Anfechtung einer Betriebsratswahl – und die Anfechtungsbegründung

Ein Antragsteller im Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG hat innerhalb der Anfechtungsfrist nicht nur die Erklärung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl zu beantragen, sondern hierzu auch eine Begründung vorzutragen.

Anfechtung einer Betriebsratswahl – und die Anfechtungsbegründung

Das folgt schon aus § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, wonach die Beteiligten an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken haben.

Ist innerhalb der Anfechtungsfrist eine hinreichende Begründung erfolgt, können weitere Anfechtungsgründe nachgeschoben werden.

Das Gericht ist dann auch gehalten, von Amts wegen allen für eine Wahlanfechtung in Betracht kommenden Wahlverstößen nachzugehen, die sich aus dem Vortrag der Beteiligten ergeben1.

Eine innerhalb der Anfechtungsfrist erklärte Anfechtung ohne Begründung genügt nicht.

Die Anforderungen an die Begründung dürfen im Hinblick darauf, dass das Gericht im Beschlussverfahren den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG von Amts wegen zu erforschen hat, nicht überspannt werden2. Erforderlich und ausreichend ist es, wenn innerhalb der Anfechtungsfrist ein betriebsverfassungsrechtlich erheblicher Grund vorgetragen wird, der möglicherweise die Anfechtung rechtfertigt3. Der Antragsteller muss innerhalb der Anfechtungsfrist einen Sachverhalt darlegen, der einen Anlass zu seiner Ansicht geben kann, es sei bei der Wahl gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts verstoßen worden4.

Diesen Anforderungen genügten in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall die Ausführungen in der innerhalb der Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärten Wahlanfechtung: Die Antragsteller haben die gerügten Wahlfehler darin zwar ohne detaillierte Sachverhaltsangaben nur in aufgelisteten Punkten zusammengefasst angegeben. Gleichwohl enthalten die Ausführungen Vortrag zu betriebsverfassungsrechtlich erheblichen Gründen, die möglicherweise die Anfechtung rechtfertigen. Das gilt jedenfalls für die in der Antragsschrift in den Punkten Nr. 2 und 3 monierten Verstöße. Danach haben die Antragsteller gerügt, die Wählerliste und der Abdruck der Wahlordnung seien nicht bis zum Abschluss der Stimmabgabe einsehbar gewesen und die Wählerliste sei nicht aktualisiert worden. Bei diesen Angaben handelt es sich nicht lediglich um Rechtsbehauptungen, sondern um – wenn auch oberflächliche – Sachverhaltsangaben. Zudem sind für die Begründung des Wahlanfechtungsantrags ergänzend die weiteren Sachverhaltsangaben zu berücksichtigen, die die Antragsteller in der dem Protokoll der Geschäftsstelle beigefügten tabellarischen Aufstellung gemacht haben. Diese Angaben enthalten – wie sich aus der Bezugnahme in dem Protokoll der Geschäftsstelle ergibt – eigenen schriftsätzlichen Vortrag zur Begründung des Wahlanfechtungsantrags. Es handelt sich nicht lediglich um Anlagen, die nur zur Erläuterung eines schriftsätzlichen Vortrags dienen5. In der Aufstellung führen die Antragsteller ua. aus, die Arbeitnehmer G und W seien zur Wahl erschienen und nicht auf der Wählerliste gelistet gewesen, sie seien durch den Wahlvorstand handschriftlich zur Wählerliste hinzugeschrieben und zur Wahl zugelassen worden. Diese den Wahlanfechtungsantrag begründenden Ausführungen genügen insgesamt, um die Ansicht der Antragsteller, es sei gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts verstoßen worden, zu stützen.

Weiterlesen:
Beschlussverfahren - und die Beteiligung des Gesamtbetriebsrats

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21. März 2017 – 7 ABR 19/15

  1. BAG 3.06.1969 – 1 ABR 3/69, zu II der Gründe, BAGE 22, 38; vgl. auch BAG 18.07.2012 – 7 ABR 21/11, Rn. 22[]
  2. Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 94[]
  3. vgl. BAG 29.03.1974 – 1 ABR 27/73, zu II 3 der Gründe, BAGE 26, 107; 3.06.1969 – 1 ABR 3/69, zu II der Gründe, aaO; 24.05.1965 – 1 ABR 1/65, zu B II 2 der Gründe, BAGE 17, 165; Fitting 28. Aufl. § 19 Rn. 36; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 94; Thüsing in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 19 Rn. 57[]
  4. BAG 3.06.1969 – 1 ABR 3/69, zu II der Gründe, aaO[]
  5. vgl. dazu BAG 16.05.2012 – 5 AZR 347/11, Rn. 29, BAGE 141, 330[]