Gemäß § 779 BGB gehört zum Wesen des Vergleichs das gegenseitige Nachgeben der Parteien bei einer Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis (Abs. 1) oder die Verwirklichung eines Anspruchs (Abs. 2).

Dabei gibt es nach aller Erfahrung gerade im bestehenden Arbeitsverhältnis vielfältige Motive, von einer ursprünglich eingenommenen Rechtsposition im Vergleichswege abzurücken. Diese können rechtlicher oder wirtschaftlicher Natur sein, aber auch im Bestreben nach einer möglichst harmonischen Fortsetzung des Vertragsverhältnisses begründet sein oder schlicht der als notwendig erkannten Gesichtswahrung des Vertragspartners dienen. Selbst bei (vermeintlich) klarer Rechtslage scheidet daher ein (teilweises) Nachgeben trotz möglichem Obsiegen im Verfahren keinesfalls aus.
Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge und damit auch Prozessvergleiche so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen1.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 10 AZR 63/14
- st. Rspr., vgl. zB BAG 21.01.2014 – 3 AZR 362/11, Rn. 57 mwN[↩]