Zu dem für die Streitwertbestimmung in Arbeitsgerichtsverfahren maßgeblichen Arbeitsentgelt im Sinne des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG zählen nicht nur die monatlich anfallenden (Grund)vergütungsbestandteile (Gehalt, Zeitlohn, Fixum, Zuschläge, Prämien, Sachbezüge etc.), sondern auch in anderen Zyklen erfolgende Zuwendungen (wie etwa Urlaubsentgelt, 13. Monatsgehalt), soweit diese nicht Gratifikations‑, sondern Entgeltcharakter haben. Dabei ist es ohne Belang wann das Geld ausgezahlt wird.

In einem jetzt vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschiedenen Fall, der die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG betraf, wandte sich der bei der Beklagten beschäftigte Kläger im Ausgangsverfahren gegen eine ordentliche Kündigung. Der Rechtsstreit endete durch Vergleich. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert zuletzt auf 23.059,55 € festgesetzt sowie einen Vergleichsmehrwert in Höhe von 2.842,16 € veranschlagt. Dabei hat es für den Bestandsschutzantrag ein Viertel der Jahreslohnsumme 2009 (= 54.142,98 €) als Quartalsverdienst (= 13.535,73 €) zugrunde gelegt. In ersterer waren – arbeitsvertraglich als verbindliche Ansprüche zugesagt – ein im Juni 2009 ausbezahltes Urlaubsgeld in Höhe von 696,00 € brutto und ein im November 2009 bezahltes „Weihnachtsgeld“ in Höhe von 4.071,00 € brutto enthalten.
Dies bestätigte jetzt das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: So lässt die gem. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG vom Arbeitsgericht erfolgte Bewertung des Kündigungsschutzantrags mit einer Quartalsvergütung des Klägers in Höhe von 13.535,73 € Ermessensfehler nicht erkennen und wird von den Beteiligten dem Grunde nach auch nicht angegriffen. Auch die vom Arbeitsgericht ermittelte Höhe des Vierteljahreseinkommens ist nicht zu beanstanden. Insoweit besteht Einigkeit, dass dasjenige Bruttoentgelt zugrunde zu legen ist, das der Arbeitnehmer bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in dem auf den streitigen Beendigungstermin folgenden Vierteljahr erzielen würde [1].
Inwieweit nicht monatlich anfallende Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsgehalt, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Jubiläumszuwendungen, Tantiemen etc.) anteilig zu berücksichtigen sind, ist umstritten [2]. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat bislang die Auffassung vertreten, dass Sonderzahlungen – unbeschadet des Charakters der Leistung – jedenfalls dann nicht streitwertrelevant seien, wenn sie nicht in dem o.g. Vierteljahreszeitraum zur Auszahlung anfallen [3].
Mit dem vorliegenden Fall hat sich die Haltung des Gerichts geändert. Neuerdings geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass unter den Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG neben den monatlich anfallenden (Grund)Vergütungsbestandteilen (Gehalt, Zeitlohn, Fixum, Zuschläge, Prämien, Sachbezüge etc.) anteilig auch solche nicht monatlich, sondern in anderen Zyklen erfolgende Zuwendungen fallen, soweit diese nicht Gratifikations‑, sondern Entgeltcharakter haben [4]. Diese Differenzierung erscheint aus Gründen der Rechtsklarheit und zur Vermeidung von Zufälligkeiten bei der Ermittlung des maßgeblichen Arbeitsentgelts i.S.d. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG geboten. Es vermag nicht einzuleuchten, warum der wirtschaftliche Wert eines Arbeitsverhältnisses, das von in monatlichen und in sonstigen Rhythmen auszubezahlenden Vergütungsbestandteilen gekennzeichnet ist, unterschiedlich hoch sein soll, je nach dem, zu welchem Zeitpunkt dieses sein Ende finden soll. Diese Erwägungen gelten im Übrigen auch für die Bemessung des „Monatsverdienstes“ im Sinne des § 10 Abs. 3 KSchG [5].
Im zu entscheidenden Fall sollen die Zahlen für 2009 auch für das Jahr 2010 maßgebend sein, erweist sich die arbeitsgerichtliche Wertermittlung für das Vierteljahreseinkommen gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG als richtig, da die Zahlen für 2009 auch für das Jahr 2010 maßgebend sein sollen. Denn der Kläger hatte einen arbeitsvertraglichen Entgeltanspruch sowohl auf das Urlaubs- als auch das „Weihnachtsgeld“. Diese Entgeltbestandteile sind, auch wenn sie nicht monatlich zur Auszahlung gelangen und in dem Vierteljahreszeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht angefallen wären, anteilig zur Ermittlung des Arbeitsentgelts zu berücksichtigen.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. Februar 2011 – 5 Ta 189/10
- vergl. BAG 19.07.1973 – 2 AZR 190/73 – AP ArbGG 1953 § 12 Nr. 20 = EzA ArbGG § 12 Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 20.01.2009 – 1 Ta 1/09 – MDR 2009, 454; LAG Baden-Württemberg 07.12. 2009 – 5 Ta 133/09[↩]
- vgl. KR-Friedrich, 9. Aufl., § 4 KSchG Rn. 274; GK-ArbGG/Schleusener, Stand September 2009, § 12 ArbGG Rn. 254, jeweils mwN[↩]
- vgl. etwa 28. August 2009 – 5 Ta 55/09[↩]
- so auch LAG Hessen 12.08.1999 – 15 Ta 137/99, NZA-RR 1999, 660; LAG Köln 17.11.1995 – 5 Ta 288/95, NZA-RR 1996, 392[↩]
- vgl. KR-Spilger, 9. Aufl., § 10 KSchG Rn. 33; Hako/Fiebig, 3. Aufl., § 10 KSchG Rn. 8, jeweils mwN[↩]
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