Im Anschluss an einen Wechsel von Deutschland ins Ausland durch Betriebsübergang kann sich das Arbeitsvertragsstatut ändern. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Annahmeverzugsprozess gegen den ausländischen Betriebserwerber setzt in diesen Fall voraus, dass der Betriebsübergang nach den Vorschriften des ausländischen Rechts dargelegt und bewiesen wird.

Das LugÜ ist von den Gerichten der Mitgliedstaaten anzuwenden, wenn die maßgeblichen Bezugspunkte über den Kreis der Mitgliedstaaten hinausführen und auf einen Lugano-Staat weisen. Diese Grundregel führt Art. 64 Abs. 2 LugÜ (früher Art. 54b Abs. 2) für die drei Bereiche Zuständigkeit, Rechtshängigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung weiter aus. Danach ist das LugÜ insbesondere anzuwenden, wenn die beklagte Partei ihren Wohnsitz in einem sog. „Lugano-Staat“ hat. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte käme für die vorliegende Klage nur in Betracht, soweit sich eine solche aus den besonderen Vorschriften des LugÜ ergäbe. Einschlägig sind die Vorschriften der Art. 18, 19 Nr. 2a LugÜ. Gemäß Art. 18 LugÜ bestimmt sich die internationale Zuständigkeit von Arbeitsgerichten nach der Regelung in Art.19 ff. LugÜ soweit wie hier Ansprüche aus einem individuellem Arbeitsvertrag tangiert sind. Nach Art.19 Nr.1 LugÜ kann ein Arbeitgeber grundsätzlich nur vor den Gerichten des Mitgliedstaates verklagt werden, in dem er seinen Unternehmenssitz hat. In einem anderen Mitgliedsstaat kann ein Arbeitgeber nach Art.19 Nr.2 a LugÜ allenfalls vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt verrichtet hat, verklagt werden.
Damit ist zwingende Voraussetzung für eine Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte,
- dass der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht oder gestanden hat,
- dass der Kläger Ansprüche aus eben diesem Arbeitsverhältnis geltend macht und schließlich
- dass der Kläger seine Arbeitsleistung für die Beklagte in dem Vertragsstaat in dem er nunmehr seine Klage erhebt, gewöhnlich erbringt oder dort zuletzt gewöhnlich erbracht hat.
Der Kläger ist für diese Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig.
In Abgrenzung zu einem Betriebsübergang liegt eine Betriebs(teils)-Stilllegung vor, wenn die Identität der wirtschaftlichen Einheit dadurch aufgehoben wird, dass der Betrieb(steil) nicht unerheblich räumlich verlegt sowie die alte Betriebsgemeinschaft tatsächlich aufgelöst wird und der Aufbau einer wesentlichen neuen Betriebsgemeinschaft erfolgt1. Ein Zwangseintritt des Erwerbers gemäß § 613 a BGB in alle bestehenden Arbeitsverhältnisse ist nach Sinn und Zweck der Norm daher nur dann gewollt, wenn dieser einen funktionsfähigen Organisationszusammenhang als solchen übernimmt und so von dem Vorteil einer vom Vorgänger geschaffenen Betriebsorganisation profitiert2. Der „Erwerber eines Betriebs oder Betriebsteils muss sich folglich geradezu „ins gemachte Bett“ legen3. Ohne die Nutzung der vom Vorgänger konkret geschaffenen Arbeitsorganisation kann es daher letztlich keinen Betriebsübergang geben4.
Eine wirtschaftliche Einheit wahrt demnach insbesondere dann nicht ihre Identität, wenn die Tätigkeiten aufgrund eines erheblich veränderten Konzepts und einer andersartigen Arbeits- oder Organisationsstruktur als wesentlich geändert angesehen werden müssen5. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist ein Betriebsübergang regelmäßig schon abzulehnen, weil von einer erheblichen lokalen Veränderung und der Auflösung der alten Betriebsgemeinschaft ausgegangen werden muss, womit eine Betriebsstilllegung und kein Betriebsübergang mehr gegeben ist6.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Juli 2013 – 22 Sa 63/12
- vgl. BAG, Urteil vom 12.02.1987 – 2 AZR 247/86, NZA 1988, 170, 171[↩]
- Willemsen/Hohenstatt/Schweibert, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 4. Auflage, 2011, G, Rn. 99[↩]
- BAG, Urteil vom 06.04.2006 – 8 AZR 249/04, NZA 2006, 1039, 1042[↩]
- ständige Rspr., vgl. BAG, Urteil vom 06.04.2006 – 8 AZR 249/04, NZA 2006, S. 1039, 1040; BAG, Urteil vom 18.02.1999 – 8 AZR 485/97, NZA 1999, S. 648, 649; BAG, Urteil vom 18.03.1999 – 8 AZR 196/98, NZA 1999, S. 869, 870; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 4. Auflage, 2011, G, Rn. 99[↩]
- BAG, Urteil vom 04.05.2006 – 8 AZR 299/05, NZA 2006, 1096, 1098[↩]
- MünchArbR/Cohnen/Tepass, 3. Auflage, 20012, § 50, Rn. 64; vgl. zur erheblichen lokalen Veränderung und der Ablehnung eines Betriebsübergangs aus der Rechtsprechung: BAG, Urteil vom 16.05.2002 – 8 AZR 319/02, NZA 2003, 93 LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.1995 – 12 Sa 1925/94, LAGE Nr. 45 zu § 613 a BGB; LAG Hamburg, Urteil vom 22.05.2003 – 8 Sa 29/03, AfP 2004, 377[↩]