Ärztliches Attest bereits am 1. Krankheitstag

Meldet sich ein Arbeitnehmer krank, kann der Arbeitgeber schon ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest fordern. Das Verlangen des Arbeitgebers, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon ab dem ersten Tag der Krankheit vorzulegen, bedarf weder einer Begründung noch ist die Aufforderung des Arbeitgebers vom Gericht auf „billiges Ermessen“ zu überprüfen.

Ärztliches Attest bereits am 1. Krankheitstag

Mit diesem Urteil hat das Landesarbeitsgericht Köln die Klage einer Arbeitnehmerin abgewiesen, die sich für den Tag krank gemeldet hatte, für den sie vorher vergeblich eine Dienstreise beantragt hatte. Der Arbeitgeber hatte sie daraufhin aufgefordert, künftig am ersten Tag der Krankmeldung ein ärztliches Attest einzuholen und vorzulegen. Die Arbeitnehmerin sah das als sachlich ungerechtfertigt an.

Die Rechtmäßigkeit der Anweisung, die ärztliche Bescheinigung bereits für den ersten Tag der Krankschreibung vorzulegen, folgt aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG. Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber berechtigt, vom Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung früher als nach drei Kalendertagen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG) zu verlangen.

Die Aufforderung des Arbeitgebers nach § 5 Abs. 1 EFZG bedarf weder einer Begründung noch eines Sachverhalts, der Anlass für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers gibt1. Das folgt aus dem insoweit eindeutigen Normwortlaut und der Gesetzessystematik.

Einer im Schrifttum ähnlich stark vertretenen differenzierenden Meinung ist daher nicht zu folgen. Nach dieser Auffassung ist das Verlangen des Arbeitgebers auf billiges Ermessen zu überprüfen2.

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Die Vertreter dieser Auffassung stellen wesentlich auf den Weisungscharakter der Anweisung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ab und unterwerfen diese daher den rechtlichen Grenzen des § 106 GewO. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass § 5 EFZG insoweit eine speziellere Regelung für den Bereich der Nachweispflicht in der Entgeltfortzahlung darstellt, die unter Spezialitätsgesichtspunkten den allgemeinen Bestimmungen zum Weisungsrecht in § 106 GewO vorgeht. Eine Überprüfung auf allgemeine Billigkeit hat daher bei § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG gerade nicht zu erfolgen. Es bleibt allein bei den allgemeinen gesetzlichen Schranken der Willkür und des Verbots diskriminierenden Verhaltens.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.09.2011 – 3 Sa 597/11

  1. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.10.2009 – 2 Sa 130/09, BeckRS 2011, 66401;ErfK/Dörner, 11. Aufl., § 5 EFZG Rn. 12; Handbuch, 13. Aufl., § 98 Rn. 120 f.; Ricken, in: BeckOK EFZG, § 5 Rn. 21; Feichtinger/Malkmus, EFZG, 2. Aufl., § 5 Rn. 21; Lepke, Kündigung bei Krankheit, 13. Aufl., Rn. 540 f.[]
  2. so z. B.HWK/Schliemann, 4. Aufl., § 5 EFZG Rn. 36; Boecken, NZA 1999, 679; Schlachter, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 3. Aufl., § 75 Rn. 20; Treber, EFZG, 2. Aufl., § 5 Rn. 36; Vossen, in: Dornbusch/Fischermeier/Löwisch, Arbeitsrecht, 3. Aufl., § 5 EFZG Rn. 13; DLW/Dörner, Arbeitsrecht, 8. Aufl., B Rn. 1989; wohl auch Küttner/Griese, Personalbuch, 18. Aufl., Arbeitsunfähigkeit Rn. 11[]
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