Bauherren – und die Bürgenhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz

Nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für dessen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestentgelts an seine Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Dieser Haftung unterliegen allerdings nicht Unternehmer, die lediglich als bloße Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben.

Bauherren – und die   Bürgenhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz

Die Bauherrin hat auf einem ihr gehörenden Grundstück in Berlin ein Einkaufszentrum errichten lassen, das sie verwaltet und in dem sie Geschäftsräume an Dritte vermietet. Für den Bau des Gebäudes beauftragte sie einen Generalunternehmer, der mehrere Subunternehmer einschaltete. Bei einem dieser Subunternehmer war der Kläger als Bauhelfer beschäftigt. Dieser Subunternehmer blieb ihm – trotz rechtskräftiger Verurteilung in einem Arbeitsgerichtsprozess – Lohn schuldig. Über das Vermögen des Generalunternehmers wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Bauhelfer hat deshalb wegen des ihm für seine Arbeit auf der Baustelle des Einkaufszentrums noch zustehenden Nettolohns die Bauherrin in Anspruch genommen und gemeint, auch die Bauherrin hafte nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz als Unternehmerin für die Lohnschulden eines Subunternehmers.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Berufung des Bauhelfers zurückgewiesen1. Die Revision des Bauhelfers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg: Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Bauherrin unterliegt als bloße Bauherrin nicht der Bürgenhaftung des Unternehmers nach § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG). Der Begriff des Unternehmers ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vorgängerregelung in § 1a AEntG aF nach dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung verfolgten Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Erfasst wird nur der Unternehmer, der sich zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung verpflichtet hat und diese nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmer bedient. Gibt er auf diese Weise die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand, ist es gerechtfertigt, ihm die Haftung für die Erfüllung der Mindestlohnansprüche der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer aufzuerlegen. Dies trifft auf die Bauherrin nicht zu. Sie hat lediglich als Bauherrin den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes für den betrieblichen Eigenbedarf an einen Generalunternehmer erteilt und damit nicht die Erfüllung eigener Verpflichtungen an Subunternehmer weitergegeben. Mit der Vergabe des Bauauftrags schaffte sie nur die Grundlage dafür, ihrem Geschäftszweck, der Vermietung und Verwaltung des Gebäudes, nachgehen zu können.

Weiterlesen:
Werkvertrag, Dienstvertrag - oder (verdeckte) Arbeitnehmerüberlassung?

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2019 – 5 AZR 241/18

  1. LAG Berlin-Brandenburg 25.01.2018 – 21 Sa 1231/17[]