung ist gemäß § 2 Satz 1 KSchG ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen hinzukommen. Dieses Angebot muss, wie jedes Angebot iSv. § 145 BGB, eindeutig bestimmt oder doch bestimmbar sein1. Es muss nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre so konkret gefasst sein, dass es einer Annahme durch den Arbeitnehmer ohne Weiteres zugänglich ist. Für diesen muss zweifelsfrei deutlich werden, welche Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen. Nur so kann er eine fundierte Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Da der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen innerhalb einer kurzen Frist auf das Änderungsangebot reagieren muss, ist schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern, dass in dem Änderungsangebot zum Ausdruck kommt, zu welchen neuen Bedingungen das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitgebers fortbestehen soll . Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung2.
Bei der Würdigung, ob das Änderungsangebot diesen Anforderungen genügt, ist dessen Inhalt durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Dabei können und müssen auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende, zur Erforschung seines Inhalts geeignete Umstände herangezogen und berücksichtigt werden. Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB bei der Änderungskündigung nicht nur auf die Kündigungserklärung, sondern auch auf das Änderungsangebot erstreckt, ist nach der Ermittlung des einschlägigen rechtsgeschäftlichen Willens weiter zu prüfen, ob dieser in der Urkunde Ausdruck gefunden hat3. Bei formbedürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist4.
Bei isolierter Betrachtung der einzelnen Kündigungen vom 26. Juli 2006 bleibt das mit ihnen jeweils unterbreitete Änderungsangebot unklar. Zwar hat die Beklagte die jeweilige Änderung der Arbeitsbedingungen als einzelne konkret und nachvollziehbar beschrieben. Die betreffenden Kündigungsschreiben geben aber jedes für sich genommen keine hinreichende Auskunft darüber, mit welchem weiteren Inhalt das Arbeitsverhältnis fortbestehen soll. Sie sind in dieser Hinsicht widersprüchlich. Während die Erklärung, die „sonstigen Arbeitsvertragsbedingungen“ bzw. „sonstigen Arbeitsvertragsregelungen“ des Klägers blieben „unverändert“, auf ein abschließendes Änderungsangebot mit der Folge hindeutet, der übrige Inhalt des Arbeitsverhältnisses solle unangetastet bleiben, wird dieser Erklärungsgehalt anschließend durch den Hinweis auf zu erwartende weitere Änderungskündigungen wieder in Frage gestellt. Dabei ist den jeweiligen Schreiben – für sich genommen – weder zu entnehmen, um welche weiteren Änderungen es gehen soll, noch geben sie zu erkennen, in welcher Beziehung die einzelnen Kündigungen und die mit ihnen verbundenen Änderungsangebote zueinander stehen sollen.
Diese Unklarheit wird durch den Inhalt der jeweils weiteren Kündigungsschreiben und deren „Durchnummerierung“ von Nr. 1 bis Nr. 5 nicht beseitigt. Zwar deuten diese Gesichtspunkte darauf hin, dass es der Beklagten darauf ankam, eine Änderung der Arbeitsbedingungen hinsichtlich aller durch die Kündigungen berührten Beschäftigungsbedingungen zu erreichen. Sie lassen aber nicht die Annahme zu, die Beklagte habe dem Kläger in Wahrheit keine voneinander unabhängigen Änderungsangebote, sondern ein einziges, lediglich in mehreren Teilerklärungen ausgedrücktes Änderungsangebot unterbreiten wollen. Einem solchen Verständnis steht gerade der Ausspruch getrennter Änderungskündigungen und die in ihnen enthaltene Erklärung entgegen, die sonstigen Arbeitsbedingungen blieben unverändert. Auch nach den Ausführungen der Beklagten selbst hat diese mit dem Ausspruch getrennter Änderungskündigungen das Ziel verfolgt, das Arbeitsverhältnis je nach Ausgang des zu erwartenden Kündigungsschutzprozesses ggf. lediglich mit einem Teil der angestrebten Änderungen fortzusetzen. Die Änderungskündigungen enthalten gemäß ihrem objektiven Erklärungswert somit einerseits das Angebot, das Arbeitsverhältnis nur bei Änderung der Arbeitsbedingungen in allen angesprochenen Punkten fortzusetzen, andererseits das Angebot, es auch mit einzelnen der betreffenden Änderungen fortzuführen, ohne dass die Beklagte diese Willenserklärungen in ein von ihr bestimmtes Verhältnis zueinander gesetzt hätte. Ein solches Angebot ist perplex. Es führt zur Unwirksamkeit der Änderungskündigungen.
Die Ansicht des Arbeitgebers, die gewählte Vorgehensweise sei um der „größtmöglichen Wirksamkeitsgewährleistungen“ willen nötig, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Es stünde im Widerspruch zum Recht der Willenserklärung.
Zwar trifft es zu, dass bei einer Änderungskündigung, mit der der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen in mehreren Punkten erreichen will, bereits die Unverhältnismäßigkeit einer der angestrebten Vertragsänderungen zur Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt führt. Das Gericht kann in einem solchen Fall die Kündigung nicht in Teilen für wirksam erklären5. Gleichwohl bilden Kündigung und Änderungsangebot im Fall der Änderungskündigung eine innere Einheit3. Nach den Grundprinzipien des Kündigungsschutzrechts ist jede Kündigung mit dem in ihr enthaltenen Änderungsangebot eigenständig und unabhängig von der Wirksamkeit weiterer Kündigungen und deren Inhalt auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen. Das verlangt, dass sich der Änderungswille des Arbeitgebers in der jeweiligen Änderungskündigung vollständig abbildet. Das Risiko des Arbeitgebers, die von ihm angestrebten Änderungen im Fall der Unverhältnismäßigkeit einer von ihnen insgesamt nicht durchsetzen zu können, vermag ihn nicht von der Verpflichtung zu entbinden, dem Arbeitnehmer mit jeder Kündigung ein in sich klares und annahmefähiges Änderungsangebot zu unterbreiten. Dies ist hier nicht geschehen.
Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 10. September 2009 – 2 AZR 822/07 sowie 823 – 840/07
- vgl. BAG vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03, BAGE 112, 58; vom 17.05.2001 – 2 AZR 460/00, EzA BGB § 620 Kündigung Nr. 3[↩]
- BAG vom 15.01.2009 – 2 AZR 641/07, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141 m.w.N.[↩]
- BAG vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03, BAGE 112, 58[↩][↩]
- Palandt/Ellenberger BGB 68. Aufl. § 133 Rn. 19[↩]
- BAG vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, BAGE 119, 332; vom 23. Juni 2005 – 2 AZR 642/04, BAGE 115, 149[↩]