Haben die Arbeitsvertragsparteien eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt, berührt das nicht die Wirksamkeit der vereinbarten Arbeit auf Abruf. Es gelten die zum Schutz des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Arbeitszeiten (§ 12 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 TzBfG).

Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung1 nicht annimmt.
In welchem zeitlichen Umfang dabei der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten oder – falls diese regelmäßig überschritten wird – nach der tatsächlich praktizierten Arbeitszeit. Denn die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeit bestimmt den zeitlichen Umfang, in welchem der Arbeitnehmer berechtigt ist, Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsleistung anzunehmen2.
Danach befand sich die Beklagte im Streitzeitraum des hier vom Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Rechtsstreits nicht im Annahmeverzug. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger seine Arbeitsleistung in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang, zumindest wörtlich – hätte anbieten müssen3 oder – wie in der Vorinstanz das Landesarbeitsgericht Baden-Württember4 angenommen hat – § 296 Satz 1 BGB eingreift5. Die Parteien haben kein Vollzeitarbeitsverhältnis, sondern ein Teilzeitarbeitsverhältnis in der Form der Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) vereinbart. Das ergibt die Auslegung des § 2 Satz 1 Arbeitsvertrag.
Bei dieser Klausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung6, der keine der Parteien entgegengetreten ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel vom Kläger in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Für die Auslegung kommt es deshalb darauf an, wie die Klausel – ausgehend vom Vertragswortlaut – nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht7.
Ausgehend vom Wortlaut der Klausel haben die Parteien ausdrücklich keine Vollzeitbeschäftigung, sondern eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart. Die Bezeichnung der Beschäftigung als „fest“ dokumentiert zwar den Willen verständiger und redlicher Vertragspartner, dass innerhalb der zuvor in § 1 Satz 1 Arbeitsvertrag fixierten Dauer des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer nicht nur gelegentlich zur Aushilfe, sondern stetig zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Der Umfang der dabei zu leistenden Arbeitszeit ist aber offengelassen worden. Sie soll flexibel – also veränderlich – sein und sich nach den betrieblichen Erfordernissen – also dem Arbeitsanfall und dem Beschäftigungsbedarf – richten. Verbunden mit dem Fehlen jeglichen Hinweises auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit darf bei einer derartigen Klausel ein verständiger Arbeitnehmer redlicherweise nicht annehmen, es solle ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden. Er muss vielmehr davon ausgehen, dass nicht nur die Lage, sondern auch die Dauer der Arbeitszeit variabel ist und die regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt des vereinbarten Beschäftigungsjahres unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers bleibt, er also teilzeitbeschäftigt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 TzBfG) ist.
In diesem Verständnis der Klausel haben die Parteien das Arbeitsverhältnis auch gelebt. Der von der Beklagten gepflegten Heranziehung zur Arbeitsleistung hat der Kläger nach den für das Bundesarbeitsgericht bindenden (§ 559 Abs. 2 ZPO) tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht widersprochen. Soweit der Kläger erstmals im Schriftsatz vom 24.06.2014 vorbringt, anlässlich der Aushändigung von Lohnabrechnungen habe er den Hoteldirektor D mehrfach „seine Arbeitsleistungen“ angeboten und gefragt, „wann die Lohndifferenzen ausgeglichen werden“, handelt es sich um vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellten neuen Sachvortrag in der Revisionsinstanz, der nach § 559 ZPO unbeachtlich ist. Zudem ist der neue Sachvortrag wegen der vereinbarten Arbeit auf Abruf ungeeignet, Annahmeverzug der Beklagten zu begründen.
Für die vom Landesarbeitsgericht angewendete Regel, wonach bei Fehlen einer Teilzeitvereinbarung im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werde8 ist danach kein Raum.
Der Auslegung von § 2 Satz 1 Arbeitsvertrag als Arbeit auf Abruf im Teilzeitarbeitsverhältnis stehen weder § 12 Abs. 1 TzBfG noch der für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg vom 18.03.2002 (im Folgenden: MTV) entgegen.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG muss die Vereinbarung einer Arbeit auf Abruf eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Das bedeutet aber nicht, Arbeit auf Abruf sei nur unter dieser Voraussetzung zulässig9. Die Nichtvereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit bedingt nicht die Unwirksamkeit der Abrede, sondern führt dazu, dass nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt und der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen muss10. Für ein Unterschreiten dieser zum Schutze des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Mindestgrenzen bietet das Vorbringen des Klägers keinen Anhalt.
Die Festlegung einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden in § 6 A MTV betrifft nur vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und steht einer Teilzeitbeschäftigung nicht entgegen. Das bestätigt § 11 Nr. 2 MTV, der in einem Klammerzusatz Teilzeitbeschäftigte definiert als Arbeitnehmer, mit denen eine geringere als die regelmäßige Arbeitszeit vereinbart ist. Der MTV enthält auch keine Regelungen, die die für Teilzeitbeschäftigte in § 12 TzBfG zugelassene Arbeit auf Abruf verbieten oder modifizieren würden.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. September 2014 – 5 AZR 1024/12
- vgl. BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12, Rn. 22 mwN[↩]
- BAG 16.04.2014 – 5 AZR 483/12, Rn. 13[↩]
- vgl. BAG 25.04.2007 – 5 AZR 504/06, Rn.19; 16.04.2013 – 9 AZR 554/11, Rn. 18 mwN[↩]
- LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.06.2012 – 14 Sa 68/11[↩]
- vgl. BAG 8.10.2008 – 5 AZR 715/07, Rn. 24; 26.01.2011 – 5 AZR 819/09, Rn.19, BAGE 137, 38[↩]
- vgl. BAG 15.05.2013 – 10 AZR 325/12, Rn. 17; 17.08.2011 – 5 AZR 406/10, Rn. 11, BAGE 139, 44[↩]
- st. Rspr., vgl. zB BAG 23.10.2013 – 5 AZR 135/12, Rn. 15 mwN[↩]
- vgl. BAG 8.10.2008 – 5 AZR 715/07, Rn.19; 15.05.2013 – 10 AZR 325/12, Rn.19[↩]
- vgl. BAG 7.12 2005 – 5 AZR 535/04, Rn. 31, BAGE 116, 267[↩]
- vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 12 TzBfG Rn. 15, 21; HWK/Schmalenberg 6. Aufl. § 12 TzBfG Rn. 12[↩]