Beförderung aus einem anderen Betrieb – und die Mitbestimmung des Betriebsrats

Eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt auch vor, wenn ein Arbeitnehmer, der seinen Dienstsitz in einem bestimmten Betrieb des Unternehmens hat und dort regelmäßig tätig ist, zum Vorgesetzten von unternehmensangehörigen Arbeitnehmern eines anderen Betriebs bestellt und durch die Wahrnehmung dieser Führungsaufgaben (auch) der arbeitstechnische Zweck dieses anderen Betriebs verwirklicht wird.

Beförderung aus einem anderen Betrieb – und die Mitbestimmung des Betriebsrats

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor, wenn eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen1. Die für eine Einstellung erforderliche Eingliederung in die Betriebsorganisation erfordert nicht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet2. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs verfolgt.

Bei der Beurteilung, ob ein Beschäftigter in einen Betrieb eingegliedert ist, steht dem Beschwerdegericht ein Beurteilungsspielraum zu. Dessen Würdigung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob das Gericht den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat3.

Diesem Prüfungsmaßstab hielt im vorliegenden Fall die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf4 stand:

Das Landesarbeitsgericht hat, zusammengefasst – angenommen, eine Einstellung liege vor, wenn der Arbeitnehmer zur Verwirklichung des arbeitstechnischen Betriebszwecks organisatorisch eingeplant werde. Diese Anforderungen seien vorliegend erfüllt. Herr Dr. K verwirkliche mit der Ausübung der Weisungsbefugnisse gegenüber dem in der Betriebsstätte R ansässigen Herrn T und der damit einhergehenden unmittelbaren Führung dieses Arbeitnehmers sowie der – mittelbaren – Unterstellung der in der Betriebsstätte in R tätigen Arbeitnehmer der Abteilung TKP funktional den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs West. Unerheblich sei, dass er nur gelegentlich in R anwesend sei. Eine Eingliederung erfordere weder, dass die geschuldeten Arbeiten auf dem Betriebsgelände verrichtet werden, noch setze sie eine Mindestanwesenheitszeit im Betrieb voraus.

Damit hat das Landesarbeitsgericht weder den Rechtsbegriff der Eingliederung verkannt noch wesentliche Umstände im Rahmen seiner Würdigung unzutreffend berücksichtigt.

Herr Dr. K ist aufgrund seiner Funktion als Vorgesetzter des Leiters der Abteilung TKP in die Arbeitsprozesse dieser Abteilung eingebunden. Er „führt“ Herrn T – und damit mittelbar die in der Betriebsstätte R beschäftigten Arbeitnehmer der Abteilung TKP – und ist ihm gegenüber weisungsberechtigt. Die ihm obliegende „Führungsaufgabe“ kann er nur in regelmäßiger Zusammenarbeit mit Herrn T nachkommen. Als unmittelbarer Vorgesetzter von Herrn T und mittelbarer Vorgesetzter der sonstigen in der Betriebsstätte R beschäftigten Arbeitnehmer der Abteilung TKP ist er somit in die Erfüllung der dort zu erledigenden operativen Aufgaben eingebunden.

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Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts verwirklicht Herr Dr. K durch die Wahrnehmung dieser Führungsaufgaben auch den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs West. Die Rechtsbeschwerde hat diese Feststellungen nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen, so dass sie nach § 559 ZPO für das Bundesarbeitsgericht bindend sind.

Bei der Ausübung seiner Führungsaufgaben ist Herr Dr. K aufgrund seines mit der Arbeitgeberin – als Inhaberin des Betriebs West – geschlossenen Arbeitsvertrags zudem weisungsgebunden tätig. Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde kommt es für die Frage, ob die für eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderliche Eingliederung vorliegt, auf eine – wie auch immer geartete – Bindung des betroffenen Mitarbeiters an Weisungen einer „Führungskraft“ des Betriebs West nicht an. Unerheblich für die Annahme einer Eingliederung ist außerdem, wie häufig die zur Verwirklichung des Betriebszwecks durchgeführten Tätigkeiten erfolgen oder wieviel Zeit sie in Anspruch nehmen2. Dies zeigt § 95 Abs. 3 BetrVG. Anders als bei einer Versetzung lassen sich dem Gesetz keine quantitativen oder qualitativen Vorgaben für die zu erbringenden Tätigkeiten, die eine Eingliederung begründen, entnehmen.

Der Umstand, dass Herr Dr. K bereits in den Betrieb der Zentrale eingegliedert ist, steht der Annahme, er werde durch die Wahrnehmung von Vorgesetztenfunktionen auch in den Betrieb West eingegliedert, ebenfalls nicht entgegen. Dem Betriebsverfassungsgesetz lässt sich nicht entnehmen, dass eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und damit eine Eingliederung nicht gleichzeitig in mehreren Betrieben möglich sein kann. Ob dies zwangsläufig zur Folge hat, dass der betroffene Arbeitnehmer auch in allen Betrieben wahlberechtigt bzw. wählbar ist und bei der Ermittlung von betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten mitzählt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Das vorliegende Ergebnis führt – anders als von der Rechtsbeschwerde angenommen – weder zu einer „Ausweitung“ des Mitbestimmungstatbestands nach § 99 Abs. 1 BetrVG noch zu einem damit einhergehenden ungerechtfertigten Eingriff in die von Art. 12 GG geschützte unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung dient vornehmlich den Interessen der schon im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer5. Der Betriebsrat soll die Möglichkeit haben, deren Belange nach Maßgabe möglicher Zustimmungsverweigerungsgründe iSv. § 99 Abs. 2 BetrVG gegen die beabsichtigte Einstellung geltend zu machen6. Diese Interessen können – namentlich in Form des Zustimmungsverweigerungsgrundes nach § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG – auch bei der Zuweisung von Vorgesetztenfunktionen an bislang betriebsfremde Arbeitnehmer berührt sein.

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Aus den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.20057 und 13.03.20018 folgt nichts Gegenteiliges. Soweit das Bundesarbeitsgericht dort ausgeführt hat, eine Eingliederung lasse sich nicht bereits aus dem Umstand herleiten, dass die betroffenen Personen zum Vorgesetzten von Mitarbeitern des Betriebs bestellt wurden, bezieht sich dies auf den Einsatz von Drittpersonal. Die in einem solchen Fall für eine Eingliederung erforderlichen Weisungsbefugnisse des Betriebsinhabers, durch die ihm eine betriebsverfassungsrechtlich relevante – und sei es nur partielle – Arbeitgeberstellung gegenüber dem Fremdpersonal zukommt1, können nicht durch die bloße Bestellung des Fremdpersonals zum Vorgesetzten von schon betriebsangehörigen Arbeitnehmern ersetzt werden. Damit unterscheidet sich diese Konstellation grundlegend von der vorliegenden, in der ein Arbeitnehmer des den Betrieb führenden Unternehmens zum Vorgesetzten der dort tätigen Arbeitnehmer bestellt wird, um zusammen mit diesen dessen arbeitstechnischen Zweck zu verfolgen.

Der Zustimmungsersetzungsantrag ist begründet. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Herrn Dr. K in den Betrieb West ist zu ersetzen.

Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsersetzungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet.

Die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG voraus9. Dieser hat den Betriebsrat über die geplante personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist10. Bei einer Einstellung ist nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG insbesondere der in Aussicht genommene Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen.

Diesen Anforderungen wird die Unterrichtung der Arbeitgeberin vom 18.01.2017 gerecht. Das Schreiben enthält die erforderlichen Daten über die einzustellende Person, die Position, die Herr Dr. K bekleiden soll, und die vorgesehene Eingruppierung. Durch den Hinweis, dass Mitarbeiter aus dem Bereich TK ihren Dienstsitz in der Betriebsstätte R haben, wird zudem deutlich, dass Herr Dr. K auch Vorgesetzter von Arbeitnehmern der Betriebsstätte R werden soll. Unschädlich ist, dass die Arbeitgeberin die Zustimmung zu einer „Versetzung“ und nicht zu einer „Einstellung“ erbeten hat. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, hierbei handele es sich nur um eine unzutreffende rechtliche Wertung der Arbeitgeberin. Für den Betriebsrat war erkennbar, dass es um eine Eingliederung des Herrn Dr. K und damit um eine Einstellung in den Betrieb West ging. Dies hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats in der mündlichen Anhörung vor dem Arbeitsgericht ausdrücklich bestätigt. Angaben zu sonstigen Bewerbern auf die Position des Bereichsleiters TK bedurfte es nicht, da die Arbeitgeberin weder eine interne Ausschreibung dieser Stelle vorgenommen hatte noch sonstige Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass es weitere Bewerber für die Funktion des Bereichsleiters TK gab.

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Der Betriebsrat war für die Erteilung der nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlichen Zustimmung zur Einstellung von Herrn Dr. K in den Betrieb West zuständig.

Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz obliegt grundsätzlich dem von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählten Betriebsrat. Dem Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung von Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht11.

Danach ist der örtliche Betriebsrat und nicht der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Erteilung der Zustimmung.

Die Einstellung von Herrn Dr. K – als zustimmungspflichtige Angelegenheit iSv. § 50 Abs. 1 BetrVG – betrifft nicht mehrere Betriebe, sondern nur den Betrieb West. Für die Ausübung des dadurch ausgelösten Mitbestimmungsrechts nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs zuständig; er hat für die Wahrnehmung der Interessen seiner Belegschaft Sorge zu tragen. Soweit die Beförderung von Herrn Dr. K gleichzeitig auch eine Versetzung iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG innerhalb des Betriebs der Zentrale darstellt, obliegt die Wahrnehmung des dadurch begründeten Zustimmungsrechts dem dortigen Betriebsrat. Er hat die Interessen der Belegschaft dieses Betriebs und ggf. die des von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers zu wahren. Sollten dadurch in tatsächlicher Hinsicht „Konkurrenzprobleme“ entstehen, sind diese – ebenso wie bei der dauerhaften Versetzung eines Arbeitnehmers aus einen Betrieb in einen anderen12 – aufgrund der gesetzlichen Vorgaben hinzunehmen.

Die Arbeitgeberin kann sich für eine etwaige Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Zweiten Bundesarbeitsgerichts des Bundesarbeitsgerichts berufen, wonach eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Betracht kommen kann, wenn das Arbeitsverhältnis mehreren Betrieben gleichzeitig zugeordnet ist13. Diese Ausführungen beziehen sich auf die Durchführung des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG bei einer Kündigung als eine beteiligungspflichtige Maßnahme und nicht – wie vorliegend – auf zwei unterschiedliche zustimmungspflichtige Maßnahmen.

Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat mit E-Mail vom 19.01.2017 seine Zustimmung wirksam verweigert.

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Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu personellen Einzelmaßnahmen als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung nicht innerhalb einer Woche nach der ordnungsgemäßen Unterrichtung schriftlich unter Angabe von Gründen mitteilt.

Der Betriebsrat hat binnen einer Frist von einer Woche nach Zugang des Zustimmungsgesuchs per E-Mail, also schriftlich iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG14, die Zustimmung zur geplanten Einstellung von Herrn Dr. K in den Betrieb West verweigert. Er hat ausdrücklich gerügt, dass es keine Stellenausschreibung gegeben habe und dies sowohl gegen die GBV Stellenausschreibung als auch gegen § 93 BetrVG verstoße. Damit hat er sich auf Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 BetrVG berufen.

Die Zustimmung des Betriebsrats ist zu ersetzen. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zu Unrecht gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 BetrVG verweigert.

Ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG liegt nicht vor.

Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden. Die Vorschrift gibt eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen nicht generell vor. Eine Verpflichtung hierzu besteht nur, wenn der Betriebsrat die Ausschreibung verlangt hat oder die Ausschreibung zwischen den Betriebsparteien vereinbart ist15. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Besetzung vorhandener Arbeitsplätze im Betrieb und nicht auf die Schaffung neuer. Es setzt daher eine bereits vorhandene oder eine vom Arbeitgeber geschaffene neue Stelle im Betrieb voraus16.

Daran fehlt es vorliegend. Die Arbeitgeberin hat im Betrieb West weder einen neuen Arbeitsplatz geschaffen noch einen dort schon vorhandenen neu besetzt.

Ein Arbeitsplatz ist nach gebräuchlicher Auslegung die Beschäftigung in örtlich-räumlicher und zugleich in funktionaler Hinsicht. Er ist durch Art, Ort und Umfang der Tätigkeit gekennzeichnet17. Die Arbeitgeberin hat vorliegend beschlossen, die Leitung der vier Abteilungen TK durch einen Bereichsleiter ausführen zu lassen, der seinen Dienstsitz in der Zentrale hat. Die Entscheidung, wo der Arbeitsplatz eines betriebsübergreifend tätigen Vorgesetzten in örtlich-räumlicher Hinsicht angesiedelt sein soll, obliegt als Teil der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit dem Arbeitgeber. Soweit Herr Dr. K infolgedessen auch in Bezug auf den Leiter der Abteilung TKP Führungsaufgaben wahrnimmt, führt dies nicht zu einem freien Arbeitsplatz im Betrieb West.

Der funktionale Zusammenhang zwischen dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei einer Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG und § 93 BetrVG gebietet kein anderes Ergebnis18. Zwar knüpft das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG – wie der in § 93 BetrVG verwandte Begriff – in der Regel an die Besetzung eines „Arbeitsplatzes“ an. Auch hat der Arbeitgeber, der die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Einstellung einholt, nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ua. über den in Aussicht genommenen „Arbeitsplatz“ zu unterrichten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass – wie vom Landesarbeitsgericht angenommen – die Annahme einer Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stets und zwangsläufig zur Folge hat, dass damit auch ein freier „Arbeitsplatz“ iSv. § 93 BetrVG im Betrieb gegeben ist.

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Ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG besteht ebenfalls nicht.

Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn die Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstößt. Geht es um eine Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, muss diese als solche untersagt sein. Dazu bedarf es zwar keiner Verbotsnorm im technischen Sinne, die unmittelbar die Unwirksamkeit der Maßnahme herbeiführt. Der Zweck der betreffenden Norm, die Einstellung selbst zu verhindern, muss aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist bei Einstellungen daher dann gegeben, wenn der Zweck der Verbotsnorm nur dadurch erreicht werden kann, dass die Einstellung insgesamt unterbleibt19.

Danach scheidet ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen Verstoßes gegen § 2 GBV Stellenausschreibung schon deshalb aus, weil die Arbeitgeberin nicht verpflichtet war, die Position des Bereichsleiters TK auszuschreiben. Nach § 5 GBV Stellenausschreibung kann mit Zustimmung des örtlichen Betriebsrats auf die Ausschreibung von Arbeitsplätzen und den Aushang der Ausschreibung in den übrigen Betrieben verzichtet werden. Diese Voraussetzungen lagen vor. Der Betriebsrat der Zentrale hatte seine Zustimmung zu einem Verzicht auf die Ausschreibung der Stelle des Bereichsleiters TK erklärt. Nur darauf kam es an. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bedurfte es nicht der Zustimmung des beteiligten Betriebsrats.

Bereits die sprachliche Fassung von § 5 GBV Stellenausschreibung zeigt, dass (nur) derjenige Betriebsrat die Zustimmung zu einem Ausschreibungsverzicht erklären muss, der in dem Betrieb gebildet ist, in dem sich der auszuschreibende Arbeitsplatz befinden soll. Erforderlich ist lediglich die Zustimmung „des örtlichen Betriebsrats“ und nicht aller im Unternehmen gebildeten Betriebsräte; mit dessen Zustimmung können die Ausschreibung im Betrieb nach § 6 Nr. 1 GBV Stellenausschreibung sowie ein entsprechender Aushang der Ausschreibung „in den übrigen Betrieben“ unterbleiben.

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Für die Frage, in welchem Betrieb sich der zu besetzende Arbeitsplatz befindet, gilt im Rahmen der GBV Stellenausschreibung nichts anderes als bei § 93 BetrVG. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gesamtbetriebsrat mit der GBV Stellenausschreibung kraft Delegation nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BetrVG das „Verlangen“ der örtlichen Betriebsräte auf eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen iSv. § 93 BetrVG gegenüber der Arbeitgeberin ausgeübt hat. Anhaltspunkte, dass die Ausschreibungspflicht nach der GBV Stellenausschreibung in gegenständlicher Hinsicht über die gesetzlichen Vorgaben des § 93 BetrVG hinausgehen sollte, bestehen nicht. Vielmehr knüpft auch § 2 GBV Stellenausschreibung lediglich an den Begriff des „Arbeitsplatzes“ an und greift deshalb nur, wenn ein Arbeitsplatz iSv. § 93 BetrVG innerhalb eines Betriebs besetzt werden soll.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12. Juni 2019 – 1 ABR 5/18

  1. vgl. BAG 13.12 2016 – 1 ABR 59/14, Rn. 24 mwN[][]
  2. vgl. BAG 13.12 2016 – 1 ABR 59/14, Rn. 29[][]
  3. vgl. BAG 13.12 2016 – 1 ABR 59/14, Rn. 26 mwN[]
  4. LAG Düsseldorf 20.13.2017 – 12 TaBV 66/17[]
  5. vgl. BAG 25.01.2005 – 1 ABR 59/03, zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 113, 206[]
  6. BAG 25.01.2005 – 1 ABR 59/03, zu B II 2 d cc (1) der Gründe, aaO[]
  7. BAG 13.12.2005 – 1 ABR 51/04, Rn. 14[]
  8. BAG 13.03.2001 – 1 ABR 34/00, zu B II 2 b der Gründe[]
  9. BAG 14.04.2015 – 1 ABR 58/13, Rn. 16 mwN[]
  10. BAG 30.09.2014 – 1 ABR 32/13, Rn. 24, BAGE 149, 182[]
  11. BAG 18.07.2017 – 1 ABR 59/15, Rn.19 mwN, BAGE 159, 360[]
  12. vgl. dazu BAG 20.09.1990 – 1 ABR 37/90, Rn. 43, BAGE 66, 57[]
  13. vgl. BAG 16.12 2010 – 2 AZR 576/09, Rn. 15; 21.03.1996 – 2 AZR 559/95, BAGE 82, 316[]
  14. BAG 10.03.2009 – 1 ABR 93/07, Rn. 29 ff., BAGE 130, 1[]
  15. BAG 15.10.2013 – 1 ABR 25/12, Rn. 18 mwN[]
  16. vgl. Fitting 29. Aufl. § 93 Rn. 5[]
  17. vgl. auch BAG 17.10.2017 – 9 AZR 192/17, Rn. 31, BAGE 160, 280[]
  18. vgl. hierzu etwa BAG 15.10.2013 – 1 ABR 25/12, Rn. 21 mwN[]
  19. BAG 30.09.2014 – 1 ABR 79/12, Rn. 14 mwN[]

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