Grundsätzlich trägt der Arbeitnehmer das Wegerisiko auch bei Naturkatastrophen. Gelangt er deshalb nicht zur Arbeit, hat er keinen Vergütungsanspruch. Allerdings können Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung eine abweichende Regelung treffen, aufgrund derer dem Arbeitnehmer gleichwohl ein Anspruch auf eine Arbeitszeitgutschrift zusteht.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte sich aktuell mit einem Fall zu befassen, der den Sturm Ela betraf: Am 09.06.2014 kam es u.a. im Bereich Düsseldorf zu einem Unwetter mit orkanartigen Böen, welches im Stadtgebiet dazu führte, dass zahlreiche Bäume auf die Straßen stürzten. Einige Mitarbeiter der beteiligten Arbeitgeberin, ein Versicherungsunternehmen, trafen an diesem Tag zum Teil gar nicht, zum Teil mit erheblichen Verspätungen an ihrem Arbeitsplatz ein. Es war ihnen auf Grund von umgestürzten Bäumen nicht oder nicht rechtzeitig möglich, ihre Arbeitsplätze zu erreichen. Bei der Arbeitgeberin existiert eine Betriebsvereinbarung zur flexiblen Arbeitszeit. In § 13 der Betriebsvereinbarung hieß es u.a.:
„Unberührt der Regelung des § 616 BGB, des MTV für das private Versi-cherungsgewerbe und der BV „Arbeitsordnung und Sozialleistungen“ werden die Zeiten folgender Arbeitsausfälle dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben:
…
g) Naturkatastrophen (Nachweis nur bei lokalem Auftreten erforderlich).“
Der Betriebsrat hat beantragt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Mitarbeitern die Arbeitsausfälle in Folge des Sturms vom 09.06.2014 im Gleitzeitkonto gutzuschreiben. Die Arbeitgeberin meint, dass eine Zeitgutschrift gemäß § 13 g) BV nur zu erteilen sei, wenn wegen einer Naturkatastrophe in ihrem Betrieb nicht gearbeitet werden könne. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben:
Der Betriebskann kann von der Arbeitgeberin die Durchführung der BV aus eigenem Recht verlangen. Diese begründet abweichend von den allgemeinen Grundsätzen einen Anspruch auf Zeitgutschrift wegen eines Arbeitsausfalls bei Naturkatastrophen, der das Wegerisiko mit einschließt.
Grundsätzlich trägt der Arbeitnehmer das Wegerisiko auch bei Naturkatastrophen. Gelangt er deshalb nicht zur Arbeit, hat er keinen Vergütungsanspruch. § 13 g der Betriebsvereinbarung enthielt indes eine für die Arbeitnehmer günstigere Regelung. Der verwandte Begriff des Arbeitsausfalls ist weit zu verstehen und umfasst das Wegerisiko, zumal dieses auch in anderen Buchstaben von § 13 BV angesprochen ist. Mit dem Zuspruch des Durchführungsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Arbeitnehmer der Versicherung gemäß der Betriebsvereinbarung einen Anspruch auf Zeitgutschrift wegen des Sturms Ela haben können. Ob und inwieweit dies bei dem einzelnen Arbeitnehmer tatsächlich der Fall war, müssen diese jetzt individuell klären.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 23. März 2015 – 9 TaBV 86/14