Den Parteien einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung bleibt nach § 18 Abs. 6 TVöD/VKA die nähere Ausgestaltung des Leistungsentgelts überlassen. Dabei haben sie unter Beachtung des Zwecks der Tarifnorm einen Regelungsspielraum auch hinsichtlich der Festlegung etwaiger Ausschluss- und Kürzungstatbestände. Ist in einer solchen Vereinbarung eine abschließende Regelung getroffen, in welchen Fällen eine Leistungsprämie zu kürzen ist, scheidet ein Rückgriff auf den Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ aus.

Nach § 18 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2, Abs. 4 Satz 1 TVöD/VKA besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers zur jährlichen Auszahlung des Leistungsentgelts, welches zusätzlich zum Tabellenentgelt als Leistungsprämie, Erfolgsprämie oder Leistungszulage gezahlt wird. Das jeweilige System der leistungsbezogenen Bezahlung wird gemäß § 18 Abs. 6 TVöD/VKA betrieblich vereinbart und näher ausgestaltet. Von dem tariflichen Regelungsauftrag und der daraus folgenden Regelungsbefugnis ist bei der Arbeitgeberin durch Abschluss der DV Leistungsprämie Gebrauch gemacht worden. Dabei wurde betrieblich ein Leistungsentgelt in Form einer Leistungsprämie, dh. einer einmaligen Zahlung auf der Grundlage einer Zielvereinbarung (§ 18 Abs. 4 Satz 2 TVöD/VKA), vereinbart. Auf dieser Grundlage steht dem Arbeitnehmer ein ungekürztes Leistungsentgelt auf der Basis einer Punktzahl von fünf Punkten aufgrund der „fast vollständigen“ Erreichung des Teamziels „Umsetzung der Archivorganisation“ zu.
So auch in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall: Der klagende Arbeitnehmer fällt als Tarifbeschäftigter der Stadtwerke gemäß § 1 Abs. 1 DV Leistungsprämie unter deren persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde für die Gruppe der Beschäftigten, welcher der Arbeitnehmer angehört, ein Teamziel mit dem Inhalt „Umsetzung der Archivorganisation“ vereinbart. § 18 Abs. 4 Satz 5 TVöD/VKA lässt ausdrücklich zu, dass das Leistungsentgelt auch an Gruppen von Beschäftigten gewährt werden kann. Die Dienstvereinbarung sieht die Vereinbarung von Teamzielen nach deren Regelungen in § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 5 und § 5 Abs. 5 vor.
Ausweislich der für den Arbeitnehmer ausgestellten Leistungskarte hat die Organisationseinheit, welcher der Arbeitnehmer angehört, ein Ergebnis von fünf Punkten erzielt, was gemäß § 11 Abs. 2 DV Leistungsprämie einer fast vollständigen Zielerreichung ab 90 % entspricht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Erreichung des Teamziels mit fünf Punkten zutreffend bewertet worden ist. Der Arbeitnehmer hat diesen Punktwert zur Grundlage seiner Berechnung der Klageforderung gemacht.
Das Ergebnis der Zielerreichung des Teams ist nach § 11 Abs. 5, § 18 Abs. 6 DV Leistungsprämie auf den Arbeitnehmer zu übertragen. Eine Kürzung der Punktzahl aufgrund der krankheitsbedingten, außerhalb des Entgeltfortzahlungszeitraums liegenden Fehlzeiten des Arbeitnehmers in der Zielvereinbarungsperiode vom 01.05.2017 bis zum 30.04.2018 kommt nach der für die Ausgestaltung des Leistungsentgelts im Beschäftigungsbereich des Arbeitnehmers allein maßgeblichen Dienstvereinbarung nicht in Betracht.
§ 18 TVöD/VKA trifft selbst keine ausdrückliche Regelung dazu, wie sich Arbeitsunfähigkeitszeiten, die über den Entgeltfortzahlungszeitraum nach § 22 Abs. 1 TVöD/VKA hinausgehen, auf das Leistungsentgelt in seinen verschiedenen möglichen Ausprägungen als Leistungsprämie, Erfolgsprämie, Leistungszulage oder gemischtes Modell auswirken. Auch § 22 iVm. § 21 TVöD/VKA trifft dazu keine Bestimmung, abgesehen davon, dass im Referenzzeitraum gezahlte Leistungsentgelte nach § 21 Satz 3 TVöD/VKA nicht in die Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts bei einer nachfolgenden Arbeitsunfähigkeit einfließen. Die Tarifnorm überlässt diese Frage vielmehr der betrieblichen Ausgestaltung nach § 18 Abs. 6 TVöD/VKA. Danach legen die Parteien einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung die Anspruchsvoraussetzungen innerhalb des tariflichen Rahmens und damit auch etwaige Ausschluss- oder Kürzungskriterien selbst fest1. Nur wenn es an einer solchen Ausgestaltung fehlt, kommt ein Rückgriff auf den allgemeinen Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“2, welcher bei Leistungen mit Entgeltcharakter aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis hergeleitet wird, in Betracht3.
Die für den Streitzeitraum maßgebliche Dienstvereinbarung enthält keine ausdrückliche Kürzungsregelung für den Fall eines krankheitsbedingten Arbeitsausfalls über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus. Auch lässt sich ihren Bestimmungen nicht entnehmen, dass die Dienstvereinbarungsparteien eine zeitanteilige Kürzung der Leistungsprämie – sei es in Form der von der Arbeitgeberin vorgenommenen Kürzung des Punktwerts bzw. der Punktzahl oder zeitanteilig bei Zugrundelegung des Gruppenergebnisses – konkludent vorgesehen hätten. Vielmehr haben sie – soweit vorliegend relevant – abschließend bestimmt, welche Auswirkungen Leistungsstörungen auf den Anspruch auf eine Leistungsprämie haben. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht annimmt, steht der Arbeitgeberin im Fall des Arbeitnehmers danach kein Recht auf anteilige Kürzung des leistungsbezogenen Entgelts zu. Dies ergibt die Auslegung der Dienstvereinbarung, die ebenso wie eine Betriebsvereinbarung wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen ist4.
Wie sich die Erreichung des Gruppenziels auf die Mitglieder der entsprechenden Organisationseinheit auswirkt, ist in § 11 und § 18 DV Leistungsprämie geregelt.
Nach § 11 Abs. 5 DV Leistungsprämie, welcher ausweislich der Überschrift der Norm die Zielfeststellung betrifft, ist bei Teamzielvereinbarungen der Punktwert für die Gesamtgruppe zu ermitteln und für jedes Teammitglied in der Prämienberechnung „entsprechend“ zu berücksichtigen. Bereits dem Wortlaut nach ist damit keine zeitanteilige Berücksichtigung gemeint. Vielmehr ergibt sich aus diesem, dass derjenige Punktwert zu berücksichtigen ist, welcher für das Team, dem das jeweilige Teammitglied angehört, ermittelt worden ist. Aus der Systematik der Regelungen in der Dienstvereinbarung folgt nichts anderes, denn die nach § 11 DV Leistungsprämie ermittelte Punktzahl ist Grundlage für die Berechnung der Leistungsprämie, deren Berechnungsgrundlagen in § 18 DV Leistungsprämie geregelt sind.
§ 18 Abs. 6 DV Leistungsprämie sieht für den Berechnungsmodus zur Feststellung des Punktwerts vor, dass bei Teamzielen jedem Beschäftigten die Punktzahl des Teamergebnisses zugeordnet wird. Damit ist auch für die Berechnung der Leistungsprämie klargestellt, dass unter einer „entsprechenden“ Berücksichtigung des Punktwerts der Gesamtgruppe für das einzelne Teammitglied nach § 11 Abs. 5 DV Leistungsprämie nur eine dem Punktwert entsprechende und nicht eine dem Anteil am Bewertungszeitraum entsprechende Berücksichtigung gemeint sein kann. Eine Kürzung der Punktzahl des Teamergebnisses für das einzelne Teammitglied findet danach nicht statt.
Eine Kürzungsmöglichkeit für die Arbeitgeberin folgt im Fall des Arbeitnehmers nicht aus § 12 Abs. 3 DV Leistungsprämie.
In § 12 DV Leistungsprämie sind Bestimmungen für besondere Gruppen von Beschäftigten getroffen, die eine abweichende oder ergänzende Regelung hinsichtlich der Zielvereinbarung und/oder der Zielfeststellung erforderlich machen. Dies betrifft ua. kranke oder leistungsgeminderte Beschäftigte, Mitglieder des Personalrats oder Beschäftigte in Altersteilzeit. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Regelung für kranke Beschäftigte ergibt, gilt diese nur für Beschäftige, die wegen längerer Krankheit an der allgemeinen Leistungsbewertung nicht, also auch nicht teilweise oder eingeschränkt, teilnehmen. Diesbezüglich ist in der Vorschrift geregelt, dass diese Beschäftigten die zuletzt bewertete Punktzahl behalten, wenn der Bewertungszeitraum weniger als sechs Monate beträgt. Daraus ist erkennbar, dass die Parteien der Dienstvereinbarung erst bei einem Herausfallen aus dem Bewertungszeitraum von über sechs Monaten davon ausgehen, dass eine Teilnahme an der Leistungsbewertung für den jeweiligen Bewertungszeitraum nicht möglich ist und aus diesem Grund auf das Ergebnis des vorangegangenen Bewertungszeitraums abzustellen ist. Dies trifft auf den Arbeitnehmer, für welchen eine Leistungsbewertung möglich war und ausweislich der vorgelegten Leistungskarte auch erfolgt ist, nicht zu.
Im Übrigen sieht § 12 DV Leistungsprämie auch für kranke Beschäftigte, die an der Leistungsbewertung nicht teilnehmen, keine Kürzung der Punktzahl, welche für die Berechnung der Leistungsprämie maßgeblich ist, vor. Vielmehr ist auf die in der vorangegangenen Zielvereinbarungsperiode bewertete Punktzahl abzustellen.
Soweit die Arbeitgeberin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht die Auffassung vertreten hat, dass die Regelung in § 12 DV Leistungsprämie nur die darin genannten Beschäftigtengruppen privilegieren und eine Kürzung des Leistungsentgelts lediglich für die in dieser Vorschrift genannten Personengruppen ausschließen solle, kann dem nicht gefolgt werden. Ein Wille der Dienstvereinbarungsparteien, welcher darauf abzielte, langzeiterkrankten Beschäftigten ein Leistungsentgelt auf der Basis der zuletzt erzielten (ungekürzten) Punktzahl zu gewähren, anderen Beschäftigten, deren krankheitsbedingter Ausfall nach Überschreitung des Entgeltfortzahlungszeitraums nach § 22 Abs. 1 TVöD/VKA noch nicht die Schwelle von sechs Monaten erreicht hat, nur ein Leistungsentgelt auf der Basis einer gekürzten Punktzahl auszuzahlen, kann weder dem Wortlaut der Norm noch der Systematik der Dienstvereinbarung entnommen werden. Ein solches Verständnis dürfte im Übrigen kaum mit dem in § 61 Abs. 1 des Hessischen Personalvertretungsgesetzes niedergelegten personalvertretungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz5 vereinbar sein.
Eine Kürzung des Punktwerts folgt auch nicht aus den Regelungen über die Zielvereinbarungsperiode nach § 8 DV Leistungsprämie. Die Norm enthält Regelungen für Fälle, in denen nicht die ganze Zielvereinbarungsperiode als Referenzzeitraum zur Verfügung steht, etwa bei Einstellungen und Umsetzungen (§ 8 Abs. 4 DV Leistungsprämie) sowie bei einem Ausscheiden oder Wechsel der/des Beschäftigten (§ 8 Abs. 6 und 7 DV Leistungsprämie). Soweit unter § 8 Abs. 1 Satz 3 DV Leistungsprämie geregelt ist, dass ein Anspruch auf Leistungsentgelt nur für die von der Zielvereinbarung erfassten Monate besteht, steht die Regelung in diesem Kontext und stellt klar, dass der Anspruch auf ein Leistungsentgelt an die jeweilige Zielvereinbarung und die darin geregelte Zielvereinbarungsperiode gekoppelt ist. Dies erfordert besondere Regelungen (nur) für die Fälle, in denen die Zielvereinbarungsperiode etwa bei unterjähriger Einstellung oder Umsetzung bzw. unterjährigem Ausscheiden (§ 8 Abs. 4, 6 und 7 DV Leistungsprämie) aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht vollständig absolviert werden kann bzw. eine zwangsläufige Abweichung vom Referenzzeitraum auftritt, weil die Zielvereinbarung für die Monate nach Ausscheiden oder Umsetzung einer/eines Beschäftigten keinen Bestand mehr haben kann.
Eine Kürzung des Prämienanspruchs des Arbeitnehmers ergibt sich schließlich auch nicht aus § 18 Abs. 5 DV Leistungsprämie, wonach Beschäftigte bei unterjähriger Beendigung oder einem Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses für den zu bewertenden Zeitraum anteilig den Punkt/Euro-Wert nach dem vorherigen Bewertungsjahr erhalten. Die Regelung findet auf den Arbeitnehmer weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung.
§ 18 DV Leistungsprämie regelt – wie die Überschrift zeigt – den Berechnungsmodus zur Feststellung des Punktwerts und betrifft daher – anders als § 11 DV Leistungsprämie – nicht die Frage der Leistungsfeststellung und der individuellen Bewertung der Leistung oder des Arbeitserfolgs, sondern die Berechnung des Prämienwerts, welcher pro erreichtem Punkt ausgezahlt wird. Eine anteilige Berechnung der persönlichen Leistungsprämie sieht die Norm nur bei Teilzeitbeschäftigten (§ 18 Abs. 4 DV Leistungsprämie) oder im Fall einer unterjährigen Beendigung oder eines Ruhens des Arbeitsverhältnisses vor (§ 18 Abs. 5 DV Leistungsprämie).
Die Regelung findet auf den Arbeitnehmer keine unmittelbare Anwendung, weil das Arbeitsverhältnis des vollbeschäftigten Arbeitnehmers im Bewertungszeitraum vom 01.05.2017 bis zum 30.04.2018 weder geruht hat noch beendet worden ist.
Das „Ruhen“ des Arbeitsverhältnisses ist ein in der Rechtssprache gebräuchlicher Begriff. Ein Arbeitsverhältnis ruht, wenn die wechselseitigen Hauptpflichten kraft Gesetzes oder (ggf. konkludenter) vertraglicher Vereinbarung suspendiert sind und somit der jeweilige Gläubiger von seinem Schuldner die Erbringung der Leistung nicht mehr verlangen und durchsetzen kann6. Im Fall der Verwendung eines Rechtsbegriffs durch die Dienstvereinbarungsparteien ist davon auszugehen, dass diese den Begriff in seiner rechtlichen Bedeutung verwenden wollen7. Für ein anderes Begriffsverständnis ergeben sich aus der DV Leistungsprämie keine Anhaltspunkte.
Das Herausfallen aus dem Entgeltfortzahlungszeitraum nach § 22 Abs. 1 TVöD/VKA steht einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht gleich. Im Fall einer über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinausgehenden Erkrankung ruht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht, vielmehr liegt auf Seiten des Arbeitnehmers eine Leistungsstörung vor8.
Auch Sinn und Zweck des § 18 DV Leistungsprämie sprechen nicht dafür, dass die Unterzeichner der Dienstvereinbarung den Fall einer längerfristigen Erkrankung einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses gleichstellen wollten. Während die feststehende Suspendierung von Rechten und Pflichten im ruhenden Arbeitsverhältnis einem (vorübergehenden) Ausscheiden des/der betroffenen Beschäftigten gleichkommt, steht bei einem Überschreiten des Entgeltfortzahlungszeitraums aufgrund längerfristiger Erkrankung der Zeitraum des Ausfalls der Arbeitsleistung nicht von vornherein fest. Vielmehr kann die Arbeit bei Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit während der laufenden Zielvereinbarungsperiode wiederaufgenommen und – wie vorliegend – einer Leistungsbewertung zugeführt werden. Im Übrigen haben die Dienstvereinbarungsparteien – wie dargelegt – Regelungen für die Fälle getroffen, in denen eine Leistungsbewertung wegen der Dauer der Abwesenheit sinnvoll nicht mehr möglich ist.
Neben diesen ausdrücklichen Regelungen in der Dienstvereinbarung kommt eine Kürzung der Leistungsprämie nach dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht in Betracht. Die vollständige Erbringung der Arbeitsleistung während der gesamten Zielvereinbarungsperiode stellt nach der Dienstvereinbarung keine ungeschriebene weitere Anspruchsvoraussetzung für die Leistungsprämie dar.
Die Dienstvereinbarungsparteien haben detailliert geregelt, in welchen Fällen der Anspruch zu kürzen ist. Von den Kürzungsregelungen wird der Fall der lang andauernden Erkrankung nicht erfasst, obwohl den Unterzeichnern der Dienstvereinbarung diese Problematik – wie sich aus § 12 DV Leistungsprämie ergibt – bekannt war. Es erscheint deshalb fernliegend, dass die Dienstvereinbarungsparteien eine solche, in der betrieblichen Praxis nicht seltene Fallkonstellation nicht aufnehmen, wenn sie zur Anspruchskürzung im Rahmen von § 18 DV Leistungsprämie führen soll. Aus dem Schweigen der Dienstvereinbarungsparteien kann daher nicht auf eine Kürzungsmöglichkeit geschlossen werden9.
Auch Sinn und Zweck des Leistungsentgelts in Form der Leistungsprämie nach § 18 TVöD/VKA gebieten kein anderes Verständnis.
Zwar erhalten die Beschäftigten das Leistungsentgelt aufgrund ihrer Arbeitsleistung, die im Rahmen des betrieblichen Systems zur leistungsorientierten Bezahlung besonders bewertet wird. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Auszahlung des Leistungsentgelts erst am Ende des Bewertungszeitraums erfolgt, weil die nach der Zielvereinbarung zu bewertende Leistung für diesen Zeitraum im Regelfall erst zu diesem Zeitpunkt feststeht. Damit ist die Erbringung der Arbeitsleistung grundsätzlich Voraussetzung für den Anspruch auf ein Leistungsentgelt.
Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien jedoch in § 18 Abs. 6 TVöD/VKA festgelegt, dass das System der leistungsorientierten Bezahlung durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung ausgestaltet wird. Dies umfasst ua. die Kriterien der Leistungsbewertung, Zielerreichungsgrade, die Anpassung von Zielvereinbarungen bei wesentlichen Änderungen von Geschäftsgrundlagen, die Vereinbarung von Verteilungsgrundsätzen und die Verteilung des zur Verfügung stehenden Finanzvolumens. Die Betriebs- oder Dienstvereinbarungsparteien sind nach der tariflichen Vorgabe gerade nicht darauf beschränkt, Regelungen über die reine Auszahlung eines zusätzlichen Vergütungsbestandteils zu treffen. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien ihnen mit den Vorgaben in § 18 Abs. 6 TVöD/VKA nicht nur einen Handlungsauftrag erteilt, sondern einen Gestaltungsspielraum gewährt, der darauf abzielt, das System der leistungsorientierten Bezahlung durch Tatbestandsvoraussetzungen und Kürzungsregelungen nach den betrieblichen Bedürfnissen näher auszugestalten. Ihre Aufgabe ist es festzulegen, welches System im konkreten Fall am besten geeignet ist, dazu beizutragen, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern und die Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz der Beschäftigten zu stärken (§ 18 Abs. 1 TVöD/VKA). Diesen Spielraum haben die Parteien der DV Leistungsprämie mit dem von ihnen entwickelten Regelungssystem ausgeschöpft. Anhaltspunkte dafür, dass die so ausgestaltete Leistungsprämie die Zwecke des § 18 Abs. 1 TVöD/VKA nicht erfüllen würde, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
Eine Kürzung des Leistungsentgelts ist schließlich auch nicht vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass der Arbeitnehmer an der Erwirtschaftung des zur Verteilung anstehenden Budgets nach § 14 iVm. § 16 Abs. 3 DV Leistungsprämie – anders als das Landesarbeitsgericht annimmt – nicht vollständig teilgenommen hat, da er im insoweit maßgeblichen Vorjahr10 zeitweise keinen Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 22 Abs. 1 TVöD/VKA hatte. Diesen Umstand haben die Parteien der Dienstvereinbarung nicht zum Anlass für eine Kürzung des Leistungsentgelts genommen.
Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, ob es nach § 18 TVöD/VKA zulässig wäre, ein auf einer Zielvereinbarung beruhendes Leistungsentgelt wegen Arbeitsunfähigkeitszeiten ohne Entgeltfortzahlungsanspruch zu kürzen, wenn die Zielerreichung beurteilt werden kann11 und der Beschäftigte die vereinbarten Ziele trotz dieser Arbeitsunfähigkeitszeiten erreicht hat.
Die Höhe des vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Differenzanspruchs ist nicht zu beanstanden; Einwände hat die Revision insoweit nicht erhoben. Für den Arbeitnehmer errechnet sich bei Zugrundelegung einer Punktzahl von fünf Punkten und einem unstreitigen Prämienwert von 258, 83 € pro Punkt in der betreffenden Budgeteinheit 3 gemäß § 18 Abs. 3 DV Leistungsprämie ein Leistungsentgelt von 1.294, 15 € brutto, welches abzüglich der an den Arbeitnehmer geleisteten Zahlung von 836, 02 € brutto die Klageforderung brutto ergibt.
Dem Arbeitnehmer stehen Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 24 Abs. 1 TVöD/VKA, § 19 Abs. 2 DV Leistungsprämie erst seit dem 1.09.2018 zu, weshalb die Revision mit dieser Maßgabe zurückzuweisen war. Nach § 19 Abs. 2 DV Leistungsprämie ist das Leistungsentgelt mit dem jeweiligen August-Entgelt auszuzahlen, welches gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA am letzten Tag des laufenden Monats fällig war. Erst mit dem Folgetag ist die Arbeitgeberin in Verzug geraten.
Die Revision der Arbeitgeberin ist begründet, soweit diese sich gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Abrechnung wendet. Insoweit war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Berufung des Arbeitnehmers in diesem Umfang zurückzuweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).
Der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung für das von der Arbeitgeberin geleistete Arbeitsentgelt richtet sich in Ermangelung einer abweichenden tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelung nach § 108 Abs. 1 GewO. Danach ist dem Arbeitnehmer „bei Zahlung des Arbeitsentgelts“ eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Wie bereits aus dem Wortlaut der Norm folgt, ist die Abrechnung erst bei tatsächlicher Zahlung des Entgelts zu erteilen. Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Die Regelung dient der Transparenz. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Dagegen regelt § 108 GewO keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs12.
Wird der Abrechnungsanspruch zeitgleich mit dem Zahlungsanspruch bzw. in Abhängigkeit von diesem geltend gemacht, handelt es sich darüber hinaus um eine Klage auf eine künftige Leistung. Ein auf die Vornahme einer künftigen Handlung gerichteter Antrag ist nach § 259 ZPO nur zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. § 259 ZPO ermöglicht aber nicht die Verfolgung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruchs. Er setzt vielmehr voraus, dass der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist13. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Über die erfolgte Zahlung von 836,02 € brutto hat der Arbeitnehmer eine Abrechnung erhalten. Für den noch ausstehenden Zahlungsanspruch steht ihm in Ermangelung einer bereits geleisteten Zahlung derzeit kein Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung zu.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Oktober 2022 – 10 AZR 496/21
- ebenfalls auf die Vereinbarung der Betriebs- oder Dienstvereinbarungsparteien abstellend Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2022 § 18 (VKA) Rn. 79 ff.[↩]
- vgl. dazu die st. Rspr., zB BAG 11.12.2019 – 5 AZR 579/18, Rn. 12 mwN, BAGE 169, 126; vgl. zu rein arbeitsleistungsbezogenen Sondervergütungen BAG 21.03.2001 – 10 AZR 28/00, BAGE 97, 211[↩]
- aA Kuner Leistungsorientierte Bezahlung im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Rn. 179, der eine Kürzung generell für zulässig ansieht[↩]
- vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen zuletzt zB BAG 3.06.2020 – 3 AZR 730/19, Rn. 53 f. mwN, BAGE 171, 1[↩]
- vgl. dazu BAG 24.10.2018 – 10 AZR 285/16, Rn. 97 mwN, BAGE 164, 82; zum inhaltsgleichen betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zuletzt zB BAG 26.06.2019 – 5 AZR 452/18, Rn. 27, BAGE 167, 158[↩]
- BAG 25.09.2013 – 10 AZR 850/12, Rn. 14 mwN[↩]
- BAG 13.10.2021 – 10 AZR 729/19, Rn. 71; 26.09.2017 – 1 AZR 717/15, Rn. 54, BAGE 160, 237[↩]
- st. Rspr., vgl. BAG 25.09.2013 – 10 AZR 850/12, Rn. 14; 9.08.1995 – 10 AZR 539/94, zu II 2 a der Gründe, BAGE 80, 308; 23.08.1990 – 6 AZR 124/89, zu II 2 b der Gründe, BAGE 66, 34[↩]
- vgl. zur tariflichen Regelung über eine Jahressonderzahlung nach § 13 BMTV BAG 25.09.2013 – 10 AZR 850/12, Rn.19[↩]
- vgl. dazu BAG 20.03.2013 – 10 AZR 690/11, Rn. 13 [zu § 18 TVöD/Bund][↩]
- diesen Aspekt hervorhebend Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD § 18 (VKA) Rn. 79[↩]
- BAG 10.01.2007 – 5 AZR 665/06, Rn. 18 mwN, BAGE 120, 373[↩]
- BAG 19.02.2020 – 5 AZR 180/18, Rn. 10 mwN; 27.06.2017 – 9 AZR 120/16, Rn. 18; offengelassen für Ansprüche auf Karenzentschädigung BAG 22.03.2017 – 10 AZR 448/15, Rn. 17, BAGE 158, 329[↩]