Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Sachentscheidung des Gerichts und deshalb in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung für die Beteiligten keine rechtliche Wirkung mehr entfalten kann1.

Das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung einer Betriebsratswahl entfällt mit dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats. Eine die Wahl für unwirksam erklärende gerichtliche Entscheidung könnte sich dann für die Beteiligten nicht mehr auswirken, da die erfolgreiche Anfechtung der Wahl nach § 19 BetrVG nur für die Zukunft wirkt2.
Die regelmäßige Amtszeit des Betriebsrats beträgt nach § 21 Satz 1 BetrVG vier Jahre. Die Amtszeit endet grundsätzlich spätestens am 31.05.des Jahres, in dem nach § 13 Abs. 1 BetrVG die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden (§ 21 Satz 3 BetrVG). Ist der Betriebsrat nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BetrVG erst im übernächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen, weil er außerhalb des für die regelmäßigen Betriebsratswahlen festgelegten Zeitraums gewählt wurde und seine Amtszeit am 1.03.des Jahres der regelmäßigen Wahl noch nicht ein Jahr betragen hat, endet seine Amtszeit spätestens am 31.05.des Jahres, in dem der Betriebsrat im übernächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen ist (§ 21 Satz 4 BetrVG).
Danach war das Rechtsschutzinteresse in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Verfahren nicht entfallen. Die Amtszeit des am 10.12.2019 gewählten Betriebsrats war im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 4.05.2022 nicht beendet:
Vorliegend ist der Betriebsrat im Jahr 2019 und damit außerhalb des für die regelmäßigen Betriebsratswahlen festgelegten Zeitraums gewählt worden. Da seine Amtszeit am 1.03.2022 mehr als ein Jahr betrug, ist er zwar nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen, also im Zeitraum 1.03.2022 bis zum 31.05.2022. Solange ein neuer Betriebsrat nicht gewählt wurde, endet die Amtszeit aber erst („spätestens“) (vgl. § 21 Satz 3 BetrVG) am 31.05.2022; im Zeitpunkt der Anhörung vor dem Bundesarbeitsgericht am 4.05.2022 war – wie die Beteiligten übereinstimmend angegeben haben – keine Neuwahl des Betriebsrats erfolgt.
Auch das zwischenzeitliche Ausscheiden von Frau B aus dem Arbeitsverhältnis und dem Betriebsrat hat das Rechtsschutzinteresse für den Wahlanfechtungsantrag nicht entfallen lassen. Die Arbeitgeberin moniert nicht lediglich die Wahl von Frau B zum Betriebsratsmitglied3, sondern macht die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl insgesamt und auch aus anderen Gründen geltend. Ihr Interesse an der Weiterführung des Anfechtungsverfahrens ist durch das Ausscheiden von Frau B daher nicht entfallen.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 4. Mai 2022 – 7 ABR 14/21