Beruht die altersdiskriminierende Wirkung einer Regelung ausschließlich auf einer Altersstaffelung, kann der Gleichbehandlungsgrundsatz nur dadurch gewahrt werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie den Angehörigen der privilegierten Gruppe. Die begünstigende Regelung bleibt das einzig gültige Bezugssystem, solange keine Maßnahmen zur Gleichbehandlung beider Personengruppen getroffen sind. Eine „Anpassung nach unten“ scheidet aus.

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall konnten Schichtfreizeitansprüche nach den bei der Arbeitgeberin geltenden Tarifverträgen nur bis zum Inkrafttreten des MTV 2005 am 1.03.2005 entstehen. Die bis zu diesem Zeitpunkt unter Geltung des MTV 1994 begründeten Schichtfreizeitansprüche wurden durch Abs. 1 der Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und MTV 2012 für die Zukunft festgeschrieben.
Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV 2005 war der hier klagende Arbeitnehmer 37 Jahre alt. Nach der Staffelung der Schichtfreizeitansprüche in § 5 Abs. 1 MTV 1994 stand ihm ein Anspruch auf sechs Schichtfreizeittage pro Kalenderjahr zu. Weitere Schichtfreizeittage konnte der Arbeitnehmer auf der Grundlage von Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 nicht verlangen. Er hatte im Stichtag des 31.12 1993 nicht mindestens das 35. Lebensjahr, sondern erst das 26. Lebensjahr vollendet.
Der Anspruch auf insgesamt zwölf Schichtfreizeittage für das Jahr 2013 beruht darauf, dass die Altersstaffeln für die Schichtfreizeittage in § 5 Abs. 1 MTV 1994 und Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 sowie der Stichtag des 31.12 1993 in Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verstoßen. Sie sind deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Die Schichtfreizeitansprüche sind „nach oben“ anzupassen. Der Arbeitnehmer ist zu behandeln, als hätte er in den maßgeblichen Zeitpunkten bereits das Lebensalter aufgewiesen, das erforderlich war, um in die jeweils höchste Altersstufe nach § 5 Abs. 1 MTV 1994 und Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 zu fallen.
Das Bundesarbeitsgericht ging in diesem Fall, wie zuvor bereits das Landesarbeitsgericht Hamm1, davon aus, dass die Höhe der Schichtfreizeitansprüche nach § 5 Abs. 1 MTV 1994, Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 und Abs. 1 der Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 am Maßstab des AGG zu messen ist. Es kommt nicht darauf an, dass der Umfang der Schichtfreizeitansprüche auf den MTV 1994 zurückgeht, dessen Regelungen vor Inkrafttreten des AGG am 18.08.2006 getroffen wurden. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt des benachteiligenden Verhaltens. Das AGG findet Anwendung, wenn eine Benachteiligungshandlung nach seinem Inkrafttreten stattfindet, auch wenn sie auf eine Tarifregelung gestützt wird, die älter ist als das AGG. § 33 Abs. 1 AGG enthält keine entgegenstehende Übergangsregelung2.
Die Höhe des Anspruchs auf Schichtfreizeittage ist daher anhand der Vorgaben des AGG zu kontrollieren. Die in § 5 Abs. 1 MTV 1994 und Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 vorgesehenen Staffelungen der Schichtfreizeittage sowie der Stichtag des 31.12 1993 in Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 benachteiligen den Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 AGG unmittelbar und ungerechtfertigt wegen seines Alters. Die Altersdiskriminierung wird über die Besitzstandsregelungen in Abs. 1 der Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und MTV 2012 fortgeschrieben. Die Altersstaffeln und der Stichtag verstoßen gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG.
Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Dazu gehört das Alter. Um eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG handelt es sich, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist3.
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Unter Geltung des MTV 1994 standen dem Arbeitnehmer die eingeklagten Schichtfreizeitansprüche nach § 5 Abs. 1 MTV 1994 und Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 nur deswegen nicht zu, weil er nicht das Lebensalter erreicht hatte, um in die jeweils höchste Altersstufe zu fallen. Ein wie der Arbeitnehmer schon vor Geltung des MTV 1994 eingestellter, aber hinreichend älterer Arbeitnehmer hätte dagegen Anspruch auf die vom Arbeitnehmer geforderten Schichtfreizeittage gehabt und eine günstigere Behandlung erfahren. Diese Benachteiligung wirkt über die Besitzstandsregelungen in Abs. 1 der Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und MTV 2012 fort.
Die Benachteiligung beruht ausschließlich und unmittelbar auf dem Alter. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts stellen die anspruchsbegründenden Regelungen auf das Lebensalter ab und nicht auf die Betriebszugehörigkeit.
Die unmittelbare Benachteiligung folgt aus einem Vergleich des Arbeitnehmers mit der Gruppe von Arbeitnehmern, die vor Geltung des MTV 1994 eingestellt wurden und bei Inkrafttreten des MTV 2005 alt genug waren, um die Höchstzahl der möglichen Schichtfreizeittage zu erwerben. Die unterschiedliche Höhe von Schichtfreizeitansprüchen beruht innerhalb dieser Gruppe nicht auf dem Erfordernis der Betriebszugehörigkeit zu einem bestimmten Stichtag vor Inkrafttreten des MTV 2005. Alle „Altarbeitnehmer“ erfüllen die Voraussetzung der Betriebszugehörigkeit gleichermaßen. Die Arbeitnehmer, die erst nach Inkrafttreten des MTV 2005 eingestellt wurden, sind demgegenüber keine Vergleichsgruppe. Sie sind nach den tariflichen Regelungen von den Ansprüchen auf die Schichtfreizeittage ausgenommen. Ihnen gegenüber wird der Arbeitnehmer nicht benachteiligt.
Vor Inkrafttreten des MTV 2005 konnten Schichtfreizeitansprüche nach dem MTV 1994 nur in Abhängigkeit vom Alter erworben werden. Der Regelungsgehalt von Abs. 1 der Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und MTV 2012 erschöpft sich darin, diese unmittelbar an das Alter anknüpfende Regelung über die Geltungsdauer des MTV 1994 hinaus fortzuschreiben. Darin liegt keine altersneutrale Regelung.
Der Arbeitnehmer wird aufgrund seines Alters unmittelbar benachteiligt, obwohl die Tarifvertragsparteien vom Lebensalter abhängige Schichtfreizeitansprüche seit dem MTV 2005 nicht mehr vorgesehen haben. Die altersgestaffelten Schichtfreizeitansprüche wurden im MTV 2005 nur für Arbeitnehmer abgeschafft, die unter Geltung des MTV 2005 neu eingestellt wurden. Für die Gruppe der „Altarbeitnehmer“, die wie der Arbeitnehmer bereits vor der Geltung des MTV 1994 eingestellt worden waren, wurden die bis zum Inkrafttreten des MTV 2005 entstandenen Schichtfreizeitansprüche dagegen nicht beseitigt. Sie wurden durch Abs. 1 der Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und MTV 2012 verstetigt. Perpetuiert wurden damit auch die unmittelbaren Benachteiligungen innerhalb der Gruppe der „Altarbeitnehmer“, die sich aus der Anwendung der Altersstaffelungen in § 5 Abs. 1 MTV 1994 und Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 ergaben.
Die unmittelbare Ungleichbehandlung zulasten des Arbeitnehmers ist nicht gerechtfertigt.
Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist nach § 10 Satz 1 AGG zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen4. § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. Der deutsche Gesetzgeber hat den Text der Richtlinie nahezu wörtlich in das nationale Recht übernommen. Dessen Regelungen sind unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auszulegen5. Ziele, die als legitim iSv. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, sind auch legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG. Sie sind geeignet, unmittelbare Benachteiligungen wegen des Alters zu rechtfertigen.
Zu den legitimen Zielen in diesem Sinn gehört der Schutz älterer Beschäftigter. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert das Ziel durch eine Aufzählung von Maßnahmen, die zu diesem Zweck ergriffen werden dürfen. Der Schutz kann erreicht werden, wenn besondere Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen festgelegt werden6. Dazu können zusätzliche Urlaubstage in Abhängigkeit vom Lebensalter gehören. Notwendig ist jedoch, dass mit zunehmendem Alter ein erhöhtes Erholungsbedürfnis entsteht, das durch die konkrete Regelung der Urlaubsansprüche gefördert wird. Die Regelung darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um diesen Zweck zu erreichen. Diese Umstände hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen. Er genügt seiner Darlegungslast nicht bereits dann, wenn er allgemein geltend macht, die Regelung diene dem Schutz älterer Arbeitnehmer. Er hat substantiierten Sachvortrag zu leisten7.
Den Besitzstand einer Personengruppe zu wahren, kann ein Ziel sein, das eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters rechtfertigt8. Wird eine altersdiskriminierende Regelung abgeschafft, kann es gerechtfertigt sein, den begünstigten Arbeitnehmern die bislang aus ihr folgenden Vorteile für einen Übergangszeitraum zu belassen9.
Nach der Rechtsprechung des EuGH kann das Ziel der Besitzstandswahrung dagegen keine Maßnahme rechtfertigen, mit der eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird, die durch die Reform eines diskriminierenden Systems, zu der diese Maßnahme gehört, beseitigt werden soll. Eine solche Maßnahme ist, auch wenn sie die Wahrung des Besitzstands und den Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Arbeitnehmer sicherstellen kann, nicht geeignet, für die vom früheren System benachteiligten Arbeitnehmer ein diskriminierungsfreies System zu schaffen10.
Darin liegt der Unterschied zu den Bestimmungen, die die Überleitung der unter Geltung des BAT eingestellten Arbeitnehmer in das Vergütungssystem des TVöD zum Gegenstand hatten. Diese Regelungen hat der EuGH mit der Erwägung gebilligt, dass sich die Vergütung im Anschluss an eine zeitlich befristete Übergangsphase von zwei Jahren allein anhand der im TVöD vorgesehenen Kriterien entwickeln werde. Zu ihnen gehört das Lebensalter nicht. Daher sei damit zu rechnen, dass diskriminierende Auswirkungen für alle Arbeitnehmer schrittweise verschwinden würden11.
Die unmittelbare Benachteiligung des Arbeitnehmers ist nach diesen Grundsätzen nicht gerechtfertigt.
Der Gedanke der vorübergehenden Besitzstandswahrung trägt die unmittelbare Ungleichbehandlung durch die unveränderte Fortschreibung der unter Geltung des MTV 1994 erworbenen Ansprüche aufgrund der Besitzstandsregelungen im MTV 2005 und MTV 2012 nicht. Für den Arbeitnehmer wird der altersdiskriminierende Ausschluss von weiteren Schichtfreizeitansprüchen nach den Vorschriften des MTV 1994 ohne zeitliche Beschränkung durch Abs. 1 der Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und MTV 2012 fortgeschrieben. Die Schichtfreizeitansprüche bleiben stets unverändert.
Die Fortschreibung der Altersstaffelungen des MTV 1994 durch Abs. 1 der Zusatzvereinbarungen zum MTV 2005 und MTV 2012 ist auch nicht durch den Schutz älterer Arbeitnehmer gerechtfertigt.
Es ist schon nicht ersichtlich, dass die in § 5 Abs. 1 MTV 1994 und Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 vorgesehenen Staffelungen der Schichtfreizeittage den Zweck verfolgten, ältere Arbeitnehmer mit zunehmendem Lebensalter zu entlasten. Das hätte ein Ansteigen der Schichtfreizeittage ab Vollendung des 51. Lebensjahres erwarten lassen. Ab dieser Altersschwelle waren aber sowohl nach § 5 Abs. 1 MTV 1994 als auch aufgrund von Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 keine weiteren Zuwächse an Schichtfreizeittagen zu erreichen.
Der Zweck des Schutzes älterer Arbeitnehmer ließ sich nach Einführung des MTV 2005 für die „Altarbeitnehmer“, sofern sie nicht bereits in die jeweils höchste Altersstufe fielen, ohnehin nicht mehr verwirklichen. Das zeigt das Beispiel des Arbeitnehmers. Ungeachtet seines fortschreitenden Lebensalters blieb es für ihn ab dem 1.03.2005 bei den bis dahin erworbenen sechs Schichtfreizeittagen. Der Schutz des behaupteten Erholungsbedürfnisses älterer Arbeitnehmer hätte eine weiterhin mit dem Lebensalter ansteigende Zahl an Schichtfreizeittagen erfordert.
Die Arbeitgeberin hat keinen Vortrag geleistet, aus dem sich ergibt, dass die Staffelung der Schichtfreizeitansprüche gleichwohl den Schutz älterer Arbeitnehmer bezweckt. Sie hat sich auf die pauschale Behauptung beschränkt, ältere Arbeitnehmer seien erholungsbedürftiger. Damit hat sie ihrer Vortragslast für einen Rechtfertigungsgrund nach § 10 AGG nicht genügt.
Die nicht gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung des Arbeitnehmers führt zu einer „Anpassung nach oben“. Tarifliche Regelungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Eine solche Unwirksamkeit kann unterschiedliche Auswirkungen haben.
Der EuGH hat klargestellt, dass Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vorschreibt. Die Richtlinienvorgabe belässt ihnen vielmehr unter Berücksichtigung der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit, zwischen den verschiedenen Lösungen zu wählen, die zur Verwirklichung des verfolgten Ziels geeignet sind12. Im deutschen Recht ist die Vorgabe durch die Anordnung der Unwirksamkeit nach § 7 Abs. 2 AGG umgesetzt worden. Die bloße Nichtanwendung der unwirksamen Regelung kann genügen, um dem Diskriminierungsverbot Genüge zu tun. Betrifft die Unwirksamkeit eine begünstigende Regelung, kann dies zu einer „Anpassung nach unten“ führen, mit der der Vorteil, den die unwirksame Regelung vermittelt, für alle Arbeitnehmer entfällt13.
Die hier zu beurteilende Gestaltung wahrt die Erfordernisse einer „Anpassung nach unten“ für die Zukunft jedoch nicht. Sie unterscheidet sich von dem Fall, über den das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.02.2016 entschieden hat14. Dort verstieß lediglich eine Komponente, die nötige Vollendung des 55. Lebensjahres, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, während die Honorierung einer 15-jährigen Betriebstreue aufrechterhalten blieb. Es gab also auch nach der „Eliminierung“ der diskriminierenden Bestimmung ein gültiges Bezugssystem, wie es der EuGH verlangt15. In der Konstellation, über die das Bundesarbeitsgericht jetzt zu befinden hat, beruht die altersdiskriminierende Wirkung allein auf den Altersstaffelungen in § 5 Abs. 1 MTV 1994 und Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 sowie dem Stichtag des 31.12 1993. Solange – wie hier – keine Maßnahmen getroffen worden sind, um die Gleichbehandlung wiederherzustellen, kann der Gleichbehandlungsgrundsatz in einem solchen Fall nur dadurch gewahrt werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie diejenigen, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen. Die begünstigende Regelung bleibt das einzig gültige Bezugssystem, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist16. Eine „Anpassung nach unten“ scheidet aus.
Die Erfüllung des Anspruchs auf weitere Schichtfreizeittage für das Jahr 2013 ist mit Ablauf des 31.03.2014 aufgrund von § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden.
Nach Abs. 4 der Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 müssen die Schichtfreizeittage innerhalb des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, gewährt und genommen werden, spätestens jedoch bis zum 31.03.des Folgejahres. Abs. 4 der Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 ist mit geringfügigen Abweichungen an den Wortlaut des § 7 Abs. 3 BUrlG angelehnt. Aus § 7 Abs. 3 BUrlG wird im deutschen Urlaubsrecht abgeleitet, der Urlaubsanspruch verfalle grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, spätestens mit Ablauf des Übertragungszeitraums am 31.03.des Folgejahres. Die Erfüllung des Anspruchs kann wegen § 275 Abs. 1 BGB nicht mehr verlangt werden. § 275 Abs. 4 BGB eröffnet für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, unter den weiteren Voraussetzungen der § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung zu beanspruchen. Das erfordert grundsätzlich, dass der Arbeitgeber das Leistungshindernis zu vertreten hat. Das ist nach § 276 Abs. 1 BGB der Fall, wenn er das Leistungshindernis vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat. Tritt das Leistungshindernis ein, nachdem der Arbeitnehmer den Arbeitgeber durch eine Mahnung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verzug gesetzt hatte, hat der Arbeitgeber nach § 287 Satz 2 BGB auch Zufall zu vertreten, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde. Der zum Schadensersatz verpflichtete Arbeitgeber hat in erster Linie Naturalrestitution zu leisten, dh. nach § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Hat der Arbeitgeber zu vertreten, dass Freistellungsansprüche des Arbeitnehmers unmöglich geworden sind, folgt daraus die Pflicht, den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen, als wäre der anspruchsausschließende Umstand nicht eingetreten17.
Diese Grundsätze sind auf Abs. 4 der Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 zu übertragen. Die Schichtfreizeittage konnten nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2013, längstens bis zum 31.03.2014 gewährt und genommen werden. Der Arbeitnehmer hat seine weiteren Schichtfreizeittage aber rechtzeitig im September 2013 von der Arbeitgeberin verlangt. Das führt zu einem Schadensersatzanspruch auf Nachgewährung von sechs Schichtfreizeittagen für das Jahr 2013 aus § 5 Abs. 1 MTV 1994, Buchst. b der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 7 MTV 1994 iVm. §§ 1, 3, 7 AGG und § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1, § 283, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. April 2017 – 6 AZR 119/16
- LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2015 – 2 Sa 263/15[↩]
- vgl. BAG 12.04.2016 – 9 AZR 659/14, Rn.19; 25.03.2015 – 5 AZR 460/13, Rn. 24[↩]
- vgl. BAG 11.08.2016 – 8 AZR 809/14, Rn. 48; 18.02.2016 – 6 AZR 700/14, Rn. 17, BAGE 154, 118[↩]
- vgl. BAG 11.08.2016 – 8 AZR 4/15, Rn. 104, BAGE 156, 71[↩]
- BAG 18.02.2016 – 6 AZR 700/14, Rn. 17, BAGE 154, 118[↩]
- vgl. BAG 12.04.2016 – 9 AZR 659/14, Rn. 22[↩]
- vgl. BAG 15.11.2016 – 9 AZR 534/15, Rn.20; 18.10.2016 – 9 AZR 123/16, Rn.20[↩]
- vgl. EuGH 19.06.2014 – C‑501/12 ua. – [Specht ua.] Rn. 64[↩]
- vgl. EuGH 9.09.2015 – C‑20/13 – [Unland] Rn. 46, 49; 11.11.2014 – C‑530/13 – [Schmitzer] Rn. 42; 8.09.2011 – C‑297/10 und – C‑298/10 – [Hennigs und Mai] Rn. 90, 92, 98, Slg. 2011, I‑7965; näher Thüsing/Pötters EuZW 2015, 935, 936[↩]
- vgl. EuGH 28.01.2015 – C‑417/13 – [Starjakob] Rn. 39; 11.11.2014 – C‑530/13 – [Schmitzer] Rn. 44[↩]
- vgl. EuGH 8.09.2011 – C‑297/10 und – C‑298/10 – [Hennigs und Mai] Rn. 96, Slg. 2011, I‑7965[↩]
- vgl. EuGH 28.01.2015 – C‑417/13 – [Starjakob] Rn. 44[↩]
- vgl. BAG 18.02.2016 – 6 AZR 700/14, Rn. 34, BAGE 154, 118[↩]
- 6 AZR 700/14, Rn. 30 ff., BAGE 154, 118[↩]
- vgl. EuGH 28.01.2015 – C‑417/13 – [Starjakob] Rn. 47; 19.06.2014 – C‑501/12 ua. – [Specht ua.] Rn. 96; BAG 18.02.2016 – 6 AZR 700/14, Rn. 31, aaO[↩]
- vgl. EuGH 28.01.2015 – C‑417/13 – [Starjakob] Rn. 46 f. mwN[↩]
- vgl. für das bisherige nationale Verständnis im Urlaubsrecht das Vorabentscheidungsersuchen durch BAG 13.12 2016 – 9 AZR 541/15 (A), Rn. 13 mwN[↩]