Die fristwahrende Wirkung einer Bestandsschutzklage erfasst nur die vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche1.

Denn mit einer solchen Klage verdeutlicht der Arbeitnehmer zwar, dass er nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes erstrebt, sondern sich auch die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs erhalten möchte. Die Bestandsschutzklage hat indes keinen Aussagewert darüber, ob der Arbeitnehmer sich auch in der Vergangenheit bereits entstandener; vom Ausgang des Rechtsstreits unabhängiger Ansprüche berühmt und auf deren Erfüllung besteht2.
Der Arbeitnehmer muss daher für den den Mindestlohnsockel übersteigenden Teil des vertraglichen Anspruchs auf (rückständiges) Entgelt eine arbeitsvertraglich vereinbarte Frist zur gerichtlichen Geltendmachung gesondert einhalten.
Eine vertragliche Ausschlussfristenregelung für arbeitsvertragliche Ansprüche ausgenommen der „unabdingbaren gesetzlichen Ansprüche“ verstößt nicht gegen § 3 Satz 1 MiLoG. Der Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn ist – was bereits die amtliche Überschrift der Norm verdeutlicht – unabdingbar und gehört damit zu den von dieser Verfallklausel ausgenommenen „unabdingbaren gesetzlichen Ansprüchen“.
Im Streitfall war zudem zu berücksichtigen, dass nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts das Arbeitsverhältnis seit Januar 2014 bestanden hat. Bei dem diesem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich somit um einen sog. Altvertrag. Für einen solchen nehmen – wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen – sowohl der Neunte Bundesarbeitsgericht des Bundesarbeitsgerichts3 als auch die ganz überwiegende Meinung im Schrifttum4 zu Recht an, dass es bei der von § 3 Satz 1 MiLoG vorgesehenen Teilunwirksamkeit einer „überschießenden“ Verfallklausel bleibt, weil eine bei Vertragsschluss transparente Klausel nicht durch eine spätere Änderung der Rechtslage intransparent wird5. Es bedarf deshalb an dieser Stelle keiner weiteren Erörterung, ob – wie vom Neunten Bundesarbeitsgericht des Bundesarbeitsgerichts angenommen6 – eine in AGB enthaltene Verfallklausel, die entgegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, tatsächlich gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt und damit insgesamt unwirksam ist, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12 2014 geschlossen wurde, oder ob § 3 Satz 1 MiLoG als Sonderrecht § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verdrängt7.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Januar 2019 – 5 AZR 43/18
- BAG 24.09.2014 – 5 AZR 593/12, Rn. 26 ff. mwN, BAGE 149, 169[↩]
- vgl. BAG 17.10.2017 – 9 AZR 80/17, Rn. 37; zu den Voraussetzungen der Geltendmachung sh. BAG 19.08.2015 – 5 AZR 1000/13, Rn. 24, BAGE 152, 221[↩]
- vgl. BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18, Rn. 42[↩]
- vgl. nur Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 30; Greiner in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 12; MünchKomm-BGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; ErfK/Franzen 19. Aufl. MiLoG § 3 Rn. 3a – alle mwN; abw. Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45; Seiwerth NZA 2019, 17, 18; Zwanziger AuR 2017, 333, 336[↩]
- insoweit zutr. BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18, Rn. 42 mwN; aA neuerdings Seiwerth NZA 2019, 17, 18 unter Berufung auf „dynamische Transparenzanforderungen“[↩]
- BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18[↩]
- dazu pars pro toto Sagan RdA 2017, 264, 266 mwN[↩]